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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Sie den Gläubigern die ganze Geschichte hin. Sagen Sie ein¬
fach: ich thue nicht weiter mit. Mag's doch ein anderer ver¬
suchen, die Zinsen herauszuwirtschaften, ich kanns nicht, ich
hab's satt! -- Passen Sie mal auf, was für Gesichter die dann
machen werden. Von denen übernimmt's keiner, verlassen Sie
sich darauf! Die werden dann schon kommen und Sie bitten,
daß Sie doch nur um Gotteswillen weiter auf dem Gute
bleiben möchten, damit ihre Hypotheken nicht ausfallen. So¬
was ist schon öfters mit Erfolg gemacht worden. Tragen Sie
selbst auf Subhastation an wegen Überschuldung, dann wollen
wir mal sehen, was für Seiten die Gläubiger aufziehen
werden. Vielleicht erstehen Sie's dann selbst, oder einer Ihrer
Kinder, aus der Zwangsversteigerung zurück, dann sind Sie
einen ganzen Posten Schulden los. Nur nicht ängstlich sein
in solchen Dingen! Das ist ja nur ein Mittel, sich wieder zu
rangieren, wenn man nicht reüssiert hat. Gott sei Dank,
möchte ich sagen, daß so etwas möglich ist!"

Der Büttnerbauer schüttelte den Kopf. Den eigentlichen
Sinn des Vorschlages hatte er wohl gar nicht erfaßt. Sein
Redlichkeitsgefühl sagte ihm jedoch, daß hier etwas nicht in
Ordnung sei.

Er wolle auf seinem Gute bleiben, erklärte er. Er hoffe
auch durchzukommen und seine Zinsen richtig bezahlen zu
können, wenn nur bessere Zeiten kämen, und wenn ihm in¬
zwischen jemand helfend unter die Arme greifen wolle.

Inzwischen waren die Hafersäcke vom "Mutigen Ritter"
herangeschafft worden, und wurden im Hofe abgeladen. Der
junge Mann aus dem Comptoir trat ein und machte Mel¬
dung davon. "Da wollen Sie also Ihr Geld gefälligst in
Empfang nehmen, Herr Büttner," sagte der Händler. "Vorn
an der Kasse. Ich komme mit Ihnen."

Der Bauer empfing am Kassenpult das Geld und mußte
über den Empfang quittieren. Das nahm einige Zeit in
Anspruch, da seiner Hand das Schreiben nicht mehr recht ge¬
läufig war. Endlich war er mit der schwierigen Prozedur
zu stande gekommen. Trotzdem er sein Geld längst durch¬

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 4

Sie den Gläubigern die ganze Geſchichte hin. Sagen Sie ein¬
fach: ich thue nicht weiter mit. Mag's doch ein anderer ver¬
ſuchen, die Zinſen herauszuwirtſchaften, ich kanns nicht, ich
hab's ſatt! — Paſſen Sie mal auf, was für Geſichter die dann
machen werden. Von denen übernimmt's keiner, verlaſſen Sie
ſich darauf! Die werden dann ſchon kommen und Sie bitten,
daß Sie doch nur um Gotteswillen weiter auf dem Gute
bleiben möchten, damit ihre Hypotheken nicht ausfallen. So¬
was iſt ſchon öfters mit Erfolg gemacht worden. Tragen Sie
ſelbſt auf Subhaſtation an wegen Überſchuldung, dann wollen
wir mal ſehen, was für Seiten die Gläubiger aufziehen
werden. Vielleicht erſtehen Sie's dann ſelbſt, oder einer Ihrer
Kinder, aus der Zwangsverſteigerung zurück, dann ſind Sie
einen ganzen Poſten Schulden los. Nur nicht ängſtlich ſein
in ſolchen Dingen! Das iſt ja nur ein Mittel, ſich wieder zu
rangieren, wenn man nicht reüſſiert hat. Gott ſei Dank,
möchte ich ſagen, daß ſo etwas möglich iſt!“

Der Büttnerbauer ſchüttelte den Kopf. Den eigentlichen
Sinn des Vorſchlages hatte er wohl gar nicht erfaßt. Sein
Redlichkeitsgefühl ſagte ihm jedoch, daß hier etwas nicht in
Ordnung ſei.

Er wolle auf ſeinem Gute bleiben, erklärte er. Er hoffe
auch durchzukommen und ſeine Zinſen richtig bezahlen zu
können, wenn nur beſſere Zeiten kämen, und wenn ihm in¬
zwiſchen jemand helfend unter die Arme greifen wolle.

Inzwiſchen waren die Haferſäcke vom „Mutigen Ritter“
herangeſchafft worden, und wurden im Hofe abgeladen. Der
junge Mann aus dem Comptoir trat ein und machte Mel¬
dung davon. „Da wollen Sie alſo Ihr Geld gefälligſt in
Empfang nehmen, Herr Büttner,“ ſagte der Händler. „Vorn
an der Kaſſe. Ich komme mit Ihnen.“

Der Bauer empfing am Kaſſenpult das Geld und mußte
über den Empfang quittieren. Das nahm einige Zeit in
Anſpruch, da ſeiner Hand das Schreiben nicht mehr recht ge¬
läufig war. Endlich war er mit der ſchwierigen Prozedur
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W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 4
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[49/0063] Sie den Gläubigern die ganze Geſchichte hin. Sagen Sie ein¬ fach: ich thue nicht weiter mit. Mag's doch ein anderer ver¬ ſuchen, die Zinſen herauszuwirtſchaften, ich kanns nicht, ich hab's ſatt! — Paſſen Sie mal auf, was für Geſichter die dann machen werden. Von denen übernimmt's keiner, verlaſſen Sie ſich darauf! Die werden dann ſchon kommen und Sie bitten, daß Sie doch nur um Gotteswillen weiter auf dem Gute bleiben möchten, damit ihre Hypotheken nicht ausfallen. So¬ was iſt ſchon öfters mit Erfolg gemacht worden. Tragen Sie ſelbſt auf Subhaſtation an wegen Überſchuldung, dann wollen wir mal ſehen, was für Seiten die Gläubiger aufziehen werden. Vielleicht erſtehen Sie's dann ſelbſt, oder einer Ihrer Kinder, aus der Zwangsverſteigerung zurück, dann ſind Sie einen ganzen Poſten Schulden los. Nur nicht ängſtlich ſein in ſolchen Dingen! Das iſt ja nur ein Mittel, ſich wieder zu rangieren, wenn man nicht reüſſiert hat. Gott ſei Dank, möchte ich ſagen, daß ſo etwas möglich iſt!“ Der Büttnerbauer ſchüttelte den Kopf. Den eigentlichen Sinn des Vorſchlages hatte er wohl gar nicht erfaßt. Sein Redlichkeitsgefühl ſagte ihm jedoch, daß hier etwas nicht in Ordnung ſei. Er wolle auf ſeinem Gute bleiben, erklärte er. Er hoffe auch durchzukommen und ſeine Zinſen richtig bezahlen zu können, wenn nur beſſere Zeiten kämen, und wenn ihm in¬ zwiſchen jemand helfend unter die Arme greifen wolle. Inzwiſchen waren die Haferſäcke vom „Mutigen Ritter“ herangeſchafft worden, und wurden im Hofe abgeladen. Der junge Mann aus dem Comptoir trat ein und machte Mel¬ dung davon. „Da wollen Sie alſo Ihr Geld gefälligſt in Empfang nehmen, Herr Büttner,“ ſagte der Händler. „Vorn an der Kaſſe. Ich komme mit Ihnen.“ Der Bauer empfing am Kaſſenpult das Geld und mußte über den Empfang quittieren. Das nahm einige Zeit in Anſpruch, da ſeiner Hand das Schreiben nicht mehr recht ge¬ läufig war. Endlich war er mit der ſchwierigen Prozedur zu ſtande gekommen. Trotzdem er ſein Geld längſt durch¬ W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 4

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/63>, abgerufen am 27.11.2024.