"Der Herr Graf werden aber viel zu hoch bezahlen. Wir würden dem Herrn Grafen den Wald billiger verschaffen."
Der Graf musterte den Sprecher mit erstaunter Miene. Erst jetzt sah er sich den Menschen richtig an, der sich mit solcher Unverfrorenheit an ihn herandrängte. Das schien ja ein possierlicher Bursche zu sein! Der Graf lachte. "Wer sind Sie denn eigentlich, Verehrter! Ich wollte Ihnen blos bemerken, daß ich keine Zwischenhändler brauche, wenn ich mit einem meiner Bauern handeln will."
"Herr Graf! Ich komme nicht im eignen Namen, das würde ich mir nicht erlauben. Ich bin Kommissionär. Ich komme im Auftrage der Firma Samuel Harrassowitz. Der Name ist Ihnen gewiß bekannt Herr Graf. Eine große Ge¬ treidehandlung, der Inhaber ist ein feiner und durch und durch reeller Geschäftsmann."
Bei Nennung des Namens "Harrassowitz" stutzte der Graf. Er war aufgestanden und suchte etwas auf der Schreib¬ tischplatte. "Mir schreibt hier mein Güterdirektor" . . . . . Er wühlte in einem Berge von Papieren, die einen etwas unge¬ ordneten Eindruck machten. "Ich kann den Brief gerade nicht finden." Den Späheraugen des Kommissionärs entging die Nachlässigkeit, mit der der Graf in den Papieren stöberte, nicht. "Na, egal! Hauptmann Schroff schreibt mir, daß dieser -- dieser . . . . den Sie eben nannten . . . ."
"Harrassowitz!" beeilte sich Schmeiß zu ergänzen, der schon bemerkt hatte, daß das Namensgedächtnis des Grafen ziemlich mangelhaft war.
"Ganz recht! Dieser Harassowitz soll sich ja mit Güter¬ schlächterei befassen."
Jetzt hielt es Edmund Schmeiß für zeitgemäß, einen Trumpf auszuspielen. Er erhob sich mit gekränkter Miene, und sagte: "Ich bedaure, daß der Herr Graf so falsch berichtet sind. Harrassowitz ist ein Ehrenmann durch und durch. Er ist mein Freund!" Er knöpfte seinen Rock zu, wie er es auf dem Theater von beleidigten Helden gesehen hatte, und machte ernsthaft Miene, zu gehen.
14 *
„Der Herr Graf werden aber viel zu hoch bezahlen. Wir würden dem Herrn Grafen den Wald billiger verſchaffen.“
Der Graf muſterte den Sprecher mit erſtaunter Miene. Erſt jetzt ſah er ſich den Menſchen richtig an, der ſich mit ſolcher Unverfrorenheit an ihn herandrängte. Das ſchien ja ein poſſierlicher Burſche zu ſein! Der Graf lachte. „Wer ſind Sie denn eigentlich, Verehrter! Ich wollte Ihnen blos bemerken, daß ich keine Zwiſchenhändler brauche, wenn ich mit einem meiner Bauern handeln will.“
„Herr Graf! Ich komme nicht im eignen Namen, das würde ich mir nicht erlauben. Ich bin Kommiſſionär. Ich komme im Auftrage der Firma Samuel Harraſſowitz. Der Name iſt Ihnen gewiß bekannt Herr Graf. Eine große Ge¬ treidehandlung, der Inhaber iſt ein feiner und durch und durch reeller Geſchäftsmann.“
Bei Nennung des Namens „Harraſſowitz“ ſtutzte der Graf. Er war aufgeſtanden und ſuchte etwas auf der Schreib¬ tiſchplatte. „Mir ſchreibt hier mein Güterdirektor“ . . . . . Er wühlte in einem Berge von Papieren, die einen etwas unge¬ ordneten Eindruck machten. „Ich kann den Brief gerade nicht finden.“ Den Späheraugen des Kommiſſionärs entging die Nachläſſigkeit, mit der der Graf in den Papieren ſtöberte, nicht. „Na, egal! Hauptmann Schroff ſchreibt mir, daß dieſer — dieſer . . . . den Sie eben nannten . . . .“
„Harraſſowitz!“ beeilte ſich Schmeiß zu ergänzen, der ſchon bemerkt hatte, daß das Namensgedächtnis des Grafen ziemlich mangelhaft war.
„Ganz recht! Dieſer Haraſſowitz ſoll ſich ja mit Güter¬ ſchlächterei befaſſen.“
Jetzt hielt es Edmund Schmeiß für zeitgemäß, einen Trumpf auszuſpielen. Er erhob ſich mit gekränkter Miene, und ſagte: „Ich bedaure, daß der Herr Graf ſo falſch berichtet ſind. Harraſſowitz iſt ein Ehrenmann durch und durch. Er iſt mein Freund!“ Er knöpfte ſeinen Rock zu, wie er es auf dem Theater von beleidigten Helden geſehen hatte, und machte ernſthaft Miene, zu gehen.
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„Der Herr Graf werden aber viel zu hoch bezahlen. Wir
würden dem Herrn Grafen den Wald billiger verſchaffen.“
Der Graf muſterte den Sprecher mit erſtaunter Miene.
Erſt jetzt ſah er ſich den Menſchen richtig an, der ſich mit
ſolcher Unverfrorenheit an ihn herandrängte. Das ſchien ja
ein poſſierlicher Burſche zu ſein! Der Graf lachte. „Wer
ſind Sie denn eigentlich, Verehrter! Ich wollte Ihnen blos
bemerken, daß ich keine Zwiſchenhändler brauche, wenn ich mit
einem meiner Bauern handeln will.“
„Herr Graf! Ich komme nicht im eignen Namen, das
würde ich mir nicht erlauben. Ich bin Kommiſſionär. Ich
komme im Auftrage der Firma Samuel Harraſſowitz. Der
Name iſt Ihnen gewiß bekannt Herr Graf. Eine große Ge¬
treidehandlung, der Inhaber iſt ein feiner und durch und durch
reeller Geſchäftsmann.“
Bei Nennung des Namens „Harraſſowitz“ ſtutzte der Graf.
Er war aufgeſtanden und ſuchte etwas auf der Schreib¬
tiſchplatte. „Mir ſchreibt hier mein Güterdirektor“ . . . . . Er
wühlte in einem Berge von Papieren, die einen etwas unge¬
ordneten Eindruck machten. „Ich kann den Brief gerade nicht
finden.“ Den Späheraugen des Kommiſſionärs entging die
Nachläſſigkeit, mit der der Graf in den Papieren ſtöberte, nicht.
„Na, egal! Hauptmann Schroff ſchreibt mir, daß dieſer —
dieſer . . . . den Sie eben nannten . . . .“
„Harraſſowitz!“ beeilte ſich Schmeiß zu ergänzen, der ſchon
bemerkt hatte, daß das Namensgedächtnis des Grafen ziemlich
mangelhaft war.
„Ganz recht! Dieſer Haraſſowitz ſoll ſich ja mit Güter¬
ſchlächterei befaſſen.“
Jetzt hielt es Edmund Schmeiß für zeitgemäß, einen
Trumpf auszuſpielen. Er erhob ſich mit gekränkter Miene, und
ſagte: „Ich bedaure, daß der Herr Graf ſo falſch berichtet
ſind. Harraſſowitz iſt ein Ehrenmann durch und durch. Er
iſt mein Freund!“ Er knöpfte ſeinen Rock zu, wie er es auf
dem Theater von beleidigten Helden geſehen hatte, und machte
ernſthaft Miene, zu gehen.
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/225>, abgerufen am 02.02.2025.
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