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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Sein Ansehen ist befehlend und grazieus (comman-
ding and graceful
). Er trug einen Schnurbart, und
obgleich von sehr blasser Farbe, ist doch sein Gesicht
außerordentlich gefällig und ausdrucksvoll (excee-
dingly pleasing and expressif
). Er nahm seinen Platz
am obern Ende der Tafel, und sich gegen die Ge-
sellschaft verneigend, sprach er deutlich, und mit al-
lem gehörigen Pathos (with proper emphasis) aber
etwas fremdem Accent, folgende Worte: Gentlemen!
Obgleich krank und sehr ermüdet, fühle ich mich doch
zu sehr durch Ihre gütige Einladung geschmeichelt,
um sie nicht mit Dank anzunehmen, und Ihnen per-
sönlich auszudrücken, welchen lebhaften Antheil ich
an Ihrem Bestreben für das Wohl Ihres Vater-
landes nehme. Möge Gott diesen schönen und reich-
begabten Theil der Erde segnen, der jedem gefühl-
vollen Fremden so vielfachen Genuß darbietet, in dem
ich aber besonders, mit tiefer Dankbarkeit, die Güte
und Gastfreundschaft anerkennen muß, die mir
überall zu Theil ward. Möge der Himmel, sage ich,
dieses schwergeprüfte Land segnen, wie jeden ächten
Irländer, er sey Katholik oder Protestant, der,
fern von Partheigeist, nur das Wohlsein seines Va-
terlandes wünscht -- ein Wohlsein, das nur erreich-
bar seyn kann, durch Friede, Duldung und bürger-
liche wie religiöse Freiheit (civil and religious li-
berty,
das große Stichwort der Association). Gent-
lemen! füllen Sie Ihre Gläser, und erlauben Sie
mir Ihnen einen Toast zu geben. Es lebe der Kö-
nig, und Erin go Bragh! (dies ist das altirische

Sein Anſehen iſt befehlend und grazieus (comman-
ding and graceful
). Er trug einen Schnurbart, und
obgleich von ſehr blaſſer Farbe, iſt doch ſein Geſicht
außerordentlich gefällig und ausdrucksvoll (excee-
dingly pleasing and expressif
). Er nahm ſeinen Platz
am obern Ende der Tafel, und ſich gegen die Ge-
ſellſchaft verneigend, ſprach er deutlich, und mit al-
lem gehörigen Pathos (with proper emphasis) aber
etwas fremdem Accent, folgende Worte: Gentlemen!
Obgleich krank und ſehr ermüdet, fühle ich mich doch
zu ſehr durch Ihre gütige Einladung geſchmeichelt,
um ſie nicht mit Dank anzunehmen, und Ihnen per-
ſönlich auszudrücken, welchen lebhaften Antheil ich
an Ihrem Beſtreben für das Wohl Ihres Vater-
landes nehme. Möge Gott dieſen ſchönen und reich-
begabten Theil der Erde ſegnen, der jedem gefühl-
vollen Fremden ſo vielfachen Genuß darbietet, in dem
ich aber beſonders, mit tiefer Dankbarkeit, die Güte
und Gaſtfreundſchaft anerkennen muß, die mir
überall zu Theil ward. Möge der Himmel, ſage ich,
dieſes ſchwergeprüfte Land ſegnen, wie jeden ächten
Irländer, er ſey Katholik oder Proteſtant, der,
fern von Partheigeiſt, nur das Wohlſein ſeines Va-
terlandes wünſcht — ein Wohlſein, das nur erreich-
bar ſeyn kann, durch Friede, Duldung und bürger-
liche wie religiöſe Freiheit (civil and religious li-
berty,
das große Stichwort der Aſſociation). Gent-
lemen! füllen Sie Ihre Gläſer, und erlauben Sie
mir Ihnen einen Toaſt zu geben. Es lebe der Kö-
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[91/0113] Sein Anſehen iſt befehlend und grazieus (comman- ding and graceful). Er trug einen Schnurbart, und obgleich von ſehr blaſſer Farbe, iſt doch ſein Geſicht außerordentlich gefällig und ausdrucksvoll (excee- dingly pleasing and expressif). Er nahm ſeinen Platz am obern Ende der Tafel, und ſich gegen die Ge- ſellſchaft verneigend, ſprach er deutlich, und mit al- lem gehörigen Pathos (with proper emphasis) aber etwas fremdem Accent, folgende Worte: Gentlemen! Obgleich krank und ſehr ermüdet, fühle ich mich doch zu ſehr durch Ihre gütige Einladung geſchmeichelt, um ſie nicht mit Dank anzunehmen, und Ihnen per- ſönlich auszudrücken, welchen lebhaften Antheil ich an Ihrem Beſtreben für das Wohl Ihres Vater- landes nehme. Möge Gott dieſen ſchönen und reich- begabten Theil der Erde ſegnen, der jedem gefühl- vollen Fremden ſo vielfachen Genuß darbietet, in dem ich aber beſonders, mit tiefer Dankbarkeit, die Güte und Gaſtfreundſchaft anerkennen muß, die mir überall zu Theil ward. Möge der Himmel, ſage ich, dieſes ſchwergeprüfte Land ſegnen, wie jeden ächten Irländer, er ſey Katholik oder Proteſtant, der, fern von Partheigeiſt, nur das Wohlſein ſeines Va- terlandes wünſcht — ein Wohlſein, das nur erreich- bar ſeyn kann, durch Friede, Duldung und bürger- liche wie religiöſe Freiheit (civil and religious li- berty, das große Stichwort der Aſſociation). Gent- lemen! füllen Sie Ihre Gläſer, und erlauben Sie mir Ihnen einen Toaſt zu geben. Es lebe der Kö- nig, und Erin go Bragh! (dies iſt das altiriſche

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/113>, abgerufen am 28.04.2024.