Summe im Spiel verloren, darauf Händel bekom- men, und seinen Gegner im Duell erschossen habe, weshalb er genöthigt gewesen sey, den Ort schnell zu verlassen, um sich auf seine Pfründe zurückzuziehen. Selbst die höheren Geistlichen, die wenigstens zum Theil auf ihren Bischofs- und Erzbischofs-Sitzen ge- genwärtig seyn müssen, lassen nichts von dem Sün- dengelde (denn man muß es unter solchen Umständen wohl so nennen) wieder unter die armen Leute kom- men, da sie größtentheils nach Kräften sparen, um ihre Familien zu bereichern. Zu diesem Ende ist so- gar eine Art Betrug in der englischen Kirche gesetz- lich geworden (eben so wie der Verkauf der Stellen durch die, im Besitz des Verleihungs-Rechts, sich be- findenden Adelichen, der öfters ganz öffentlich statt findet, denn umsonst vergeben werden die Pfründen nur im Politischen- oder Familien-Interesse). Es ist nämlich gestattet, daß diejenigen, welche Kirchen- güter benutzen, im Voraus, und ehe der Termin zur neuen Verpachtung derselben eintritt, sich ein für allemal mit einem Pauschquantum von den Inha- bern bis dahin abfinden lassen dürfen, was natür- lich, wenn der Geistliche bald darauf stirbt, seinen Nachfolger um das ihm Gebührende bringt. Kann man sich wundern, daß solche Institutionen schon mehrmals das unglückliche Volk zur Verzweiflung und Empörung brachten! jedesmal indessen sind ihre Ketten nur schärfer angezogen, und blutiger ins Fleisch schneidend geworden. Wo man ein schönes Gut, und fruchtbares Land sieht, und sich nach dem
Summe im Spiel verloren, darauf Händel bekom- men, und ſeinen Gegner im Duell erſchoſſen habe, weshalb er genöthigt geweſen ſey, den Ort ſchnell zu verlaſſen, um ſich auf ſeine Pfründe zurückzuziehen. Selbſt die höheren Geiſtlichen, die wenigſtens zum Theil auf ihren Biſchofs- und Erzbiſchofs-Sitzen ge- genwärtig ſeyn müſſen, laſſen nichts von dem Sün- dengelde (denn man muß es unter ſolchen Umſtänden wohl ſo nennen) wieder unter die armen Leute kom- men, da ſie größtentheils nach Kräften ſparen, um ihre Familien zu bereichern. Zu dieſem Ende iſt ſo- gar eine Art Betrug in der engliſchen Kirche geſetz- lich geworden (eben ſo wie der Verkauf der Stellen durch die, im Beſitz des Verleihungs-Rechts, ſich be- findenden Adelichen, der öfters ganz öffentlich ſtatt findet, denn umſonſt vergeben werden die Pfründen nur im Politiſchen- oder Familien-Intereſſe). Es iſt nämlich geſtattet, daß diejenigen, welche Kirchen- güter benutzen, im Voraus, und ehe der Termin zur neuen Verpachtung derſelben eintritt, ſich ein für allemal mit einem Pauſchquantum von den Inha- bern bis dahin abfinden laſſen dürfen, was natür- lich, wenn der Geiſtliche bald darauf ſtirbt, ſeinen Nachfolger um das ihm Gebührende bringt. Kann man ſich wundern, daß ſolche Inſtitutionen ſchon mehrmals das unglückliche Volk zur Verzweiflung und Empörung brachten! jedesmal indeſſen ſind ihre Ketten nur ſchärfer angezogen, und blutiger ins Fleiſch ſchneidend geworden. Wo man ein ſchönes Gut, und fruchtbares Land ſieht, und ſich nach dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0110"n="88"/>
Summe im Spiel verloren, darauf Händel bekom-<lb/>
men, und ſeinen Gegner im Duell erſchoſſen habe,<lb/>
weshalb er genöthigt geweſen ſey, den Ort ſchnell zu<lb/>
verlaſſen, um ſich auf ſeine Pfründe zurückzuziehen.<lb/>
Selbſt die <choice><sic>hȯheren</sic><corr>höheren</corr></choice> Geiſtlichen, die wenigſtens zum<lb/>
Theil auf ihren Biſchofs- und Erzbiſchofs-Sitzen ge-<lb/>
genwärtig ſeyn müſſen, laſſen nichts von dem Sün-<lb/>
dengelde (denn man muß es unter ſolchen Umſtänden<lb/>
wohl ſo nennen) wieder unter die armen Leute kom-<lb/>
men, da ſie größtentheils nach <choice><sic>Krȧften</sic><corr>Kräften</corr></choice>ſparen, um<lb/>
ihre Familien zu bereichern. Zu dieſem Ende iſt ſo-<lb/>
gar eine Art Betrug in der engliſchen Kirche geſetz-<lb/>
lich geworden (eben ſo wie der Verkauf der Stellen<lb/>
durch die, im Beſitz des Verleihungs-Rechts, ſich be-<lb/>
findenden Adelichen, der öfters ganz öffentlich ſtatt<lb/>
findet, denn umſonſt vergeben werden die Pfründen<lb/>
nur im Politiſchen- oder Familien-Intereſſe). Es<lb/>
iſt nämlich geſtattet, daß diejenigen, welche Kirchen-<lb/>
güter benutzen, im Voraus, und ehe der Termin zur<lb/>
neuen Verpachtung derſelben eintritt, ſich ein für<lb/>
allemal mit einem Pauſchquantum von den Inha-<lb/>
bern bis dahin abfinden laſſen dürfen, was natür-<lb/>
lich, wenn der Geiſtliche bald darauf ſtirbt, ſeinen<lb/>
Nachfolger um das <hirendition="#g">ihm</hi> Gebührende bringt. Kann<lb/>
man ſich wundern, daß ſolche Inſtitutionen ſchon<lb/>
mehrmals das unglückliche Volk zur Verzweiflung<lb/>
und Empörung brachten! jedesmal indeſſen ſind ihre<lb/>
Ketten nur ſchärfer angezogen, und blutiger ins<lb/>
Fleiſch ſchneidend geworden. Wo man ein ſchönes<lb/>
Gut, und fruchtbares Land ſieht, und ſich nach dem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[88/0110]
Summe im Spiel verloren, darauf Händel bekom-
men, und ſeinen Gegner im Duell erſchoſſen habe,
weshalb er genöthigt geweſen ſey, den Ort ſchnell zu
verlaſſen, um ſich auf ſeine Pfründe zurückzuziehen.
Selbſt die höheren Geiſtlichen, die wenigſtens zum
Theil auf ihren Biſchofs- und Erzbiſchofs-Sitzen ge-
genwärtig ſeyn müſſen, laſſen nichts von dem Sün-
dengelde (denn man muß es unter ſolchen Umſtänden
wohl ſo nennen) wieder unter die armen Leute kom-
men, da ſie größtentheils nach Kräften ſparen, um
ihre Familien zu bereichern. Zu dieſem Ende iſt ſo-
gar eine Art Betrug in der engliſchen Kirche geſetz-
lich geworden (eben ſo wie der Verkauf der Stellen
durch die, im Beſitz des Verleihungs-Rechts, ſich be-
findenden Adelichen, der öfters ganz öffentlich ſtatt
findet, denn umſonſt vergeben werden die Pfründen
nur im Politiſchen- oder Familien-Intereſſe). Es
iſt nämlich geſtattet, daß diejenigen, welche Kirchen-
güter benutzen, im Voraus, und ehe der Termin zur
neuen Verpachtung derſelben eintritt, ſich ein für
allemal mit einem Pauſchquantum von den Inha-
bern bis dahin abfinden laſſen dürfen, was natür-
lich, wenn der Geiſtliche bald darauf ſtirbt, ſeinen
Nachfolger um das ihm Gebührende bringt. Kann
man ſich wundern, daß ſolche Inſtitutionen ſchon
mehrmals das unglückliche Volk zur Verzweiflung
und Empörung brachten! jedesmal indeſſen ſind ihre
Ketten nur ſchärfer angezogen, und blutiger ins
Fleiſch ſchneidend geworden. Wo man ein ſchönes
Gut, und fruchtbares Land ſieht, und ſich nach dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/110>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.