seiner Worte entgegengebracht wurde. Sein Blick fiel auch auf Toni. Seine zudringlichen, alles Zweideutige ausspürenden und aufstöbernden Blicke ruhten so lange auf der Figur des Mädchens, bis Toni sich errötend abwandte, um sich in einer dunkleren Ecke etwas zu schaffen zu machen.
Der Händler winkte sich die alte Bäuerin heran. "Wie steht denn das mit Ihrer Tochter dort, Frau Büttner?" fragte er, und gab sich kaum die Mühe, seine Stimme zu dämpfen. "Verheiratet ist sie meines Wissens doch nicht -- he!" Mit schnüffelnder Miene spähte er dabei immer nach dem Mädchen hinüber.
"Ach, Se meenen und Se denken, weil daß se . . . . ."
Und nun folgte eine lange Auseinandersetzung von Tonis Liebesgeschichte. Es war weniger Entrüstung oder Trauer, was in den Worten der Mutter zum Ausdruck kam, als Ärger, daß dem Mädchen eine solche Dummheit passiert war. Beide Töchter waren im Zimmer und hörten jedes Wort, das die Bäuerin über den Fall sagte.
Harrassowitz hörte mit einem gewissen Behagen zu, und nickte hin und wieder mit dem Kopfe. "Ja, ja, so geht's! Die jungen Dinger sind immer nicht vorsichtig genug. Und ehe man sich's versieht, ist ein neuer Weltbürger da. Na, man muß immer noch das Beste daraus zu machen suchen. Haben Sie denn noch gar nicht daran gedacht, Ihre Tochter als Amme gehen zu lassen, Mama Büttnern?"
Die Bäuerin verstand nicht, was er damit meinte.
"Nun ja, als Amme! Verstehen Sie nicht? Da kann sich so ein Mädchen heut zu Tage ein schönes Stück Geld mit verdienen. Wenn ein Mädel gesund ist und stark, -- verstehen Sie. In den Städten wird das sehr gesucht. Lassen Sie Ihre Tochter mal dort aus der Ecke herauskommen."
Das Mädchen zögerte, dem Ansinnen des Händlers Folge zu leisten. "Toni!" rief die willfährige Mutter, "De sollst kommen, herst De ne! Zu Herrn Harrassowitz. Er will D'ch sahn." Toni kam schließlich zum Vorschein; sie wußte nicht, wohin blicken vor Verlegenheit. Sie lachte krampf¬
ſeiner Worte entgegengebracht wurde. Sein Blick fiel auch auf Toni. Seine zudringlichen, alles Zweideutige ausſpürenden und aufſtöbernden Blicke ruhten ſo lange auf der Figur des Mädchens, bis Toni ſich errötend abwandte, um ſich in einer dunkleren Ecke etwas zu ſchaffen zu machen.
Der Händler winkte ſich die alte Bäuerin heran. „Wie ſteht denn das mit Ihrer Tochter dort, Frau Büttner?“ fragte er, und gab ſich kaum die Mühe, ſeine Stimme zu dämpfen. „Verheiratet iſt ſie meines Wiſſens doch nicht — he!“ Mit ſchnüffelnder Miene ſpähte er dabei immer nach dem Mädchen hinüber.
„Ach, Se meenen und Se denken, weil daß ſe . . . . .“
Und nun folgte eine lange Auseinanderſetzung von Tonis Liebesgeſchichte. Es war weniger Entrüſtung oder Trauer, was in den Worten der Mutter zum Ausdruck kam, als Ärger, daß dem Mädchen eine ſolche Dummheit paſſiert war. Beide Töchter waren im Zimmer und hörten jedes Wort, das die Bäuerin über den Fall ſagte.
Harraſſowitz hörte mit einem gewiſſen Behagen zu, und nickte hin und wieder mit dem Kopfe. „Ja, ja, ſo geht's! Die jungen Dinger ſind immer nicht vorſichtig genug. Und ehe man ſich's verſieht, iſt ein neuer Weltbürger da. Na, man muß immer noch das Beſte daraus zu machen ſuchen. Haben Sie denn noch gar nicht daran gedacht, Ihre Tochter als Amme gehen zu laſſen, Mama Büttnern?“
Die Bäuerin verſtand nicht, was er damit meinte.
„Nun ja, als Amme! Verſtehen Sie nicht? Da kann ſich ſo ein Mädchen heut zu Tage ein ſchönes Stück Geld mit verdienen. Wenn ein Mädel geſund iſt und ſtark, — verſtehen Sie. In den Städten wird das ſehr geſucht. Laſſen Sie Ihre Tochter mal dort aus der Ecke herauskommen.“
Das Mädchen zögerte, dem Anſinnen des Händlers Folge zu leiſten. „Toni!“ rief die willfährige Mutter, „De ſollſt kommen, herſt De ne! Zu Herrn Harraſſowitz. Er will D'ch ſahn.“ Toni kam ſchließlich zum Vorſchein; ſie wußte nicht, wohin blicken vor Verlegenheit. Sie lachte krampf¬
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ſeiner Worte entgegengebracht wurde. Sein Blick fiel auch auf
Toni. Seine zudringlichen, alles Zweideutige ausſpürenden
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Mädchens, bis Toni ſich errötend abwandte, um ſich in einer
dunkleren Ecke etwas zu ſchaffen zu machen.
Der Händler winkte ſich die alte Bäuerin heran. „Wie ſteht
denn das mit Ihrer Tochter dort, Frau Büttner?“ fragte er,
und gab ſich kaum die Mühe, ſeine Stimme zu dämpfen.
„Verheiratet iſt ſie meines Wiſſens doch nicht — he!“ Mit
ſchnüffelnder Miene ſpähte er dabei immer nach dem Mädchen
hinüber.
„Ach, Se meenen und Se denken, weil daß ſe . . . . .“
Und nun folgte eine lange Auseinanderſetzung von Tonis
Liebesgeſchichte. Es war weniger Entrüſtung oder Trauer, was
in den Worten der Mutter zum Ausdruck kam, als Ärger,
daß dem Mädchen eine ſolche Dummheit paſſiert war. Beide
Töchter waren im Zimmer und hörten jedes Wort, das die
Bäuerin über den Fall ſagte.
Harraſſowitz hörte mit einem gewiſſen Behagen zu, und
nickte hin und wieder mit dem Kopfe. „Ja, ja, ſo geht's! Die
jungen Dinger ſind immer nicht vorſichtig genug. Und ehe
man ſich's verſieht, iſt ein neuer Weltbürger da. Na, man
muß immer noch das Beſte daraus zu machen ſuchen. Haben
Sie denn noch gar nicht daran gedacht, Ihre Tochter als Amme
gehen zu laſſen, Mama Büttnern?“
Die Bäuerin verſtand nicht, was er damit meinte.
„Nun ja, als Amme! Verſtehen Sie nicht? Da kann
ſich ſo ein Mädchen heut zu Tage ein ſchönes Stück Geld
mit verdienen. Wenn ein Mädel geſund iſt und ſtark, —
verſtehen Sie. In den Städten wird das ſehr geſucht. Laſſen
Sie Ihre Tochter mal dort aus der Ecke herauskommen.“
Das Mädchen zögerte, dem Anſinnen des Händlers Folge
zu leiſten. „Toni!“ rief die willfährige Mutter, „De ſollſt
kommen, herſt De ne! Zu Herrn Harraſſowitz. Er will
D'ch ſahn.“ Toni kam ſchließlich zum Vorſchein; ſie wußte
nicht, wohin blicken vor Verlegenheit. Sie lachte krampf¬
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/210>, abgerufen am 22.12.2024.
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