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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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schauerlichen Felsschlucht, bei eintretender Nacht auch
geschehen können; -- und so, mich fest gegen den
Sturm stemmend, den Regenschirm, den ich bisher
nur als Stock gebraucht, wie einen Mantel über
den Kopf ziehend, und starr in den tiefen Bergkessel
herabschauend rief ich, von Gespensterschauern ergrif-
fen, der Vorschrift gemäß, mit fremder laut schrillen-
der Stimme meinen vollen Namen:*)

. . . . . . . . . . . . . . .

Dann wie verwundert: Wer ruft mich?

-- Dumpfes halbersticktes Gelächter. --

Lauter meinen Namen von Neuem:
. . . . . . . . . . . . . . .

Erschüttert: Wer ruft mich?

-- Wildes Lachen. --

Mit donnernder Stimme meinen Namen zum dritten-
mal:
. . . . . . . . . . . . . . .

Voll Grausen: Wer ruft mich?

-- Augenblickliche Stille -- dann ein leises,
doch helles und triumphirendes Lachen, wel-
ches das Echo spottend wiederholt.

Soweit hatte ich die Comödie allein gespielt --
aber jedesmal wenn ich selbst: Wer ruft mich? rief

*) Jeder braucht hier nur seinen eigenen Namen, wenn
er den Versuch zu machen wünscht, einzuschalten.
A. d. H.

ſchauerlichen Felsſchlucht, bei eintretender Nacht auch
geſchehen können; — und ſo, mich feſt gegen den
Sturm ſtemmend, den Regenſchirm, den ich bisher
nur als Stock gebraucht, wie einen Mantel über
den Kopf ziehend, und ſtarr in den tiefen Bergkeſſel
herabſchauend rief ich, von Geſpenſterſchauern ergrif-
fen, der Vorſchrift gemäß, mit fremder laut ſchrillen-
der Stimme meinen vollen Namen:*)

. . . . . . . . . . . . . . .

Dann wie verwundert: Wer ruft mich?

— Dumpfes halberſticktes Gelächter. —

Lauter meinen Namen von Neuem:
. . . . . . . . . . . . . . .

Erſchüttert: Wer ruft mich?

— Wildes Lachen. —

Mit donnernder Stimme meinen Namen zum dritten-
mal:
. . . . . . . . . . . . . . .

Voll Grauſen: Wer ruft mich?

— Augenblickliche Stille — dann ein leiſes,
doch helles und triumphirendes Lachen, wel-
ches das Echo ſpottend wiederholt.

Soweit hatte ich die Comödie allein geſpielt —
aber jedesmal wenn ich ſelbſt: Wer ruft mich? rief

*) Jeder braucht hier nur ſeinen eigenen Namen, wenn
er den Verſuch zu machen wünſcht, einzuſchalten.
A. d. H.
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[322/0346] ſchauerlichen Felsſchlucht, bei eintretender Nacht auch geſchehen können; — und ſo, mich feſt gegen den Sturm ſtemmend, den Regenſchirm, den ich bisher nur als Stock gebraucht, wie einen Mantel über den Kopf ziehend, und ſtarr in den tiefen Bergkeſſel herabſchauend rief ich, von Geſpenſterſchauern ergrif- fen, der Vorſchrift gemäß, mit fremder laut ſchrillen- der Stimme meinen vollen Namen: *) . . . . . . . . . . . . . . . Dann wie verwundert: Wer ruft mich? — Dumpfes halberſticktes Gelächter. — Lauter meinen Namen von Neuem: . . . . . . . . . . . . . . . Erſchüttert: Wer ruft mich? — Wildes Lachen. — Mit donnernder Stimme meinen Namen zum dritten- mal: . . . . . . . . . . . . . . . Voll Grauſen: Wer ruft mich? — Augenblickliche Stille — dann ein leiſes, doch helles und triumphirendes Lachen, wel- ches das Echo ſpottend wiederholt. Soweit hatte ich die Comödie allein geſpielt — aber jedesmal wenn ich ſelbſt: Wer ruft mich? rief *) Jeder braucht hier nur ſeinen eigenen Namen, wenn er den Verſuch zu machen wünſcht, einzuſchalten. A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/346>, abgerufen am 04.05.2024.