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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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mehow or other" wie mein Irländer sagte, kamen
sie drei Jahr später dennoch einmal zusammen, und
der jetzige Lord war das Resultat dieser kleinen equi-
pee.
In der Folge bekamen sie noch mehrere Kinder,
von denen ich, beiläufig gesagt, einen Sohn in Wien
kannte. Er war ein ausgezeichnet schöner Mann,
und berühmt durch seine bonnes fortunes; damals
der erklärte Liebhaber der Herzogin von . . . . die
er mit so wenig gene behandelte, daß, als er mich
einst in dem Hotel, wo beide wohnten, zum Früh-
stück eingeladen hatte, ich die Herzogin allein dort
antraf, während er selbst erst später, aus seiner, oder
ihrer, Schlafstube, ich weiß nicht welcher, im Schlaf-
rock und Pantoffeln eintrat.

Das jüngste Kind des Lord's war eins der reizend-
sten Mädchen in Irland geworden. Sie zählte erst
sechzehn Jahr, als sich ein Vetter von mütterlicher
Seite, ein verheiratheter Mann, mit Namen F ...,
ebenfalls in dem Ruf ein unwiderstehlicher Weiber-
verführer zu seyn, in sie verliebte, und auch diesen
Ruf so glänzend bei ihr bestätigte, daß er sie, die
angebetete Tochter des mächtigen Grafen, vermochte
-- nicht nur ihm ihre Unschuld zu opfern, sondern
sogar als förmliche Maitresse nach England zu beglei-
ten, wo er beinahe ein Jahr lang, erst verborgen,
mit ihr lebte, zuletzt aber die Effronterie hatte, sie
nach einem der besuchtesten Badeörter zu bringen.
Hier wurde natürlich ihr Aufenthalt entdeckt, und sie
zum zweitenmal, aber diesmal auf Befehl ihres Va-

mehow or other“ wie mein Irländer ſagte, kamen
ſie drei Jahr ſpäter dennoch einmal zuſammen, und
der jetzige Lord war das Reſultat dieſer kleinen equi-
pée.
In der Folge bekamen ſie noch mehrere Kinder,
von denen ich, beiläufig geſagt, einen Sohn in Wien
kannte. Er war ein ausgezeichnet ſchöner Mann,
und berühmt durch ſeine bonnes fortunes; damals
der erklärte Liebhaber der Herzogin von . . . . die
er mit ſo wenig gêne behandelte, daß, als er mich
einſt in dem Hotel, wo beide wohnten, zum Früh-
ſtück eingeladen hatte, ich die Herzogin allein dort
antraf, während er ſelbſt erſt ſpäter, aus ſeiner, oder
ihrer, Schlafſtube, ich weiß nicht welcher, im Schlaf-
rock und Pantoffeln eintrat.

Das jüngſte Kind des Lord’s war eins der reizend-
ſten Mädchen in Irland geworden. Sie zählte erſt
ſechzehn Jahr, als ſich ein Vetter von mütterlicher
Seite, ein verheiratheter Mann, mit Namen F …,
ebenfalls in dem Ruf ein unwiderſtehlicher Weiber-
verführer zu ſeyn, in ſie verliebte, und auch dieſen
Ruf ſo glänzend bei ihr beſtätigte, daß er ſie, die
angebetete Tochter des mächtigen Grafen, vermochte
— nicht nur ihm ihre Unſchuld zu opfern, ſondern
ſogar als förmliche Maitreſſe nach England zu beglei-
ten, wo er beinahe ein Jahr lang, erſt verborgen,
mit ihr lebte, zuletzt aber die Effronterie hatte, ſie
nach einem der beſuchteſten Badeörter zu bringen.
Hier wurde natürlich ihr Aufenthalt entdeckt, und ſie
zum zweitenmal, aber diesmal auf Befehl ihres Va-

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[70/0092] mehow or other“ wie mein Irländer ſagte, kamen ſie drei Jahr ſpäter dennoch einmal zuſammen, und der jetzige Lord war das Reſultat dieſer kleinen equi- pée. In der Folge bekamen ſie noch mehrere Kinder, von denen ich, beiläufig geſagt, einen Sohn in Wien kannte. Er war ein ausgezeichnet ſchöner Mann, und berühmt durch ſeine bonnes fortunes; damals der erklärte Liebhaber der Herzogin von . . . . die er mit ſo wenig gêne behandelte, daß, als er mich einſt in dem Hotel, wo beide wohnten, zum Früh- ſtück eingeladen hatte, ich die Herzogin allein dort antraf, während er ſelbſt erſt ſpäter, aus ſeiner, oder ihrer, Schlafſtube, ich weiß nicht welcher, im Schlaf- rock und Pantoffeln eintrat. Das jüngſte Kind des Lord’s war eins der reizend- ſten Mädchen in Irland geworden. Sie zählte erſt ſechzehn Jahr, als ſich ein Vetter von mütterlicher Seite, ein verheiratheter Mann, mit Namen F …, ebenfalls in dem Ruf ein unwiderſtehlicher Weiber- verführer zu ſeyn, in ſie verliebte, und auch dieſen Ruf ſo glänzend bei ihr beſtätigte, daß er ſie, die angebetete Tochter des mächtigen Grafen, vermochte — nicht nur ihm ihre Unſchuld zu opfern, ſondern ſogar als förmliche Maitreſſe nach England zu beglei- ten, wo er beinahe ein Jahr lang, erſt verborgen, mit ihr lebte, zuletzt aber die Effronterie hatte, ſie nach einem der beſuchteſten Badeörter zu bringen. Hier wurde natürlich ihr Aufenthalt entdeckt, und ſie zum zweitenmal, aber diesmal auf Befehl ihres Va-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/92>, abgerufen am 30.04.2024.