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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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schönsten Kleidern, nicht anders als an dem
freudigsten Tage. Das jüngste Kind ist ver-
bunden, die Fackel zu tragen. Der Ort, wo
der Körper niedergesetzt wird, ist ein mit Mau-
ren umgebenes Feld. Die Mauren werden mit
schwarzem Tuche behangen, eine Farbe die bey
den Japanern nichts Trauriges anzeigt. In
der Mitte dieses Feldes hat man eine Grube
gemacht, von deren Boden sich ein Scheiter-
haufen erhebt. Zu beyden Seiten des Schei-
terhaufens stehen zwey Tische; der eine ist mit
verschiedenen Sorten von Erfrischungen besetzt,
und auf dem andern steht eine Rauchpfanne.

So bald der Zug ins Feld hereingekommen
ist, setzen die Bonzen den Leichnam und den
Norimon auf den Scheiterhaufen. Das Ober-
haupt der Bonzen nähert sich dem Scheiterhau-
fen, und nimmt die Fackel, geht dreymal um
denselben herum, und weiht ihn gleichsam ein.
Nachdem er einige Gebete hergesagt, giebt er
die Fackel demjenigen, der sie gegeben hat, zurück.
Hierauf wird der Scheiterhaufen an verschiede-
nen Orten von den Vonzen in Brand gesteckt."

Die vorhin erwähnten jungen Leute, reissen
sich alsdann, nachdem sie mit anscheinender
Freude von ihren Anverwandten Abschied ge-
nommen haben, mit eigenen Händen die Bäuche
auf, werden von andern auf den Scheiterhau-
fen hingeschleudert, um ihrem Herrn in jene
Welt nachzufolgen.

Die
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ſchoͤnſten Kleidern, nicht anders als an dem
freudigſten Tage. Das juͤngſte Kind iſt ver-
bunden, die Fackel zu tragen. Der Ort, wo
der Koͤrper niedergeſetzt wird, iſt ein mit Mau-
ren umgebenes Feld. Die Mauren werden mit
ſchwarzem Tuche behangen, eine Farbe die bey
den Japanern nichts Trauriges anzeigt. In
der Mitte dieſes Feldes hat man eine Grube
gemacht, von deren Boden ſich ein Scheiter-
haufen erhebt. Zu beyden Seiten des Schei-
terhaufens ſtehen zwey Tiſche; der eine iſt mit
verſchiedenen Sorten von Erfriſchungen beſetzt,
und auf dem andern ſteht eine Rauchpfanne.

So bald der Zug ins Feld hereingekommen
iſt, ſetzen die Bonzen den Leichnam und den
Norimon auf den Scheiterhaufen. Das Ober-
haupt der Bonzen naͤhert ſich dem Scheiterhau-
fen, und nimmt die Fackel, geht dreymal um
denſelben herum, und weiht ihn gleichſam ein.
Nachdem er einige Gebete hergeſagt, giebt er
die Fackel demjenigen, der ſie gegeben hat, zuruͤck.
Hierauf wird der Scheiterhaufen an verſchiede-
nen Orten von den Vonzen in Brand geſteckt.“

Die vorhin erwaͤhnten jungen Leute, reiſſen
ſich alsdann, nachdem ſie mit anſcheinender
Freude von ihren Anverwandten Abſchied ge-
nommen haben, mit eigenen Haͤnden die Baͤuche
auf, werden von andern auf den Scheiterhau-
fen hingeſchleudert, um ihrem Herrn in jene
Welt nachzufolgen.

Die
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[53/0079] ſchoͤnſten Kleidern, nicht anders als an dem freudigſten Tage. Das juͤngſte Kind iſt ver- bunden, die Fackel zu tragen. Der Ort, wo der Koͤrper niedergeſetzt wird, iſt ein mit Mau- ren umgebenes Feld. Die Mauren werden mit ſchwarzem Tuche behangen, eine Farbe die bey den Japanern nichts Trauriges anzeigt. In der Mitte dieſes Feldes hat man eine Grube gemacht, von deren Boden ſich ein Scheiter- haufen erhebt. Zu beyden Seiten des Schei- terhaufens ſtehen zwey Tiſche; der eine iſt mit verſchiedenen Sorten von Erfriſchungen beſetzt, und auf dem andern ſteht eine Rauchpfanne. So bald der Zug ins Feld hereingekommen iſt, ſetzen die Bonzen den Leichnam und den Norimon auf den Scheiterhaufen. Das Ober- haupt der Bonzen naͤhert ſich dem Scheiterhau- fen, und nimmt die Fackel, geht dreymal um denſelben herum, und weiht ihn gleichſam ein. Nachdem er einige Gebete hergeſagt, giebt er die Fackel demjenigen, der ſie gegeben hat, zuruͤck. Hierauf wird der Scheiterhaufen an verſchiede- nen Orten von den Vonzen in Brand geſteckt.“ Die vorhin erwaͤhnten jungen Leute, reiſſen ſich alsdann, nachdem ſie mit anſcheinender Freude von ihren Anverwandten Abſchied ge- nommen haben, mit eigenen Haͤnden die Baͤuche auf, werden von andern auf den Scheiterhau- fen hingeſchleudert, um ihrem Herrn in jene Welt nachzufolgen. Die D 3

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/79>, abgerufen am 25.11.2024.