-- schien es, als wenn von außen her, schwache Blitze den Kessel unter mir durchzuckten, was ich mir nur durch die Windstöße erklären konnte, die der seidnen Decke des Regenschirms, welche ich des Sturms we- gen nahe am Gesicht festhalten mußte, eine zitternde Bewegung gaben, und so eine blitzähnliche Wirkung auf das Auge hervorbrachten. Als aber das letzte Lachen kaum verschollen war -- schlug sich plötzlich das Dach des Regenschirmes um, was mich selbst bei- nahe umwarf, und ganz der Empfindung glich, als ergriffe mich von hinten eine übermächtige Riesen- faust -- es war freilich, ohne Zweifel, nur ein jäh- linger Windstoß -- ich drehte mich indeß nach dem ersten Schreck doch langsam um . . . . und sah . . . . nichts, in der That! -- Aber wie? regt sich dort nicht etwas um die Ecke? -- beim Himmel, das ist . . . . mein Erstaunen war wahrlich nicht gering, als ich jetzt in der Entfernung von zwanzig Schritten, so weit als ich nothdürftig in Dunkelheit und Regen noch unterscheiden konnte, eine vom Kopf bis zum Fuß schwarz verhüllte Gestalt, mit einer Schar- lachmütze auf dem Kopfe, nachläßig, und -- ich täuschte mich nicht -- hinkend, auf mich zukommen sah . . . . .
Nun liebe Julie, est ce le diable ou moi, qui ecrira la reste? -- oder glaubst Du wohl gar, ich amüsire mich, Dir ein Mährchen zu erzählen? point du tout -- Dichtung und Wahrheit ist meine Devise.
— ſchien es, als wenn von außen her, ſchwache Blitze den Keſſel unter mir durchzuckten, was ich mir nur durch die Windſtöße erklären konnte, die der ſeidnen Decke des Regenſchirms, welche ich des Sturms we- gen nahe am Geſicht feſthalten mußte, eine zitternde Bewegung gaben, und ſo eine blitzähnliche Wirkung auf das Auge hervorbrachten. Als aber das letzte Lachen kaum verſchollen war — ſchlug ſich plötzlich das Dach des Regenſchirmes um, was mich ſelbſt bei- nahe umwarf, und ganz der Empfindung glich, als ergriffe mich von hinten eine übermächtige Rieſen- fauſt — es war freilich, ohne Zweifel, nur ein jäh- linger Windſtoß — ich drehte mich indeß nach dem erſten Schreck doch langſam um . . . . und ſah . . . . nichts, in der That! — Aber wie? regt ſich dort nicht etwas um die Ecke? — beim Himmel, das iſt . . . . mein Erſtaunen war wahrlich nicht gering, als ich jetzt in der Entfernung von zwanzig Schritten, ſo weit als ich nothdürftig in Dunkelheit und Regen noch unterſcheiden konnte, eine vom Kopf bis zum Fuß ſchwarz verhüllte Geſtalt, mit einer Schar- lachmütze auf dem Kopfe, nachläßig, und — ich täuſchte mich nicht — hinkend, auf mich zukommen ſah . . . . .
Nun liebe Julie, est ce le diable ou moi, qui ecrira la reste? — oder glaubſt Du wohl gar, ich amüſire mich, Dir ein Mährchen zu erzählen? point du tout — Dichtung und Wahrheit iſt meine Deviſe.
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— ſchien es, als wenn von außen her, ſchwache Blitze
den Keſſel unter mir durchzuckten, was ich mir nur
durch die Windſtöße erklären konnte, die der ſeidnen
Decke des Regenſchirms, welche ich des Sturms we-
gen nahe am Geſicht feſthalten mußte, eine zitternde
Bewegung gaben, und ſo eine blitzähnliche Wirkung
auf das Auge hervorbrachten. Als aber das letzte
Lachen kaum verſchollen war — ſchlug ſich plötzlich
das Dach des Regenſchirmes um, was mich ſelbſt bei-
nahe umwarf, und ganz der Empfindung glich, als
ergriffe mich von hinten eine übermächtige Rieſen-
fauſt — es war freilich, ohne Zweifel, nur ein jäh-
linger Windſtoß — ich drehte mich indeß nach dem
erſten Schreck doch langſam um . . . . und ſah . . . .
nichts, in der That! — Aber wie? regt ſich dort
nicht etwas um die Ecke? — beim Himmel, das iſt
. . . . mein Erſtaunen war wahrlich nicht gering, als
ich jetzt in der Entfernung von zwanzig Schritten, ſo
weit als ich nothdürftig in Dunkelheit und Regen
noch unterſcheiden konnte, eine vom Kopf bis zum
Fuß ſchwarz verhüllte Geſtalt, mit einer Schar-
lachmütze auf dem Kopfe, nachläßig, und — ich
täuſchte mich nicht — hinkend, auf mich zukommen
ſah . . . . .
Nun liebe Julie, est ce le diable ou moi, qui
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amüſire mich, Dir ein Mährchen zu erzählen? point
du tout — Dichtung und Wahrheit iſt meine Deviſe.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/347>, abgerufen am 23.11.2024.
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