Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

malerische Unterbrechung, welche Schlösser im gothi-
schen oder verwandten Styl grade am meisten be-
dürfen; auch der unansehnliche Park besaß weder
eine schöne Baumgruppe, noch eine erwähnungswer-
the Aussicht.

Ich habe so viel Worte über dieses manquirte
Werk verloren, weil es, des Namens des Besitzers,
und der großen Kosten seines Baues wegen, eine ge-
wisse Reputation in Irland hat. Wie unendlich über-
legen ist ihm jedoch die, vielleicht mit dem achten
Theil dieser Mittel ausgeführte, Anlage meines gu-
ten Col. W . . . ., welche niemand kennt.

Die innere Verzierung des Schlosses glich seinem
Aeußern; in fünf Minuten hatten wir völlig genug
daran, und da man zwar von einer schönen Aussicht
auf der Höhe des Thurms sprach, aber den Schlüssel
dazu nicht finden konnte, so kehrten wir Alle verdrüß-
lich in den Gasthof zurück. Hier erzählte mir beim
Frühstück einer der Fremden allerlei Interessantes
über die hiesige Gegend und Menschen. Lord K ...,
sagte er, unter anderm, hat selbst und in seiner Fa-
milie ungewöhnliche Avantüren erlebt. Er ist jetzt
als einer der eifrigsten Orangemen mehr gefürchtet
als geliebt. Sein Vater wurde, erst zwölf Jahr alt,
mit der zehnjährigen Erbin alles des jetzt von der
Familie besessenen Vermögens vermählt, wobei Hof-
meister und Gouvernante die Instruction erhielten,
die jungen Eheleute wohl bewachen, und vor
jedem tete a tete bewahren zu lassen. Indessen "So-

maleriſche Unterbrechung, welche Schlöſſer im gothi-
ſchen oder verwandten Styl grade am meiſten be-
dürfen; auch der unanſehnliche Park beſaß weder
eine ſchöne Baumgruppe, noch eine erwähnungswer-
the Ausſicht.

Ich habe ſo viel Worte über dieſes manquirte
Werk verloren, weil es, des Namens des Beſitzers,
und der großen Koſten ſeines Baues wegen, eine ge-
wiſſe Reputation in Irland hat. Wie unendlich über-
legen iſt ihm jedoch die, vielleicht mit dem achten
Theil dieſer Mittel ausgeführte, Anlage meines gu-
ten Col. W . . . ., welche niemand kennt.

Die innere Verzierung des Schloſſes glich ſeinem
Aeußern; in fünf Minuten hatten wir völlig genug
daran, und da man zwar von einer ſchönen Ausſicht
auf der Höhe des Thurms ſprach, aber den Schlüſſel
dazu nicht finden konnte, ſo kehrten wir Alle verdrüß-
lich in den Gaſthof zurück. Hier erzählte mir beim
Frühſtück einer der Fremden allerlei Intereſſantes
über die hieſige Gegend und Menſchen. Lord K …,
ſagte er, unter anderm, hat ſelbſt und in ſeiner Fa-
milie ungewöhnliche Avantüren erlebt. Er iſt jetzt
als einer der eifrigſten Orangemen mehr gefürchtet
als geliebt. Sein Vater wurde, erſt zwölf Jahr alt,
mit der zehnjährigen Erbin alles des jetzt von der
Familie beſeſſenen Vermögens vermählt, wobei Hof-
meiſter und Gouvernante die Inſtruction erhielten,
die jungen Eheleute wohl bewachen, und vor
jedem tête à tête bewahren zu laſſen. Indeſſen „So-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="69"/>
maleri&#x017F;che Unterbrechung, welche Schlö&#x017F;&#x017F;er im gothi-<lb/>
&#x017F;chen oder verwandten Styl grade am mei&#x017F;ten be-<lb/>
dürfen; auch der unan&#x017F;ehnliche Park be&#x017F;aß weder<lb/>
eine &#x017F;chöne Baumgruppe, noch eine erwähnungswer-<lb/>
the Aus&#x017F;icht.</p><lb/>
          <p>Ich habe &#x017F;o viel Worte über die&#x017F;es manquirte<lb/>
Werk verloren, weil es, des Namens des Be&#x017F;itzers,<lb/>
und der großen Ko&#x017F;ten &#x017F;eines Baues wegen, eine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Reputation in Irland hat. Wie unendlich über-<lb/>
legen i&#x017F;t ihm jedoch die, vielleicht mit dem achten<lb/>
Theil die&#x017F;er Mittel ausgeführte, Anlage meines gu-<lb/>
ten Col. W . . . ., welche niemand kennt.</p><lb/>
          <p>Die innere Verzierung des Schlo&#x017F;&#x017F;es glich &#x017F;einem<lb/>
Aeußern; in fünf Minuten hatten wir völlig genug<lb/>
daran, und da man zwar von einer &#x017F;chönen Aus&#x017F;icht<lb/>
auf der Höhe des Thurms &#x017F;prach, aber den Schlü&#x017F;&#x017F;el<lb/>
dazu nicht finden konnte, &#x017F;o kehrten wir Alle verdrüß-<lb/>
lich in den Ga&#x017F;thof zurück. Hier erzählte mir beim<lb/>
Früh&#x017F;tück einer der Fremden allerlei Intere&#x017F;&#x017F;antes<lb/>
über die hie&#x017F;ige Gegend und Men&#x017F;chen. Lord K &#x2026;,<lb/>
&#x017F;agte er, unter anderm, hat &#x017F;elb&#x017F;t und in &#x017F;einer Fa-<lb/>
milie ungewöhnliche Avantüren erlebt. Er i&#x017F;t jetzt<lb/>
als einer der eifrig&#x017F;ten Orangemen mehr gefürchtet<lb/>
als geliebt. Sein Vater wurde, er&#x017F;t zwölf Jahr alt,<lb/>
mit der zehnjährigen Erbin alles des jetzt von der<lb/>
Familie be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen Vermögens vermählt, wobei Hof-<lb/>
mei&#x017F;ter und Gouvernante die In&#x017F;truction erhielten,<lb/><hi rendition="#g">die jungen Eheleute</hi> wohl bewachen, und vor<lb/>
jedem <hi rendition="#aq">tête à tête</hi> bewahren zu la&#x017F;&#x017F;en. Inde&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">&#x201E;So-<lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0091] maleriſche Unterbrechung, welche Schlöſſer im gothi- ſchen oder verwandten Styl grade am meiſten be- dürfen; auch der unanſehnliche Park beſaß weder eine ſchöne Baumgruppe, noch eine erwähnungswer- the Ausſicht. Ich habe ſo viel Worte über dieſes manquirte Werk verloren, weil es, des Namens des Beſitzers, und der großen Koſten ſeines Baues wegen, eine ge- wiſſe Reputation in Irland hat. Wie unendlich über- legen iſt ihm jedoch die, vielleicht mit dem achten Theil dieſer Mittel ausgeführte, Anlage meines gu- ten Col. W . . . ., welche niemand kennt. Die innere Verzierung des Schloſſes glich ſeinem Aeußern; in fünf Minuten hatten wir völlig genug daran, und da man zwar von einer ſchönen Ausſicht auf der Höhe des Thurms ſprach, aber den Schlüſſel dazu nicht finden konnte, ſo kehrten wir Alle verdrüß- lich in den Gaſthof zurück. Hier erzählte mir beim Frühſtück einer der Fremden allerlei Intereſſantes über die hieſige Gegend und Menſchen. Lord K …, ſagte er, unter anderm, hat ſelbſt und in ſeiner Fa- milie ungewöhnliche Avantüren erlebt. Er iſt jetzt als einer der eifrigſten Orangemen mehr gefürchtet als geliebt. Sein Vater wurde, erſt zwölf Jahr alt, mit der zehnjährigen Erbin alles des jetzt von der Familie beſeſſenen Vermögens vermählt, wobei Hof- meiſter und Gouvernante die Inſtruction erhielten, die jungen Eheleute wohl bewachen, und vor jedem tête à tête bewahren zu laſſen. Indeſſen „So-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/91
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/91>, abgerufen am 23.11.2024.