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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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eingedrungen, der für Kolben und Flegel unerreichbar war,
der mit noch so derben Fäusten nicht aus dem Vaterlande
getrieben werden konnte, weil er körperlos war, ein Prinzip,
eine Lehre, ein System, aus der Fremde eingeschleppt, einer
Seuche gleich: der Romanismus!

War denn nicht der deutsche Bauer frei gewesen ehemals?
Frei, wie der Baum, der Halm, ein Gewächs des freien
Grund und Bodens, verantwortlich nur vor seinesgleichen, ge¬
bunden nur durch die Gesetze der Markgenossenschaft. Nur
die Gemeinde und ihre Rechte hatte er über sich, deren Lehns¬
mann er war, die ihm ein Stück der freien Wildnis zuwies,
damit er es urbar mache, und sich darauf ernähre.

In jenen natürlichen, urwüchsigen Zeiten, die noch nichts
von den knifflichen Definitionen der Gelehrten, vom pedantischen
Schreibwerk der Juristen, ahnten, war Besitz und Eigentum
noch eins; Thatsache und Recht fielen da zusammen. Wer
den Boden dem Urwalde abrang, der erwarb ihn, machte ihn
zu seinem Eigen. Die Ernte gehörte dem, der den Acker be¬
stellt und die Aussaat gemacht. Arbeit war der einzige Rechts¬
titel, welcher galt. Jeder Nachfolger mußte sich die Hufe und
die Frucht von neuem erwerben durch seiner Hände Werk.

Und nun drang ein fremder Geist von jenseits der Alpen
ein und verwirrte und verkehrte diese einfachen erdgewachsenen
Verhältnisse. Abgezogene Begriffe, aus einer toten Kultur
gesogen, wurden an Stelle des selbstgeschaffenen gut erprobten
deutschen Rechtes gesetzt.

Dieser fremde römische Geist war der Verderber. Über¬
all drang er ein, wie eine Krankheit. Bald beherrschte er
Staat, Kirche, Schule und Gerichte. Formalismus und Scholastik
waren seine übelgeratenen Kinder.

Am schwersten aber sollte unter dem fremden Produkt
der leiden, welcher von allen am wenigsten davon wußte und
verstand: der Bauer.

Alle anderen Stände verstanden es, sich das fremde
System zu Nutze zu machen. Ritter und Kaufmann wußten
seine Maximen zu verwerten, sich nur zu gut dem praktischen

eingedrungen, der für Kolben und Flegel unerreichbar war,
der mit noch ſo derben Fäuſten nicht aus dem Vaterlande
getrieben werden konnte, weil er körperlos war, ein Prinzip,
eine Lehre, ein Syſtem, aus der Fremde eingeſchleppt, einer
Seuche gleich: der Romanismus!

War denn nicht der deutſche Bauer frei geweſen ehemals?
Frei, wie der Baum, der Halm, ein Gewächs des freien
Grund und Bodens, verantwortlich nur vor ſeinesgleichen, ge¬
bunden nur durch die Geſetze der Markgenoſſenſchaft. Nur
die Gemeinde und ihre Rechte hatte er über ſich, deren Lehns¬
mann er war, die ihm ein Stück der freien Wildnis zuwies,
damit er es urbar mache, und ſich darauf ernähre.

In jenen natürlichen, urwüchſigen Zeiten, die noch nichts
von den knifflichen Definitionen der Gelehrten, vom pedantiſchen
Schreibwerk der Juriſten, ahnten, war Beſitz und Eigentum
noch eins; Thatſache und Recht fielen da zuſammen. Wer
den Boden dem Urwalde abrang, der erwarb ihn, machte ihn
zu ſeinem Eigen. Die Ernte gehörte dem, der den Acker be¬
ſtellt und die Ausſaat gemacht. Arbeit war der einzige Rechts¬
titel, welcher galt. Jeder Nachfolger mußte ſich die Hufe und
die Frucht von neuem erwerben durch ſeiner Hände Werk.

Und nun drang ein fremder Geiſt von jenſeits der Alpen
ein und verwirrte und verkehrte dieſe einfachen erdgewachſenen
Verhältniſſe. Abgezogene Begriffe, aus einer toten Kultur
geſogen, wurden an Stelle des ſelbſtgeſchaffenen gut erprobten
deutſchen Rechtes geſetzt.

Dieſer fremde römiſche Geiſt war der Verderber. Über¬
all drang er ein, wie eine Krankheit. Bald beherrſchte er
Staat, Kirche, Schule und Gerichte. Formalismus und Scholaſtik
waren ſeine übelgeratenen Kinder.

Am ſchwerſten aber ſollte unter dem fremden Produkt
der leiden, welcher von allen am wenigſten davon wußte und
verſtand: der Bauer.

Alle anderen Stände verſtanden es, ſich das fremde
Syſtem zu Nutze zu machen. Ritter und Kaufmann wußten
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[277/0291] eingedrungen, der für Kolben und Flegel unerreichbar war, der mit noch ſo derben Fäuſten nicht aus dem Vaterlande getrieben werden konnte, weil er körperlos war, ein Prinzip, eine Lehre, ein Syſtem, aus der Fremde eingeſchleppt, einer Seuche gleich: der Romanismus! War denn nicht der deutſche Bauer frei geweſen ehemals? Frei, wie der Baum, der Halm, ein Gewächs des freien Grund und Bodens, verantwortlich nur vor ſeinesgleichen, ge¬ bunden nur durch die Geſetze der Markgenoſſenſchaft. Nur die Gemeinde und ihre Rechte hatte er über ſich, deren Lehns¬ mann er war, die ihm ein Stück der freien Wildnis zuwies, damit er es urbar mache, und ſich darauf ernähre. In jenen natürlichen, urwüchſigen Zeiten, die noch nichts von den knifflichen Definitionen der Gelehrten, vom pedantiſchen Schreibwerk der Juriſten, ahnten, war Beſitz und Eigentum noch eins; Thatſache und Recht fielen da zuſammen. Wer den Boden dem Urwalde abrang, der erwarb ihn, machte ihn zu ſeinem Eigen. Die Ernte gehörte dem, der den Acker be¬ ſtellt und die Ausſaat gemacht. Arbeit war der einzige Rechts¬ titel, welcher galt. Jeder Nachfolger mußte ſich die Hufe und die Frucht von neuem erwerben durch ſeiner Hände Werk. Und nun drang ein fremder Geiſt von jenſeits der Alpen ein und verwirrte und verkehrte dieſe einfachen erdgewachſenen Verhältniſſe. Abgezogene Begriffe, aus einer toten Kultur geſogen, wurden an Stelle des ſelbſtgeſchaffenen gut erprobten deutſchen Rechtes geſetzt. Dieſer fremde römiſche Geiſt war der Verderber. Über¬ all drang er ein, wie eine Krankheit. Bald beherrſchte er Staat, Kirche, Schule und Gerichte. Formalismus und Scholaſtik waren ſeine übelgeratenen Kinder. Am ſchwerſten aber ſollte unter dem fremden Produkt der leiden, welcher von allen am wenigſten davon wußte und verſtand: der Bauer. Alle anderen Stände verſtanden es, ſich das fremde Syſtem zu Nutze zu machen. Ritter und Kaufmann wußten ſeine Maximen zu verwerten, ſich nur zu gut dem praktiſchen

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/291>, abgerufen am 23.11.2024.