sich aber Prinzen von Geblüte wider den Hof auflehnen, finden sie oft unter der Mannschaft ihres Oberherrn, mächtigen Beystand, ihn zu be- kriegen. So erhob sich Aurengzeb auf den Thron, und die Geschicklichkeit, mit welcher er die Gewogenheit der Befehlshaber in den Pro- vinzen zu erlangen wußte, lenkte alle Macht zu seinem Vortheile die sein Vater Cha Jehann, zu seiner eignen Vertheidigung hielt. Gleich- wohl hat diese Regierungsart auch verschiedene Vorzüge, worunter man auch rechnen kann, daß die Kayser, als Eigenthümer aller liegenden Gründe im Reiche, dadurch von ihren Einkünf- ten ein guter Theil ihrer Unterthanen unterhal- ten wird. Die Hülfsvölker, welche die Ra- jahs liefern müssen, vergrößern noch die Macht von Hindistan, aber sie werden ordentlich nur im Kriege, und nicht so sehr aus Noth, als der Pracht wegen, gebraucht.
So furchtbare Heere, die in allen Theilen des Reichs ausgebreitet sind, verschaffen or- dentlich den Gränzen Sicherheit, und dem Mittel des Staats Ruhe. In dem kleinsten Flecken liegen wenigstens zwey Reuter, und vier Mann zu Fuße. Dieß sind die Kundschafter des Hofes, welche von allem, was sie sehen, dem Hofe Nachricht geben, und durch ihre Be- richte die meisten Befehle, die in die Provinzen abgehen, veranlassen.
Die schädlichen Waffen der mogolschen Reuterey sind der Bogen, der Köcher mit vier-
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ſich aber Prinzen von Gebluͤte wider den Hof auflehnen, finden ſie oft unter der Mannſchaft ihres Oberherrn, maͤchtigen Beyſtand, ihn zu be- kriegen. So erhob ſich Aurengzeb auf den Thron, und die Geſchicklichkeit, mit welcher er die Gewogenheit der Befehlshaber in den Pro- vinzen zu erlangen wußte, lenkte alle Macht zu ſeinem Vortheile die ſein Vater Cha Jehann, zu ſeiner eignen Vertheidigung hielt. Gleich- wohl hat dieſe Regierungsart auch verſchiedene Vorzuͤge, worunter man auch rechnen kann, daß die Kayſer, als Eigenthuͤmer aller liegenden Gruͤnde im Reiche, dadurch von ihren Einkuͤnf- ten ein guter Theil ihrer Unterthanen unterhal- ten wird. Die Huͤlfsvoͤlker, welche die Ra- jahs liefern muͤſſen, vergroͤßern noch die Macht von Hindiſtan, aber ſie werden ordentlich nur im Kriege, und nicht ſo ſehr aus Noth, als der Pracht wegen, gebraucht.
So furchtbare Heere, die in allen Theilen des Reichs ausgebreitet ſind, verſchaffen or- dentlich den Graͤnzen Sicherheit, und dem Mittel des Staats Ruhe. In dem kleinſten Flecken liegen wenigſtens zwey Reuter, und vier Mann zu Fuße. Dieß ſind die Kundſchafter des Hofes, welche von allem, was ſie ſehen, dem Hofe Nachricht geben, und durch ihre Be- richte die meiſten Befehle, die in die Provinzen abgehen, veranlaſſen.
Die ſchaͤdlichen Waffen der mogolſchen Reuterey ſind der Bogen, der Koͤcher mit vier-
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ſich aber Prinzen von Gebluͤte wider den Hof
auflehnen, finden ſie oft unter der Mannſchaft
ihres Oberherrn, maͤchtigen Beyſtand, ihn zu be-
kriegen. So erhob ſich Aurengzeb auf den
Thron, und die Geſchicklichkeit, mit welcher er
die Gewogenheit der Befehlshaber in den Pro-
vinzen zu erlangen wußte, lenkte alle Macht zu
ſeinem Vortheile die ſein Vater Cha Jehann,
zu ſeiner eignen Vertheidigung hielt. Gleich-
wohl hat dieſe Regierungsart auch verſchiedene
Vorzuͤge, worunter man auch rechnen kann,
daß die Kayſer, als Eigenthuͤmer aller liegenden
Gruͤnde im Reiche, dadurch von ihren Einkuͤnf-
ten ein guter Theil ihrer Unterthanen unterhal-
ten wird. Die Huͤlfsvoͤlker, welche die Ra-
jahs liefern muͤſſen, vergroͤßern noch die Macht
von Hindiſtan, aber ſie werden ordentlich nur
im Kriege, und nicht ſo ſehr aus Noth, als
der Pracht wegen, gebraucht.
So furchtbare Heere, die in allen Theilen
des Reichs ausgebreitet ſind, verſchaffen or-
dentlich den Graͤnzen Sicherheit, und dem
Mittel des Staats Ruhe. In dem kleinſten
Flecken liegen wenigſtens zwey Reuter, und vier
Mann zu Fuße. Dieß ſind die Kundſchafter
des Hofes, welche von allem, was ſie ſehen,
dem Hofe Nachricht geben, und durch ihre Be-
richte die meiſten Befehle, die in die Provinzen
abgehen, veranlaſſen.
Die ſchaͤdlichen Waffen der mogolſchen
Reuterey ſind der Bogen, der Koͤcher mit vier-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/447>, abgerufen am 25.11.2024.
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