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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

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wandten nehmen sich vorher ein genaues und
getreues Gemählde von dem Mädchen, das ihr
Sohn dereinst, wenn sie des Vergleichs einig
werden können, haben soll, (denn bis in das
siebente Jahr lassen sich die Mägdchen öffent-
lich sehen.) Oft trägt sichs auch zu, daß ein
Mägdchen sich sehr jung schon verheyrathet,
und so lange wartet, bis sie sich nach den Gese-
tzen öffentlich vermählen darf.

Die Ehescheidung ist bey den Persern eine
sehr leichte Sache, und nach den Mohamme-
danischen Gesetzen erlaubt. Diese kommen ge-
meiniglich daher, wenn nemlich der Bräutigam
mit dem geschlossenen Contracte nachher nicht
zufrieden ist, und er anfängt Zwistigkeiten zu
erregen und seine Oberherrschaft fühlbar wer-
den läßt. -- Wird nun z. B. der Frau dieses
Joch unerträglich; so kann sie sich darüber bey
dem Richter beschweren und die Ehescheidung
verlangen. Alsdann aber verliehrt sie ihr Witt-
wengeld. Dringt aber der Mann auf eine
Scheidung; so ist er gleichfalls verbunden dasje-
nige, was er seiner Frau geschenkt hat, zu las-
sen. -- Das persische Gesetz erlaubt es auch,
daß zwey Personen, die von einander geschie-
den sind, sich wieder vereinigen dürfen: und
dieß dürfen sie zu drey verschiedenen malen thun.
Sind sie zum drittenmale geschieden, und wol-
len sich zum viertenmale wieder verbinden; so
können sie dieß nur unter der Bedingung thun,
daß nämlich die Frau vorher einen andern

Mann

wandten nehmen ſich vorher ein genaues und
getreues Gemaͤhlde von dem Maͤdchen, das ihr
Sohn dereinſt, wenn ſie des Vergleichs einig
werden koͤnnen, haben ſoll, (denn bis in das
ſiebente Jahr laſſen ſich die Maͤgdchen oͤffent-
lich ſehen.) Oft traͤgt ſichs auch zu, daß ein
Maͤgdchen ſich ſehr jung ſchon verheyrathet,
und ſo lange wartet, bis ſie ſich nach den Geſe-
tzen oͤffentlich vermaͤhlen darf.

Die Eheſcheidung iſt bey den Perſern eine
ſehr leichte Sache, und nach den Mohamme-
daniſchen Geſetzen erlaubt. Dieſe kommen ge-
meiniglich daher, wenn nemlich der Braͤutigam
mit dem geſchloſſenen Contracte nachher nicht
zufrieden iſt, und er anfaͤngt Zwiſtigkeiten zu
erregen und ſeine Oberherrſchaft fuͤhlbar wer-
den laͤßt. — Wird nun z. B. der Frau dieſes
Joch unertraͤglich; ſo kann ſie ſich daruͤber bey
dem Richter beſchweren und die Eheſcheidung
verlangen. Alsdann aber verliehrt ſie ihr Witt-
wengeld. Dringt aber der Mann auf eine
Scheidung; ſo iſt er gleichfalls verbunden dasje-
nige, was er ſeiner Frau geſchenkt hat, zu laſ-
ſen. — Das perſiſche Geſetz erlaubt es auch,
daß zwey Perſonen, die von einander geſchie-
den ſind, ſich wieder vereinigen duͤrfen: und
dieß duͤrfen ſie zu drey verſchiedenen malen thun.
Sind ſie zum drittenmale geſchieden, und wol-
len ſich zum viertenmale wieder verbinden; ſo
koͤnnen ſie dieß nur unter der Bedingung thun,
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[62/0082] wandten nehmen ſich vorher ein genaues und getreues Gemaͤhlde von dem Maͤdchen, das ihr Sohn dereinſt, wenn ſie des Vergleichs einig werden koͤnnen, haben ſoll, (denn bis in das ſiebente Jahr laſſen ſich die Maͤgdchen oͤffent- lich ſehen.) Oft traͤgt ſichs auch zu, daß ein Maͤgdchen ſich ſehr jung ſchon verheyrathet, und ſo lange wartet, bis ſie ſich nach den Geſe- tzen oͤffentlich vermaͤhlen darf. Die Eheſcheidung iſt bey den Perſern eine ſehr leichte Sache, und nach den Mohamme- daniſchen Geſetzen erlaubt. Dieſe kommen ge- meiniglich daher, wenn nemlich der Braͤutigam mit dem geſchloſſenen Contracte nachher nicht zufrieden iſt, und er anfaͤngt Zwiſtigkeiten zu erregen und ſeine Oberherrſchaft fuͤhlbar wer- den laͤßt. — Wird nun z. B. der Frau dieſes Joch unertraͤglich; ſo kann ſie ſich daruͤber bey dem Richter beſchweren und die Eheſcheidung verlangen. Alsdann aber verliehrt ſie ihr Witt- wengeld. Dringt aber der Mann auf eine Scheidung; ſo iſt er gleichfalls verbunden dasje- nige, was er ſeiner Frau geſchenkt hat, zu laſ- ſen. — Das perſiſche Geſetz erlaubt es auch, daß zwey Perſonen, die von einander geſchie- den ſind, ſich wieder vereinigen duͤrfen: und dieß duͤrfen ſie zu drey verſchiedenen malen thun. Sind ſie zum drittenmale geſchieden, und wol- len ſich zum viertenmale wieder verbinden; ſo koͤnnen ſie dieß nur unter der Bedingung thun, daß naͤmlich die Frau vorher einen andern Mann

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/82>, abgerufen am 09.05.2024.