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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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"O Jerum!" rief der Bauer bei dieser Frage, die mit der
unbefangensten Miene der Welt gestellt wurde. "O Jerum!"
Er fuhr empor von seinem Sitze. "Hypothekenschulden! die
thun freilich zulangen, thun die! Wenn's wos winger warn,
kinnt's och basser sein."

"Nun, was haben Sie denn so ungefähr drauf stehen?
Ich frage aus wirklichem Interesse."

Der Bauer rechnete eine Weile. Dann sagte er, die Stimme
dämpfend, mit bedrückter Miene. "A Märker a zweeund¬
zwanzigtausend kennen's schu sein, die druffe stiehn, Herr
Harrassowitz."

Der Händler ließ ein leises Pfeifen ertönen, zog die
Brauen in die Höhe und wiegte den Kopf hin und her.
"Das ist ein bißchen stark!"

"Newuhr, 's is vill?" meinte der Alte, ganz in sich zu¬
sammensinkend, und trostlos zur Erde blickend.

"Wie in aller Welt wollen Sie denn da die Zinsen heraus¬
wirtschaften, Herr Büttner?" -- Harrassowitz nahm ein Stück
Papier zur Hand und begann zu rechnen. "Ja, mein Lieber
das ist ja ein Mißverhältnis! Und da wollen Sie auch noch
davon leben, Sie und Ihre Familie! Das ist ja rein unmöglich.
Da lügen Sie sich einfach in den Beutel, mein Bester!"

"Ja 's is schwer, 's is aben schwer!" meinte der Büttner¬
bauer seufzend. "Man mechte manchmal salber zum Thaler
wern, um da Zinsen ock immer richtig zu bezahla. Ees muß
sich abrackern und abschinden muß mer sich, vun Frih bis
Abend. Ne a mal satt essen mechtn man, weil's hinten und
vurne ne zulangen thut. Ne, 's is a Luderlaben, wenn ees
suvills Schulden hat, wie der Hund Flöhe."

"Und das ertragen Sie so ruhig? Das verdenke ich Ihnen
offen herausgesagt, sehr, daß sie sich für Ihre Gläubiger so
abquälen."

"Ju, wos soll unserees denne angohn? Ich ha's Gutt
duch glei su verschuldt übernumma. Billiger wullten de Ge¬
schwister mir's duch ne iberlassen."

"Da giebts eben nur ein Mittel, mein Lieber: schmeißen

„O Jerum!“ rief der Bauer bei dieſer Frage, die mit der
unbefangenſten Miene der Welt geſtellt wurde. „O Jerum!“
Er fuhr empor von ſeinem Sitze. „Hypothekenſchulden! die
thun freilich zulangen, thun die! Wenn's wos winger warn,
kinnt's och baſſer ſein.“

„Nun, was haben Sie denn ſo ungefähr drauf ſtehen?
Ich frage aus wirklichem Intereſſe.“

Der Bauer rechnete eine Weile. Dann ſagte er, die Stimme
dämpfend, mit bedrückter Miene. „A Märker a zweeund¬
zwanzigtauſend kennen's ſchu ſein, die druffe ſtiehn, Herr
Harraſſowitz.“

Der Händler ließ ein leiſes Pfeifen ertönen, zog die
Brauen in die Höhe und wiegte den Kopf hin und her.
„Das iſt ein bißchen ſtark!“

„Newuhr, 's is vill?“ meinte der Alte, ganz in ſich zu¬
ſammenſinkend, und troſtlos zur Erde blickend.

„Wie in aller Welt wollen Sie denn da die Zinſen heraus¬
wirtſchaften, Herr Büttner?“ — Harraſſowitz nahm ein Stück
Papier zur Hand und begann zu rechnen. „Ja, mein Lieber
das iſt ja ein Mißverhältnis! Und da wollen Sie auch noch
davon leben, Sie und Ihre Familie! Das iſt ja rein unmöglich.
Da lügen Sie ſich einfach in den Beutel, mein Beſter!“

„Ja 's is ſchwer, 's is aben ſchwer!“ meinte der Büttner¬
bauer ſeufzend. „Man mechte manchmal ſalber zum Thaler
wern, um da Zinſen ock immer richtig zu bezahla. Ees muß
ſich abrackern und abſchinden muß mer ſich, vun Frih bis
Abend. Ne a mal ſatt eſſen mechtn man, weil's hinten und
vurne ne zulangen thut. Ne, 's is a Luderlaben, wenn ees
ſuvills Schulden hat, wie der Hund Flöhe.“

„Und das ertragen Sie ſo ruhig? Das verdenke ich Ihnen
offen herausgeſagt, ſehr, daß ſie ſich für Ihre Gläubiger ſo
abquälen.“

„Ju, wos ſoll unſerees denne angohn? Ich ha's Gutt
duch glei ſu verſchuldt übernumma. Billiger wullten de Ge¬
ſchwiſter mir's duch ne iberlaſſen.“

„Da giebts eben nur ein Mittel, mein Lieber: ſchmeißen

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[48/0062] „O Jerum!“ rief der Bauer bei dieſer Frage, die mit der unbefangenſten Miene der Welt geſtellt wurde. „O Jerum!“ Er fuhr empor von ſeinem Sitze. „Hypothekenſchulden! die thun freilich zulangen, thun die! Wenn's wos winger warn, kinnt's och baſſer ſein.“ „Nun, was haben Sie denn ſo ungefähr drauf ſtehen? Ich frage aus wirklichem Intereſſe.“ Der Bauer rechnete eine Weile. Dann ſagte er, die Stimme dämpfend, mit bedrückter Miene. „A Märker a zweeund¬ zwanzigtauſend kennen's ſchu ſein, die druffe ſtiehn, Herr Harraſſowitz.“ Der Händler ließ ein leiſes Pfeifen ertönen, zog die Brauen in die Höhe und wiegte den Kopf hin und her. „Das iſt ein bißchen ſtark!“ „Newuhr, 's is vill?“ meinte der Alte, ganz in ſich zu¬ ſammenſinkend, und troſtlos zur Erde blickend. „Wie in aller Welt wollen Sie denn da die Zinſen heraus¬ wirtſchaften, Herr Büttner?“ — Harraſſowitz nahm ein Stück Papier zur Hand und begann zu rechnen. „Ja, mein Lieber das iſt ja ein Mißverhältnis! Und da wollen Sie auch noch davon leben, Sie und Ihre Familie! Das iſt ja rein unmöglich. Da lügen Sie ſich einfach in den Beutel, mein Beſter!“ „Ja 's is ſchwer, 's is aben ſchwer!“ meinte der Büttner¬ bauer ſeufzend. „Man mechte manchmal ſalber zum Thaler wern, um da Zinſen ock immer richtig zu bezahla. Ees muß ſich abrackern und abſchinden muß mer ſich, vun Frih bis Abend. Ne a mal ſatt eſſen mechtn man, weil's hinten und vurne ne zulangen thut. Ne, 's is a Luderlaben, wenn ees ſuvills Schulden hat, wie der Hund Flöhe.“ „Und das ertragen Sie ſo ruhig? Das verdenke ich Ihnen offen herausgeſagt, ſehr, daß ſie ſich für Ihre Gläubiger ſo abquälen.“ „Ju, wos ſoll unſerees denne angohn? Ich ha's Gutt duch glei ſu verſchuldt übernumma. Billiger wullten de Ge¬ ſchwiſter mir's duch ne iberlaſſen.“ „Da giebts eben nur ein Mittel, mein Lieber: ſchmeißen

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/62>, abgerufen am 27.11.2024.