Herrn gehabt, könnte doch füglich mit ihm begraben sein. Ich glaube, es wäre kein Schade für Sie, wenn Sie sich mit uns stellten. Die Interessen von Bauer und Ritterschaft gehen viel¬ fach Hand in Hand. Schließlich sind es doch verwandte Stände: Grundbesitzer. Die Größe des Besitzes bedeutet keinen so enormen Unterschied."
Dieser Versuch, ihn mit der Gemeinsamkeit der Interessen zu fangen, machte den Bauer nur aufstützig. Der Mann da entwickelte ihm viel zu viel Eifer. Nein, so beschwatzen ließ er sich nicht! Daß der Graf nicht aus Liebe für die Bauern den Wildzaun errichten wollte, war klar. Wozu das Gerede! Nur um so fester wurde der Alte in seiner Ansicht, daß er hier wieder einmal betrogen werden solle.
"Nahmen Se sich ack keene Mihe wetter!" sagte er in mürrischem Tone. "Ich verkefe nischt vom Gutte weg. Een fir allemal, nu ho'ch Se's gesoit!"
Der Hauptmann hatte die ausgestreckte Hand wieder zu¬ rückgezogen. Die Sache ging doch nicht so schnell, wie er sich's gedacht hatte, mit diesem starrköpfigen Alten. "Sie werden sich's noch überlegen, Herr Büttner!" meinte er. "Ich kann's ja begreifen, daß Sie an Ihrem Eigentum hängen. Voll¬ ständig vermag ich's zu verstehen, glauben Sie mir das nur! Man hängt an der eigenen Scholle, ich weiß das aus eigener Erfahrung. Und das Herz blutet einem, lieber möchte man sich einen Finger von der Hand hacken lassen, als einen Acker weggeben vom ererbten Grund und Boden." Hauptmann Schroff hielt einen Augenblick inne. Dem trüben Ausdrucke nach zu schließen, den urplötzlich seine sonst heiteren und offenen Züge annahmen, schien eine düstere Erinnerung durch seine Seele zu ziehen. Er schnipste mit den Fingern, wie um das zu vertreiben und fuhr fort: "Sehen Sie, man kann darin aber auch zu weit gehen, ich meine, in jenem Festhalten. Dann wird eben Starrköpfigkeit und Vernarrtheit daraus. Lieber ein kleines Gut, als ein großes, das man nicht voll bewirtschaften kann. Ich kenne Ihre Lage, Büttner! Ich sage Ihnen soviel, aus meiner eigenen Erfahrung heraus, wenn Sie sich auf Ihren
Herrn gehabt, könnte doch füglich mit ihm begraben ſein. Ich glaube, es wäre kein Schade für Sie, wenn Sie ſich mit uns ſtellten. Die Intereſſen von Bauer und Ritterſchaft gehen viel¬ fach Hand in Hand. Schließlich ſind es doch verwandte Stände: Grundbeſitzer. Die Größe des Beſitzes bedeutet keinen ſo enormen Unterſchied.“
Dieſer Verſuch, ihn mit der Gemeinſamkeit der Intereſſen zu fangen, machte den Bauer nur aufſtützig. Der Mann da entwickelte ihm viel zu viel Eifer. Nein, ſo beſchwatzen ließ er ſich nicht! Daß der Graf nicht aus Liebe für die Bauern den Wildzaun errichten wollte, war klar. Wozu das Gerede! Nur um ſo feſter wurde der Alte in ſeiner Anſicht, daß er hier wieder einmal betrogen werden ſolle.
„Nahmen Se ſich ack keene Mihe wetter!“ ſagte er in mürriſchem Tone. „Ich verkefe niſcht vom Gutte weg. Een fir allemal, nu ho'ch Se's geſoit!“
Der Hauptmann hatte die ausgeſtreckte Hand wieder zu¬ rückgezogen. Die Sache ging doch nicht ſo ſchnell, wie er ſich's gedacht hatte, mit dieſem ſtarrköpfigen Alten. „Sie werden ſich's noch überlegen, Herr Büttner!“ meinte er. „Ich kann's ja begreifen, daß Sie an Ihrem Eigentum hängen. Voll¬ ſtändig vermag ich's zu verſtehen, glauben Sie mir das nur! Man hängt an der eigenen Scholle, ich weiß das aus eigener Erfahrung. Und das Herz blutet einem, lieber möchte man ſich einen Finger von der Hand hacken laſſen, als einen Acker weggeben vom ererbten Grund und Boden.“ Hauptmann Schroff hielt einen Augenblick inne. Dem trüben Ausdrucke nach zu ſchließen, den urplötzlich ſeine ſonſt heiteren und offenen Züge annahmen, ſchien eine düſtere Erinnerung durch ſeine Seele zu ziehen. Er ſchnipſte mit den Fingern, wie um das zu vertreiben und fuhr fort: „Sehen Sie, man kann darin aber auch zu weit gehen, ich meine, in jenem Feſthalten. Dann wird eben Starrköpfigkeit und Vernarrtheit daraus. Lieber ein kleines Gut, als ein großes, das man nicht voll bewirtſchaften kann. Ich kenne Ihre Lage, Büttner! Ich ſage Ihnen ſoviel, aus meiner eigenen Erfahrung heraus, wenn Sie ſich auf Ihren
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Herrn gehabt, könnte doch füglich mit ihm begraben ſein. Ich
glaube, es wäre kein Schade für Sie, wenn Sie ſich mit uns
ſtellten. Die Intereſſen von Bauer und Ritterſchaft gehen viel¬
fach Hand in Hand. Schließlich ſind es doch verwandte Stände:
Grundbeſitzer. Die Größe des Beſitzes bedeutet keinen ſo
enormen Unterſchied.“
Dieſer Verſuch, ihn mit der Gemeinſamkeit der Intereſſen
zu fangen, machte den Bauer nur aufſtützig. Der Mann da
entwickelte ihm viel zu viel Eifer. Nein, ſo beſchwatzen
ließ er ſich nicht! Daß der Graf nicht aus Liebe für die Bauern
den Wildzaun errichten wollte, war klar. Wozu das Gerede!
Nur um ſo feſter wurde der Alte in ſeiner Anſicht, daß er hier
wieder einmal betrogen werden ſolle.
„Nahmen Se ſich ack keene Mihe wetter!“ ſagte er in
mürriſchem Tone. „Ich verkefe niſcht vom Gutte weg. Een fir
allemal, nu ho'ch Se's geſoit!“
Der Hauptmann hatte die ausgeſtreckte Hand wieder zu¬
rückgezogen. Die Sache ging doch nicht ſo ſchnell, wie er ſich's
gedacht hatte, mit dieſem ſtarrköpfigen Alten. „Sie werden
ſich's noch überlegen, Herr Büttner!“ meinte er. „Ich kann's
ja begreifen, daß Sie an Ihrem Eigentum hängen. Voll¬
ſtändig vermag ich's zu verſtehen, glauben Sie mir das
nur! Man hängt an der eigenen Scholle, ich weiß das aus
eigener Erfahrung. Und das Herz blutet einem, lieber möchte
man ſich einen Finger von der Hand hacken laſſen, als einen
Acker weggeben vom ererbten Grund und Boden.“ Hauptmann
Schroff hielt einen Augenblick inne. Dem trüben Ausdrucke nach
zu ſchließen, den urplötzlich ſeine ſonſt heiteren und offenen
Züge annahmen, ſchien eine düſtere Erinnerung durch ſeine
Seele zu ziehen. Er ſchnipſte mit den Fingern, wie um das
zu vertreiben und fuhr fort: „Sehen Sie, man kann darin aber
auch zu weit gehen, ich meine, in jenem Feſthalten. Dann wird
eben Starrköpfigkeit und Vernarrtheit daraus. Lieber ein kleines
Gut, als ein großes, das man nicht voll bewirtſchaften kann.
Ich kenne Ihre Lage, Büttner! Ich ſage Ihnen ſoviel, aus
meiner eigenen Erfahrung heraus, wenn Sie ſich auf Ihren
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/78>, abgerufen am 25.11.2024.
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