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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Ein Dutzend Pastillen habe ich bereits verbrannt,
kann aber immer noch keine gründliche Reaktion er-
regen.



Schon früh saß ich heute im Cabriolet, um eine
weitere tournee als gewöhnlich, und alten Bekann-
ten einen Besuch zu machen. Ich dirigirte den Kut-
scher zuerst nach Notredame und bedauerte unter-
wegs, als ich auf dem pont neuf ankam, daß man
der Statüe Heinrich des IV. diese Stelle angewiesen
hat, wo sie so unzweckmäßig auf die kahle Basis
des Obelisken gesetzt ist, welchen Napoleon früher
projektirt hatte, und für den der Platz gewiß mit
großer Sagacität ausgesucht war, während jetzt,
dicht unter den weiten und hohen Häusermassen,
welche den Hintergrund der kleinen Statüe umgeben
und sich in einem kolossalen Dreieck gegen sie schlie-
ßen, das bäumende Pferd von weitem nur den Effekt
eines hüpfenden Insekts macht. Indem ich noch bei
mir diese Betrachtungen verfolgte, und was aus
Paris geworden wäre, wenn Napoleon fortregiert,
rief der Cabriolet-Führer plötzlich: Voila la morne.
Ich ließ halten, (car j'aime les emotions lugaubres)
und betrat das bisher noch nie gesehene Leichenhaus,
wo, wie Du weißt, alle unbekannte, Todtgefundene
ausgestellt werden. Hinter einem hölzernen Gitter

Ein Dutzend Paſtillen habe ich bereits verbrannt,
kann aber immer noch keine gründliche Reaktion er-
regen.



Schon früh ſaß ich heute im Cabriolet, um eine
weitere tournée als gewöhnlich, und alten Bekann-
ten einen Beſuch zu machen. Ich dirigirte den Kut-
ſcher zuerſt nach Notredame und bedauerte unter-
wegs, als ich auf dem pont neuf ankam, daß man
der Statüe Heinrich des IV. dieſe Stelle angewieſen
hat, wo ſie ſo unzweckmäßig auf die kahle Baſis
des Obelisken geſetzt iſt, welchen Napoleon früher
projektirt hatte, und für den der Platz gewiß mit
großer Sagacität ausgeſucht war, während jetzt,
dicht unter den weiten und hohen Häuſermaſſen,
welche den Hintergrund der kleinen Statüe umgeben
und ſich in einem koloſſalen Dreieck gegen ſie ſchlie-
ßen, das bäumende Pferd von weitem nur den Effekt
eines hüpfenden Inſekts macht. Indem ich noch bei
mir dieſe Betrachtungen verfolgte, und was aus
Paris geworden wäre, wenn Napoleon fortregiert,
rief der Cabriolet-Führer plötzlich: Voilà la morne.
Ich ließ halten, (car j’aime les emotions lugûbres)
und betrat das bisher noch nie geſehene Leichenhaus,
wo, wie Du weißt, alle unbekannte, Todtgefundene
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[387/0409] Ein Dutzend Paſtillen habe ich bereits verbrannt, kann aber immer noch keine gründliche Reaktion er- regen. Den 24ſten. Schon früh ſaß ich heute im Cabriolet, um eine weitere tournée als gewöhnlich, und alten Bekann- ten einen Beſuch zu machen. Ich dirigirte den Kut- ſcher zuerſt nach Notredame und bedauerte unter- wegs, als ich auf dem pont neuf ankam, daß man der Statüe Heinrich des IV. dieſe Stelle angewieſen hat, wo ſie ſo unzweckmäßig auf die kahle Baſis des Obelisken geſetzt iſt, welchen Napoleon früher projektirt hatte, und für den der Platz gewiß mit großer Sagacität ausgeſucht war, während jetzt, dicht unter den weiten und hohen Häuſermaſſen, welche den Hintergrund der kleinen Statüe umgeben und ſich in einem koloſſalen Dreieck gegen ſie ſchlie- ßen, das bäumende Pferd von weitem nur den Effekt eines hüpfenden Inſekts macht. Indem ich noch bei mir dieſe Betrachtungen verfolgte, und was aus Paris geworden wäre, wenn Napoleon fortregiert, rief der Cabriolet-Führer plötzlich: Voilà la morne. Ich ließ halten, (car j’aime les emotions lugûbres) und betrat das bisher noch nie geſehene Leichenhaus, wo, wie Du weißt, alle unbekannte, Todtgefundene ausgeſtellt werden. Hinter einem hölzernen Gitter

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/409>, abgerufen am 22.11.2024.