[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.eines Menschen anzuwenden pflegen, genau er- In Persien herrscht überall die Gewohnheit, Sobald nun der Kranke seinen Geist völlig sol- *) Sind eine Art Geistliche in Persien.
eines Menſchen anzuwenden pflegen, genau er- In Perſien herrſcht uͤberall die Gewohnheit, Sobald nun der Kranke ſeinen Geiſt voͤllig ſol- *) Sind eine Art Geiſtliche in Perſien.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0084" n="64"/> eines Menſchen anzuwenden pflegen, genau er-<lb/> waͤgt; ſo findet man in der That bey dieſen Ce-<lb/> rimonien viel Wuͤrdiges und Edles, das der<lb/> Nation gewiß zur groͤßeſten Ehre gereicht. Ich<lb/> will hier das Merkwuͤrdigſte, was bey dem To-<lb/> de und Begraͤbniſſe vorgeht, kurz und genau<lb/> concentrirt dem Leſer vor Augen darſtellen, und<lb/> hierinn fuͤrnehmlich dem <hi rendition="#fr">Chardin</hi> folgen, mit<lb/> dem faſt alle Reiſebeſchreiber, wenigſtens die<lb/> beſten, ſehr genau uͤbereinkommen.</p><lb/> <p>In Perſien herrſcht uͤberall die Gewohnheit,<lb/> daß man auf dem platten Dache, wenn Je-<lb/> mand in einem Hauſe toͤdtlich krank iſt, kleine<lb/> Feuer anlegt, um die Vorbeygehenden zu erin-<lb/> nern, Gott um Erhaltung des Kranken anzu-<lb/> flehen. Zugleich laͤßt man auch <hi rendition="#fr">Mollahs</hi> <note place="foot" n="*)">Sind eine Art Geiſtliche in Perſien.</note><lb/> herbey rufen, die dem Sterbenden alle ſeine be-<lb/> gangenen Suͤnden vorhalten, und ihn zur auf-<lb/> richtigen Bereuung derſelben ermahnen muͤſſen.<lb/> Der Kranke antwortet bey jedem ihm vorge-<lb/> haltenen Puncte: <hi rendition="#fr">Taube’, d. i. es gereuet<lb/> mich</hi>. Alsdann muß er in Gegenwart des<lb/> Prieſters ſein Glaubensbekenntniß ablegen: und<lb/> wenn er ſchon ſo ſchwach iſt, daß er nicht mehr<lb/> reden kann; ſo beten die Anweſenden alle fuͤr<lb/> ihn, leſen auch wohl ſo lange einige Stellen aus<lb/> dem Koran, bis er voͤllig verſchieden iſt.</p><lb/> <p>Sobald nun der Kranke ſeinen Geiſt voͤllig<lb/> aufgegeben hat; ſo erheben die Anweſenden ein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſol-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0084]
eines Menſchen anzuwenden pflegen, genau er-
waͤgt; ſo findet man in der That bey dieſen Ce-
rimonien viel Wuͤrdiges und Edles, das der
Nation gewiß zur groͤßeſten Ehre gereicht. Ich
will hier das Merkwuͤrdigſte, was bey dem To-
de und Begraͤbniſſe vorgeht, kurz und genau
concentrirt dem Leſer vor Augen darſtellen, und
hierinn fuͤrnehmlich dem Chardin folgen, mit
dem faſt alle Reiſebeſchreiber, wenigſtens die
beſten, ſehr genau uͤbereinkommen.
In Perſien herrſcht uͤberall die Gewohnheit,
daß man auf dem platten Dache, wenn Je-
mand in einem Hauſe toͤdtlich krank iſt, kleine
Feuer anlegt, um die Vorbeygehenden zu erin-
nern, Gott um Erhaltung des Kranken anzu-
flehen. Zugleich laͤßt man auch Mollahs *)
herbey rufen, die dem Sterbenden alle ſeine be-
gangenen Suͤnden vorhalten, und ihn zur auf-
richtigen Bereuung derſelben ermahnen muͤſſen.
Der Kranke antwortet bey jedem ihm vorge-
haltenen Puncte: Taube’, d. i. es gereuet
mich. Alsdann muß er in Gegenwart des
Prieſters ſein Glaubensbekenntniß ablegen: und
wenn er ſchon ſo ſchwach iſt, daß er nicht mehr
reden kann; ſo beten die Anweſenden alle fuͤr
ihn, leſen auch wohl ſo lange einige Stellen aus
dem Koran, bis er voͤllig verſchieden iſt.
Sobald nun der Kranke ſeinen Geiſt voͤllig
aufgegeben hat; ſo erheben die Anweſenden ein
ſol-
*) Sind eine Art Geiſtliche in Perſien.
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