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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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In den Gasthof zurückgekehrt, ließ ich nun schnell
eine Postchaise anspannen, setzte mich auf den Bock,
(nicht als den höchsten Ehrenplatz, wie der Kaiser
von China, sondern als höchster Aufsichtsplatz--) und
begann meine Excursionen in der Umgegend. Zuerst
besah ich die warmen Bäder der Stadt, wo an den
Ufern des Severn ein felsiges Thal beginnt, das viel
Aehnliches mit dem Plauischen Grunde bei Dresden
hat, nur daß die Felsen höher, und die Wassermasse
weit reicher ist. Wir begegneten hier dem Maire,
in seiner Staatsequipage, prachtvoller als die unsrer
Könige auf dem Continent. Sie stach sonderbar mit
der einsamen Felsengegend ab. Als sie eben vorbei-
kam, zeigte mir der Postillon einen entfernten ver-
fallenen Thurm, Cook's folly genannt, auch eines
Maire und reichen Kaufmanns Besitzung, der sich
damit ruinirte, und in einer Ruine nun fort-
lebt. Das gothische Schloß, das er in einer der herr-
lichsten Lagen aufbauen wollte, konnte er nicht voll-
enden. Es blieb aber in diesem Stande wahrschein-
lich nur eine desto größere Zierde der Gegend. Aus
dem Felsengrund wieder emporsteigend, gelangten wir
auf eine weite Bergebne, die zu den hiesigen Wett-
rennen dient, und von hier, durch strotzendes Land,
zu Lord Clifford's Park, dessen entree sehr schön ist.
Man fährt nämlich, über eine halbe Stunde Wegs,
an einer hohen Berglehne in einer gewundnen Allee
uralter Eichen hin, die weit genug von einander ge-
pflanzt sind, um sich vollkommen nach allen Seiten
ausbreiten zu können, ehe sie sich erreichen. Unter

In den Gaſthof zurückgekehrt, ließ ich nun ſchnell
eine Poſtchaiſe anſpannen, ſetzte mich auf den Bock,
(nicht als den höchſten Ehrenplatz, wie der Kaiſer
von China, ſondern als höchſter Aufſichtsplatz—) und
begann meine Excurſionen in der Umgegend. Zuerſt
beſah ich die warmen Bäder der Stadt, wo an den
Ufern des Severn ein felſiges Thal beginnt, das viel
Aehnliches mit dem Plauiſchen Grunde bei Dresden
hat, nur daß die Felſen höher, und die Waſſermaſſe
weit reicher iſt. Wir begegneten hier dem Maire,
in ſeiner Staatsequipage, prachtvoller als die unſrer
Könige auf dem Continent. Sie ſtach ſonderbar mit
der einſamen Felſengegend ab. Als ſie eben vorbei-
kam, zeigte mir der Poſtillon einen entfernten ver-
fallenen Thurm, Cook’s folly genannt, auch eines
Maire und reichen Kaufmanns Beſitzung, der ſich
damit ruinirte, und in einer Ruine nun fort-
lebt. Das gothiſche Schloß, das er in einer der herr-
lichſten Lagen aufbauen wollte, konnte er nicht voll-
enden. Es blieb aber in dieſem Stande wahrſchein-
lich nur eine deſto größere Zierde der Gegend. Aus
dem Felſengrund wieder emporſteigend, gelangten wir
auf eine weite Bergebne, die zu den hieſigen Wett-
rennen dient, und von hier, durch ſtrotzendes Land,
zu Lord Clifford’s Park, deſſen entrée ſehr ſchön iſt.
Man fährt nämlich, über eine halbe Stunde Wegs,
an einer hohen Berglehne in einer gewundnen Allee
uralter Eichen hin, die weit genug von einander ge-
pflanzt ſind, um ſich vollkommen nach allen Seiten
ausbreiten zu können, ehe ſie ſich erreichen. Unter

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[268/0290] In den Gaſthof zurückgekehrt, ließ ich nun ſchnell eine Poſtchaiſe anſpannen, ſetzte mich auf den Bock, (nicht als den höchſten Ehrenplatz, wie der Kaiſer von China, ſondern als höchſter Aufſichtsplatz—) und begann meine Excurſionen in der Umgegend. Zuerſt beſah ich die warmen Bäder der Stadt, wo an den Ufern des Severn ein felſiges Thal beginnt, das viel Aehnliches mit dem Plauiſchen Grunde bei Dresden hat, nur daß die Felſen höher, und die Waſſermaſſe weit reicher iſt. Wir begegneten hier dem Maire, in ſeiner Staatsequipage, prachtvoller als die unſrer Könige auf dem Continent. Sie ſtach ſonderbar mit der einſamen Felſengegend ab. Als ſie eben vorbei- kam, zeigte mir der Poſtillon einen entfernten ver- fallenen Thurm, Cook’s folly genannt, auch eines Maire und reichen Kaufmanns Beſitzung, der ſich damit ruinirte, und in einer Ruine nun fort- lebt. Das gothiſche Schloß, das er in einer der herr- lichſten Lagen aufbauen wollte, konnte er nicht voll- enden. Es blieb aber in dieſem Stande wahrſchein- lich nur eine deſto größere Zierde der Gegend. Aus dem Felſengrund wieder emporſteigend, gelangten wir auf eine weite Bergebne, die zu den hieſigen Wett- rennen dient, und von hier, durch ſtrotzendes Land, zu Lord Clifford’s Park, deſſen entrée ſehr ſchön iſt. Man fährt nämlich, über eine halbe Stunde Wegs, an einer hohen Berglehne in einer gewundnen Allee uralter Eichen hin, die weit genug von einander ge- pflanzt ſind, um ſich vollkommen nach allen Seiten ausbreiten zu können, ehe ſie ſich erreichen. Unter

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/290>, abgerufen am 22.11.2024.