Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

zig oder funfzig Pfeilen angefüllt, der Wurf-
spies oder Zagaje, den sie mit großer Richtig-
keit werfen, der Säbel auf einer Seite und
der Dolch auf der andern. Beschützende
Waffen haben sie, den Schild und ein Schild-
chen, das sie beständig am Halse hangend tra-
gen; aber kein Feuergewehr.

Das Fußvolk bedient sich der Muskete mit
ziemlicher Geschicklichkeit. Die, welche keine
Muskete haben, führen nebst Bogen und Pfei-
len eine Pike von zehn oder zwölf Fuß, die sie
im Anfange des Gefechtes, wider den Feind
schießen. Andere haben Panzerhemden bis an
die Knie, wenige aber Helme, weil solche in der
großen Hitze dieses Landes höchst unbequem seyn
würden. Sonst haben die Mogoln keine Krie-
gesordnung. Sie wissen keinen Unterschied
unter Vortreffen, Mitteltreffen, und Nach-
zug. Sie kennen weder Fronte noch Glieder,
und fechten sehr unordentlich. Da sie keine
Zeughäuser haben, so muß jeder Anführer sei-
nen Haufen mit Waffen versorgen. Daher
kommen so mancherley Waffen, die oft nicht
in einem Haufen einerley sind. Aureng-
zeb
wollte dieser Unordnung abhelfen. Das
eigene Zeughaus des Kaysers ist von großer
Pracht. Seine Wurfspieße, Köcher, und be-
sonders Säbel sind da in der schönsten Ord-
nung zu sehen. Alles glänzet da von kostbaren
Steinen. Er macht sich ein Vergnügen, sei-
ne Waffen selbst einen Namen zu geben. Einer

seiner

zig oder funfzig Pfeilen angefuͤllt, der Wurf-
ſpies oder Zagaje, den ſie mit großer Richtig-
keit werfen, der Saͤbel auf einer Seite und
der Dolch auf der andern. Beſchuͤtzende
Waffen haben ſie, den Schild und ein Schild-
chen, das ſie beſtaͤndig am Halſe hangend tra-
gen; aber kein Feuergewehr.

Das Fußvolk bedient ſich der Muskete mit
ziemlicher Geſchicklichkeit. Die, welche keine
Muskete haben, fuͤhren nebſt Bogen und Pfei-
len eine Pike von zehn oder zwoͤlf Fuß, die ſie
im Anfange des Gefechtes, wider den Feind
ſchießen. Andere haben Panzerhemden bis an
die Knie, wenige aber Helme, weil ſolche in der
großen Hitze dieſes Landes hoͤchſt unbequem ſeyn
wuͤrden. Sonſt haben die Mogoln keine Krie-
gesordnung. Sie wiſſen keinen Unterſchied
unter Vortreffen, Mitteltreffen, und Nach-
zug. Sie kennen weder Fronte noch Glieder,
und fechten ſehr unordentlich. Da ſie keine
Zeughaͤuſer haben, ſo muß jeder Anfuͤhrer ſei-
nen Haufen mit Waffen verſorgen. Daher
kommen ſo mancherley Waffen, die oft nicht
in einem Haufen einerley ſind. Aureng-
zeb
wollte dieſer Unordnung abhelfen. Das
eigene Zeughaus des Kayſers iſt von großer
Pracht. Seine Wurfſpieße, Koͤcher, und be-
ſonders Saͤbel ſind da in der ſchoͤnſten Ord-
nung zu ſehen. Alles glaͤnzet da von koſtbaren
Steinen. Er macht ſich ein Vergnuͤgen, ſei-
ne Waffen ſelbſt einen Namen zu geben. Einer

ſeiner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0448" n="422"/>
zig oder funfzig Pfeilen angefu&#x0364;llt, der Wurf-<lb/>
&#x017F;pies oder <hi rendition="#fr">Zagaje,</hi> den &#x017F;ie mit großer Richtig-<lb/>
keit werfen, der Sa&#x0364;bel auf einer Seite und<lb/>
der Dolch auf der andern. Be&#x017F;chu&#x0364;tzende<lb/>
Waffen haben &#x017F;ie, den Schild und ein Schild-<lb/>
chen, das &#x017F;ie be&#x017F;ta&#x0364;ndig am Hal&#x017F;e hangend tra-<lb/>
gen; aber kein Feuergewehr.</p><lb/>
          <p>Das Fußvolk bedient &#x017F;ich der Muskete mit<lb/>
ziemlicher Ge&#x017F;chicklichkeit. Die, welche keine<lb/>
Muskete haben, fu&#x0364;hren neb&#x017F;t Bogen und Pfei-<lb/>
len eine Pike von zehn oder zwo&#x0364;lf Fuß, die &#x017F;ie<lb/>
im Anfange des Gefechtes, wider den Feind<lb/>
&#x017F;chießen. Andere haben Panzerhemden bis an<lb/>
die Knie, wenige aber Helme, weil &#x017F;olche in der<lb/>
großen Hitze die&#x017F;es Landes ho&#x0364;ch&#x017F;t unbequem &#x017F;eyn<lb/>
wu&#x0364;rden. Son&#x017F;t haben die Mogoln keine Krie-<lb/>
gesordnung. Sie wi&#x017F;&#x017F;en keinen Unter&#x017F;chied<lb/>
unter Vortreffen, Mitteltreffen, und Nach-<lb/>
zug. Sie kennen weder Fronte noch Glieder,<lb/>
und fechten &#x017F;ehr unordentlich. Da &#x017F;ie keine<lb/>
Zeugha&#x0364;u&#x017F;er haben, &#x017F;o muß jeder Anfu&#x0364;hrer &#x017F;ei-<lb/>
nen Haufen mit Waffen ver&#x017F;orgen. Daher<lb/>
kommen &#x017F;o mancherley Waffen, die oft nicht<lb/>
in einem Haufen einerley &#x017F;ind. <hi rendition="#fr">Aureng-<lb/>
zeb</hi> wollte die&#x017F;er Unordnung abhelfen. Das<lb/>
eigene Zeughaus des Kay&#x017F;ers i&#x017F;t von großer<lb/>
Pracht. Seine Wurf&#x017F;pieße, Ko&#x0364;cher, und be-<lb/>
&#x017F;onders Sa&#x0364;bel &#x017F;ind da in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Ord-<lb/>
nung zu &#x017F;ehen. Alles gla&#x0364;nzet da von ko&#x017F;tbaren<lb/>
Steinen. Er macht &#x017F;ich ein Vergnu&#x0364;gen, &#x017F;ei-<lb/>
ne Waffen &#x017F;elb&#x017F;t einen Namen zu geben. Einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;einer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0448] zig oder funfzig Pfeilen angefuͤllt, der Wurf- ſpies oder Zagaje, den ſie mit großer Richtig- keit werfen, der Saͤbel auf einer Seite und der Dolch auf der andern. Beſchuͤtzende Waffen haben ſie, den Schild und ein Schild- chen, das ſie beſtaͤndig am Halſe hangend tra- gen; aber kein Feuergewehr. Das Fußvolk bedient ſich der Muskete mit ziemlicher Geſchicklichkeit. Die, welche keine Muskete haben, fuͤhren nebſt Bogen und Pfei- len eine Pike von zehn oder zwoͤlf Fuß, die ſie im Anfange des Gefechtes, wider den Feind ſchießen. Andere haben Panzerhemden bis an die Knie, wenige aber Helme, weil ſolche in der großen Hitze dieſes Landes hoͤchſt unbequem ſeyn wuͤrden. Sonſt haben die Mogoln keine Krie- gesordnung. Sie wiſſen keinen Unterſchied unter Vortreffen, Mitteltreffen, und Nach- zug. Sie kennen weder Fronte noch Glieder, und fechten ſehr unordentlich. Da ſie keine Zeughaͤuſer haben, ſo muß jeder Anfuͤhrer ſei- nen Haufen mit Waffen verſorgen. Daher kommen ſo mancherley Waffen, die oft nicht in einem Haufen einerley ſind. Aureng- zeb wollte dieſer Unordnung abhelfen. Das eigene Zeughaus des Kayſers iſt von großer Pracht. Seine Wurfſpieße, Koͤcher, und be- ſonders Saͤbel ſind da in der ſchoͤnſten Ord- nung zu ſehen. Alles glaͤnzet da von koſtbaren Steinen. Er macht ſich ein Vergnuͤgen, ſei- ne Waffen ſelbſt einen Namen zu geben. Einer ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/448
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/448>, abgerufen am 22.11.2024.