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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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-- mit Worten hätte er dem gar nicht Ausdruck geben können --
ihm war es, als müsse dem Handel etwas Unrechtes zu Grunde
liegen, und als begehe er eine Leichtfertigkeit, wenn er sich
dazu hergebe.

Als der Agent zu ihm zurückkam, gab Gustav ihm den Kon¬
trakt zurück, sagte, er habe sich überzeugt, daß das nichts für
ihn sei, und wollte gehen.

Zittwitz faßte den jungen Mann am Ärmel, um sein
Forteilen zu verhindern. "Sie haben die Sache noch nicht
richtig verstanden; daran liegt's, mein Guter! Setzen wir uns
dorthin, ich werde Ihnen die Geschichte mal beim Glase Bier
haarklein auseinandersetzen. Und wenn Sie dann nicht mit
beiden Händen zugreifen, dann soll Sie und mich der Teufel
frikassieren!" Er führte Gustav in eine ruhige Ecke. Dort
setzte er sich und bestellte zwei Glas Bier.

"Also, was wollen Sie! Was gefällt Ihnen nicht an dem
Kontrakt?" fragte der Agent in seiner eindringlichen Weise.
Er hatte sich dicht vor Gustav hingesetzt, dessen Aufmerksam¬
keit gewissermaßen durch seine Körpernähe erzwingend. "Was
haben Sie auszusetzen? Welche Punkte wünschen Sie anders?"

Gustav, welcher sich schämte, einzugestehen, daß er den Kon¬
trakt gar nicht durchgelesen hatte, gab als Entschuldigung an,
daß er heiraten wolle.

"Das paßt ja ausgezeichnet!" rief der Agent, "dann
bringen wir die junge Frau mit!" und als errate er
Gustavs nähere Verhältnisse: "und auch die Kinder, wenn
schon Familie da ist. Das läßt sich alles einrichten, beim Auf¬
seher heißt das! Bei dem gewöhnlichen Arbeiter, versteht sich,
wird dergleichen nicht geduldet. -- Sehen Sie, mein Lieber,
Sie haben ja keine Ahnung, wie schön und angenehm Sie dort
alles vorfinden. Ein Haus ganz für sich, für Sie und
die Arbeiter. Sie führen die Oberaufsicht. Kein Mensch
hat Ihnen da was 'reinzureden in Ihren Kram. Natürlich
auf Ordnung müssen Sie halten. Nun, das sind Sie ja vom
Militär her gewöhnt. Ihre Frau versorgt den Herd, während
die Mädel auf Arbeit gehen. Ist das nicht ein herrliches

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 16

— mit Worten hätte er dem gar nicht Ausdruck geben können —
ihm war es, als müſſe dem Handel etwas Unrechtes zu Grunde
liegen, und als begehe er eine Leichtfertigkeit, wenn er ſich
dazu hergebe.

Als der Agent zu ihm zurückkam, gab Guſtav ihm den Kon¬
trakt zurück, ſagte, er habe ſich überzeugt, daß das nichts für
ihn ſei, und wollte gehen.

Zittwitz faßte den jungen Mann am Ärmel, um ſein
Forteilen zu verhindern. „Sie haben die Sache noch nicht
richtig verſtanden; daran liegt's, mein Guter! Setzen wir uns
dorthin, ich werde Ihnen die Geſchichte mal beim Glaſe Bier
haarklein auseinanderſetzen. Und wenn Sie dann nicht mit
beiden Händen zugreifen, dann ſoll Sie und mich der Teufel
frikaſſieren!“ Er führte Guſtav in eine ruhige Ecke. Dort
ſetzte er ſich und beſtellte zwei Glas Bier.

„Alſo, was wollen Sie! Was gefällt Ihnen nicht an dem
Kontrakt?“ fragte der Agent in ſeiner eindringlichen Weiſe.
Er hatte ſich dicht vor Guſtav hingeſetzt, deſſen Aufmerkſam¬
keit gewiſſermaßen durch ſeine Körpernähe erzwingend. „Was
haben Sie auszuſetzen? Welche Punkte wünſchen Sie anders?“

Guſtav, welcher ſich ſchämte, einzugeſtehen, daß er den Kon¬
trakt gar nicht durchgeleſen hatte, gab als Entſchuldigung an,
daß er heiraten wolle.

„Das paßt ja ausgezeichnet!“ rief der Agent, „dann
bringen wir die junge Frau mit!“ und als errate er
Guſtavs nähere Verhältniſſe: „und auch die Kinder, wenn
ſchon Familie da iſt. Das läßt ſich alles einrichten, beim Auf¬
ſeher heißt das! Bei dem gewöhnlichen Arbeiter, verſteht ſich,
wird dergleichen nicht geduldet. — Sehen Sie, mein Lieber,
Sie haben ja keine Ahnung, wie ſchön und angenehm Sie dort
alles vorfinden. Ein Haus ganz für ſich, für Sie und
die Arbeiter. Sie führen die Oberaufſicht. Kein Menſch
hat Ihnen da was 'reinzureden in Ihren Kram. Natürlich
auf Ordnung müſſen Sie halten. Nun, das ſind Sie ja vom
Militär her gewöhnt. Ihre Frau verſorgt den Herd, während
die Mädel auf Arbeit gehen. Iſt das nicht ein herrliches

W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 16
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[241/0255] — mit Worten hätte er dem gar nicht Ausdruck geben können — ihm war es, als müſſe dem Handel etwas Unrechtes zu Grunde liegen, und als begehe er eine Leichtfertigkeit, wenn er ſich dazu hergebe. Als der Agent zu ihm zurückkam, gab Guſtav ihm den Kon¬ trakt zurück, ſagte, er habe ſich überzeugt, daß das nichts für ihn ſei, und wollte gehen. Zittwitz faßte den jungen Mann am Ärmel, um ſein Forteilen zu verhindern. „Sie haben die Sache noch nicht richtig verſtanden; daran liegt's, mein Guter! Setzen wir uns dorthin, ich werde Ihnen die Geſchichte mal beim Glaſe Bier haarklein auseinanderſetzen. Und wenn Sie dann nicht mit beiden Händen zugreifen, dann ſoll Sie und mich der Teufel frikaſſieren!“ Er führte Guſtav in eine ruhige Ecke. Dort ſetzte er ſich und beſtellte zwei Glas Bier. „Alſo, was wollen Sie! Was gefällt Ihnen nicht an dem Kontrakt?“ fragte der Agent in ſeiner eindringlichen Weiſe. Er hatte ſich dicht vor Guſtav hingeſetzt, deſſen Aufmerkſam¬ keit gewiſſermaßen durch ſeine Körpernähe erzwingend. „Was haben Sie auszuſetzen? Welche Punkte wünſchen Sie anders?“ Guſtav, welcher ſich ſchämte, einzugeſtehen, daß er den Kon¬ trakt gar nicht durchgeleſen hatte, gab als Entſchuldigung an, daß er heiraten wolle. „Das paßt ja ausgezeichnet!“ rief der Agent, „dann bringen wir die junge Frau mit!“ und als errate er Guſtavs nähere Verhältniſſe: „und auch die Kinder, wenn ſchon Familie da iſt. Das läßt ſich alles einrichten, beim Auf¬ ſeher heißt das! Bei dem gewöhnlichen Arbeiter, verſteht ſich, wird dergleichen nicht geduldet. — Sehen Sie, mein Lieber, Sie haben ja keine Ahnung, wie ſchön und angenehm Sie dort alles vorfinden. Ein Haus ganz für ſich, für Sie und die Arbeiter. Sie führen die Oberaufſicht. Kein Menſch hat Ihnen da was 'reinzureden in Ihren Kram. Natürlich auf Ordnung müſſen Sie halten. Nun, das ſind Sie ja vom Militär her gewöhnt. Ihre Frau verſorgt den Herd, während die Mädel auf Arbeit gehen. Iſt das nicht ein herrliches W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 16

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/255>, abgerufen am 24.11.2024.