Menschenkenntnis war gerade nicht die starke Seite des Grafen. Er war arglos und gutmütig von Natur. Der Ge¬ danke, jemanden gekränkt zu haben, war ihm peinlich. Er meinte in beschwichtigendem Tone: "Na, bleiben Sie nur, bleiben Sie! Die Sache wird wohl nicht so gefährlich sein."
"Ja, aber "Güterschlächterei" ist ein schwerwiegendes Wort, Herr Graf! Wenn ich mir meinen Freund Harrassowitz dazu denke. -- Ich will ihm die Bemerkung des Herrn Grafen lieber nicht hinterbringen."
Der Graf merkte die versteckte Drohung nicht, die in diesen Worten liegen sollte. Völlig arglos sagte er: "Die Sache ist nun gut! Setzen Sie sich wieder, und echauffieren Sie sich nicht unnötig!"
"Wollen der Herr Graf mich weiter anhören?" fragte Schmeiß, mit gut geheuchelter Miene eines Verletzten, der sich zur Versöhnung bereit finden lassen will. Im Innern trium¬ phierte er.
"Ja, bitte, fahren Sie fort! Was wollen Sie denn eigent¬ lich, oder was will Ihr Harrassowitz von mir? Das verstehe ich immer noch nicht. Da ist dieser Bauer, dieser. . . . dieser . . . . in Halbenau."
"Büttner! meinen der Herr Graf, jedenfalls."
"Jawohl, Büttner! Ein alter, ehrlicher Kerl, wie mir scheint, dem die Zwangsversteigerung droht, wie Hauptmann Schroff schreibt. Der Mann soll mit ein paar tausend Mark zu retten sein."
"Gestatten der Herr Graf, daß ich hier unterbreche! Die Erfahrungen, die wir mit dem alten Büttner gemacht haben, sind etwas anders geartet. Wir sind der Ansicht, daß der Herr Graf verlockt werden sollen, einen Unwürdigen zu unterstützen. Der Herr Graf sollen Ihr gutes Geld hergeben für eine Sache, die, gelinde ausgedrückt, sehr zweifelhaft ist. Das ist der Plan, hinter den wir gekommen sind. Und um das zu ver¬ hindern, Herr Graf, bin ich nach Berlin gereist."
Schmeiß beobachtete, während er mit der Miene des mora¬ lisch entrüsteten Biedermannes sprach, die Züge des Grafen mit
Menſchenkenntnis war gerade nicht die ſtarke Seite des Grafen. Er war arglos und gutmütig von Natur. Der Ge¬ danke, jemanden gekränkt zu haben, war ihm peinlich. Er meinte in beſchwichtigendem Tone: „Na, bleiben Sie nur, bleiben Sie! Die Sache wird wohl nicht ſo gefährlich ſein.“
„Ja, aber „Güterſchlächterei“ iſt ein ſchwerwiegendes Wort, Herr Graf! Wenn ich mir meinen Freund Harraſſowitz dazu denke. — Ich will ihm die Bemerkung des Herrn Grafen lieber nicht hinterbringen.“
Der Graf merkte die verſteckte Drohung nicht, die in dieſen Worten liegen ſollte. Völlig arglos ſagte er: „Die Sache iſt nun gut! Setzen Sie ſich wieder, und echauffieren Sie ſich nicht unnötig!“
„Wollen der Herr Graf mich weiter anhören?“ fragte Schmeiß, mit gut geheuchelter Miene eines Verletzten, der ſich zur Verſöhnung bereit finden laſſen will. Im Innern trium¬ phierte er.
„Ja, bitte, fahren Sie fort! Was wollen Sie denn eigent¬ lich, oder was will Ihr Harraſſowitz von mir? Das verſtehe ich immer noch nicht. Da iſt dieſer Bauer, dieſer. . . . dieſer . . . . in Halbenau.“
„Büttner! meinen der Herr Graf, jedenfalls.“
„Jawohl, Büttner! Ein alter, ehrlicher Kerl, wie mir ſcheint, dem die Zwangsverſteigerung droht, wie Hauptmann Schroff ſchreibt. Der Mann ſoll mit ein paar tauſend Mark zu retten ſein.“
„Geſtatten der Herr Graf, daß ich hier unterbreche! Die Erfahrungen, die wir mit dem alten Büttner gemacht haben, ſind etwas anders geartet. Wir ſind der Anſicht, daß der Herr Graf verlockt werden ſollen, einen Unwürdigen zu unterſtützen. Der Herr Graf ſollen Ihr gutes Geld hergeben für eine Sache, die, gelinde ausgedrückt, ſehr zweifelhaft iſt. Das iſt der Plan, hinter den wir gekommen ſind. Und um das zu ver¬ hindern, Herr Graf, bin ich nach Berlin gereiſt.“
Schmeiß beobachtete, während er mit der Miene des mora¬ liſch entrüſteten Biedermannes ſprach, die Züge des Grafen mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0226"n="212"/><p>Menſchenkenntnis war gerade nicht die ſtarke Seite des<lb/>
Grafen. Er war arglos und gutmütig von Natur. Der Ge¬<lb/>
danke, jemanden gekränkt zu haben, war ihm peinlich. Er<lb/>
meinte in beſchwichtigendem Tone: „Na, bleiben Sie nur,<lb/>
bleiben Sie! Die Sache wird wohl nicht ſo gefährlich ſein.“</p><lb/><p>„Ja, aber „Güterſchlächterei“ iſt ein ſchwerwiegendes Wort,<lb/>
Herr Graf! Wenn ich mir meinen Freund Harraſſowitz dazu<lb/>
denke. — Ich will ihm die Bemerkung des Herrn Grafen lieber<lb/>
nicht hinterbringen.“</p><lb/><p>Der Graf merkte die verſteckte Drohung nicht, die in<lb/>
dieſen Worten liegen ſollte. Völlig arglos ſagte er: „Die<lb/>
Sache iſt nun gut! Setzen Sie ſich wieder, und echauffieren<lb/>
Sie ſich nicht unnötig!“</p><lb/><p>„Wollen der Herr Graf mich weiter anhören?“ fragte<lb/>
Schmeiß, mit gut geheuchelter Miene eines Verletzten, der ſich<lb/>
zur Verſöhnung bereit finden laſſen will. Im Innern trium¬<lb/>
phierte er.</p><lb/><p>„Ja, bitte, fahren Sie fort! Was wollen Sie denn eigent¬<lb/>
lich, oder was will Ihr Harraſſowitz von mir? Das verſtehe<lb/>
ich immer noch nicht. Da iſt dieſer Bauer, dieſer. . . . dieſer<lb/>
. . . . in Halbenau.“</p><lb/><p>„Büttner! meinen der Herr Graf, jedenfalls.“</p><lb/><p>„Jawohl, Büttner! Ein alter, ehrlicher Kerl, wie mir<lb/>ſcheint, dem die Zwangsverſteigerung droht, wie Hauptmann<lb/>
Schroff ſchreibt. Der Mann ſoll mit ein paar tauſend Mark<lb/>
zu retten ſein.“</p><lb/><p>„Geſtatten der Herr Graf, daß ich hier unterbreche! Die<lb/>
Erfahrungen, die wir mit dem alten Büttner gemacht haben,<lb/>ſind etwas anders geartet. Wir ſind der Anſicht, daß der Herr<lb/>
Graf verlockt werden ſollen, einen Unwürdigen zu unterſtützen.<lb/>
Der Herr Graf ſollen Ihr gutes Geld hergeben für eine Sache,<lb/>
die, gelinde ausgedrückt, ſehr zweifelhaft iſt. Das iſt der<lb/>
Plan, hinter den wir gekommen ſind. Und um das zu ver¬<lb/>
hindern, Herr Graf, bin ich nach Berlin gereiſt.“</p><lb/><p>Schmeiß beobachtete, während er mit der Miene des mora¬<lb/>
liſch entrüſteten Biedermannes ſprach, die Züge des Grafen mit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[212/0226]
Menſchenkenntnis war gerade nicht die ſtarke Seite des
Grafen. Er war arglos und gutmütig von Natur. Der Ge¬
danke, jemanden gekränkt zu haben, war ihm peinlich. Er
meinte in beſchwichtigendem Tone: „Na, bleiben Sie nur,
bleiben Sie! Die Sache wird wohl nicht ſo gefährlich ſein.“
„Ja, aber „Güterſchlächterei“ iſt ein ſchwerwiegendes Wort,
Herr Graf! Wenn ich mir meinen Freund Harraſſowitz dazu
denke. — Ich will ihm die Bemerkung des Herrn Grafen lieber
nicht hinterbringen.“
Der Graf merkte die verſteckte Drohung nicht, die in
dieſen Worten liegen ſollte. Völlig arglos ſagte er: „Die
Sache iſt nun gut! Setzen Sie ſich wieder, und echauffieren
Sie ſich nicht unnötig!“
„Wollen der Herr Graf mich weiter anhören?“ fragte
Schmeiß, mit gut geheuchelter Miene eines Verletzten, der ſich
zur Verſöhnung bereit finden laſſen will. Im Innern trium¬
phierte er.
„Ja, bitte, fahren Sie fort! Was wollen Sie denn eigent¬
lich, oder was will Ihr Harraſſowitz von mir? Das verſtehe
ich immer noch nicht. Da iſt dieſer Bauer, dieſer. . . . dieſer
. . . . in Halbenau.“
„Büttner! meinen der Herr Graf, jedenfalls.“
„Jawohl, Büttner! Ein alter, ehrlicher Kerl, wie mir
ſcheint, dem die Zwangsverſteigerung droht, wie Hauptmann
Schroff ſchreibt. Der Mann ſoll mit ein paar tauſend Mark
zu retten ſein.“
„Geſtatten der Herr Graf, daß ich hier unterbreche! Die
Erfahrungen, die wir mit dem alten Büttner gemacht haben,
ſind etwas anders geartet. Wir ſind der Anſicht, daß der Herr
Graf verlockt werden ſollen, einen Unwürdigen zu unterſtützen.
Der Herr Graf ſollen Ihr gutes Geld hergeben für eine Sache,
die, gelinde ausgedrückt, ſehr zweifelhaft iſt. Das iſt der
Plan, hinter den wir gekommen ſind. Und um das zu ver¬
hindern, Herr Graf, bin ich nach Berlin gereiſt.“
Schmeiß beobachtete, während er mit der Miene des mora¬
liſch entrüſteten Biedermannes ſprach, die Züge des Grafen mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/226>, abgerufen am 02.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.