sich oft auch in höhern Cirkeln bewegt, drei andern unbedeutenden Herren, dem Sohn vom Hause, und endlich einem Londner Stutzer der zweiten Klasse, an dem man den strebenden Dandy der City studi- ren konnte.
Der Baronet hatte in Deutschland gedient, und dort das Theresienkreuz sich erworben, wie er er- zählte, denn er trug es nicht, weil er meinte, dies sey eine Jugend-Spielerei, die er nun abgelegt, da sie zu seinen ökonomischen Beschäftigungen nicht mehr passe. Es war ein schlichter und freundlicher Mann, dem man, als mit dem Continent am besten bekannt, besonders aufgetragen zu haben schien, uns die Hon- neurs des Hauses zu machen. Wir zogen jedoch vor, uns lieber bei seiner Frau und Schwägerin in den englischen Sitten zu unterrichten.
Nach diesen Sitten war der Besuch zweier Noble- men (selbst Fremder, obgleich diese 50 Prozent ge- ringer als die einheimischen stehen) für ein Haus von niederer volee wie das S..sche eine Ehre, und man fetirte uns daher ungemein, selbst der Dandy war, so weit es die Regeln seines Metiers gestatteten, artig und zuvorkommend gegen uns. Es ist eine fast allgemeine Schwäche der nichtadelichen Engländer, mit vornehmen Bekanntschaften zu prahlen, die Ade- lichen *) thun dasselbe mit den Fashionablen, oder
gewöhnlich. Ein rückkehrender Krebs ist aber übel daran.
*) Du weißt, daß in England nur die Pairsfamilien zum
ſich oft auch in höhern Cirkeln bewegt, drei andern unbedeutenden Herren, dem Sohn vom Hauſe, und endlich einem Londner Stutzer der zweiten Klaſſe, an dem man den ſtrebenden Dandy der City ſtudi- ren konnte.
Der Baronet hatte in Deutſchland gedient, und dort das Thereſienkreuz ſich erworben, wie er er- zählte, denn er trug es nicht, weil er meinte, dies ſey eine Jugend-Spielerei, die er nun abgelegt, da ſie zu ſeinen ökonomiſchen Beſchäftigungen nicht mehr paſſe. Es war ein ſchlichter und freundlicher Mann, dem man, als mit dem Continent am beſten bekannt, beſonders aufgetragen zu haben ſchien, uns die Hon- neurs des Hauſes zu machen. Wir zogen jedoch vor, uns lieber bei ſeiner Frau und Schwägerin in den engliſchen Sitten zu unterrichten.
Nach dieſen Sitten war der Beſuch zweier Noble- men (ſelbſt Fremder, obgleich dieſe 50 Prozent ge- ringer als die einheimiſchen ſtehen) für ein Haus von niederer volée wie das S..ſche eine Ehre, und man fetirte uns daher ungemein, ſelbſt der Dandy war, ſo weit es die Regeln ſeines Metiers geſtatteten, artig und zuvorkommend gegen uns. Es iſt eine faſt allgemeine Schwäche der nichtadelichen Engländer, mit vornehmen Bekanntſchaften zu prahlen, die Ade- lichen *) thun daſſelbe mit den Faſhionablen, oder
gewoͤhnlich. Ein ruͤckkehrender Krebs iſt aber uͤbel daran.
*) Du weißt, daß in England nur die Pairsfamilien zum
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ſich oft auch in höhern Cirkeln bewegt, drei andern
unbedeutenden Herren, dem Sohn vom Hauſe, und
endlich einem Londner Stutzer der zweiten Klaſſe,
an dem man den ſtrebenden Dandy der City ſtudi-
ren konnte.
Der Baronet hatte in Deutſchland gedient, und
dort das Thereſienkreuz ſich erworben, wie er er-
zählte, denn er trug es nicht, weil er meinte, dies
ſey eine Jugend-Spielerei, die er nun abgelegt, da
ſie zu ſeinen ökonomiſchen Beſchäftigungen nicht mehr
paſſe. Es war ein ſchlichter und freundlicher Mann,
dem man, als mit dem Continent am beſten bekannt,
beſonders aufgetragen zu haben ſchien, uns die Hon-
neurs des Hauſes zu machen. Wir zogen jedoch vor,
uns lieber bei ſeiner Frau und Schwägerin in den
engliſchen Sitten zu unterrichten.
Nach dieſen Sitten war der Beſuch zweier Noble-
men (ſelbſt Fremder, obgleich dieſe 50 Prozent ge-
ringer als die einheimiſchen ſtehen) für ein Haus von
niederer volée wie das S..ſche eine Ehre, und man
fetirte uns daher ungemein, ſelbſt der Dandy war,
ſo weit es die Regeln ſeines Metiers geſtatteten,
artig und zuvorkommend gegen uns. Es iſt eine
faſt allgemeine Schwäche der nichtadelichen Engländer,
mit vornehmen Bekanntſchaften zu prahlen, die Ade-
lichen *) thun daſſelbe mit den Faſhionablen, oder
*)
*) Du weißt, daß in England nur die Pairsfamilien zum
*) gewoͤhnlich. Ein ruͤckkehrender Krebs iſt aber uͤbel
daran.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/122>, abgerufen am 24.11.2024.
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