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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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das Wasser an, und schaffte heran, was nur irgend im Hause
an Leckerbissen aufzutreiben war.

Sam entledigte sich inzwischen seines Nerzpelzes, der nach
seiner Angabe von den Mädchen breit am Kachelofen aufge¬
hangen wurde, damit er nicht auskühle. Dann ließ er sich
selbst in der Nähe des Ofens nieder. "Ein hübsches warmes
Zimmer haben Sie hier, Mama Büttnern!" sagte er in ge¬
mütlich scherzendem Tone. "Es geht nichts über die Tem¬
peratur in den Bauernstuben. Ich wollte eigentlich erst durch¬
fahren, durch Halbenau; dann dachte ich: mußt doch mal sehen,
was Büttners machen."

Die Bäuerin wußte kaum, wie sie ihren Dank für soviel
Ehre in Worte kleiden sollte.

"Jetzt im Winter ist ruhige Zeit auf dem Lande," fuhr
er fort. "Keine Arbeit auf dem Felde, was? Im Frühjahre
da geht's dann wieder ordentlich los, mit allen Kräften. Sie
haben ja jetzt auch Ihren zweiten Sohn hier, wie ich höre."

"Se meenen Gustaven?"

"Der bei den Soldaten war bis vor Kurzem; der wird
dem Vater nun wohl tüchtig in der Wirtschaft helfen?"

"Freil'ch! Das mechte aben sein! Aber, er thutt sich sei
Madel heiraten. Und hernachen da will er furt von uns. Ar
spricht, er wullte sei eegner Herre sein. 's gefällt 'n ni mih
zu Hause. Ar gieht, und ar sieht s'ch nach an Dienste im.
Vurden gerade, eh' Se kamen, is er uf'n Huf geganga,
wegen aner Kutscherstelle. Ar spricht, er mechte als Kutscher
giehn bein Grafen, spricht 'r."

"So so! Zum Grafen will er. Sagen Sie Ihrem Sohn
mal von mir, das soll er lieber bleiben lassen. Herrschaftlicher
Dienst, das ist schlimmer, als Sklaverei. Er mag lieber zu
mir kommen. Ich werde ihm schon was verschaffen. Drüben
in Wörmsbach zum Beispiel, da habe ich gerade eine Stelle,
die wäre für einen tüchtigen jungen Landwirt wie geschaffen.
Haus, Garten, einige zwanzig Morgen Feld dazu. Ich würde
ihm die Pacht billig lassen. Dort könnte er sein Glück machen.
Sagen Sie ihm das von mir!"

das Waſſer an, und ſchaffte heran, was nur irgend im Hauſe
an Leckerbiſſen aufzutreiben war.

Sam entledigte ſich inzwiſchen ſeines Nerzpelzes, der nach
ſeiner Angabe von den Mädchen breit am Kachelofen aufge¬
hangen wurde, damit er nicht auskühle. Dann ließ er ſich
ſelbſt in der Nähe des Ofens nieder. „Ein hübſches warmes
Zimmer haben Sie hier, Mama Büttnern!“ ſagte er in ge¬
mütlich ſcherzendem Tone. „Es geht nichts über die Tem¬
peratur in den Bauernſtuben. Ich wollte eigentlich erſt durch¬
fahren, durch Halbenau; dann dachte ich: mußt doch mal ſehen,
was Büttners machen.“

Die Bäuerin wußte kaum, wie ſie ihren Dank für ſoviel
Ehre in Worte kleiden ſollte.

„Jetzt im Winter iſt ruhige Zeit auf dem Lande,“ fuhr
er fort. „Keine Arbeit auf dem Felde, was? Im Frühjahre
da geht's dann wieder ordentlich los, mit allen Kräften. Sie
haben ja jetzt auch Ihren zweiten Sohn hier, wie ich höre.“

„Se meenen Guſtaven?“

„Der bei den Soldaten war bis vor Kurzem; der wird
dem Vater nun wohl tüchtig in der Wirtſchaft helfen?“

„Freil'ch! Das mechte aben ſein! Aber, er thutt ſich ſei
Madel heiraten. Und hernachen da will er furt von uns. Ar
ſpricht, er wullte ſei eegner Herre ſein. 's gefällt 'n ni mih
zu Hauſe. Ar gieht, und ar ſieht ſ'ch nach an Dienſte im.
Vurden gerade, eh' Se kamen, is er uf'n Huf geganga,
wegen aner Kutſcherſtelle. Ar ſpricht, er mechte als Kutſcher
giehn bein Grafen, ſpricht 'r.“

„So ſo! Zum Grafen will er. Sagen Sie Ihrem Sohn
mal von mir, das ſoll er lieber bleiben laſſen. Herrſchaftlicher
Dienſt, das iſt ſchlimmer, als Sklaverei. Er mag lieber zu
mir kommen. Ich werde ihm ſchon was verſchaffen. Drüben
in Wörmsbach zum Beiſpiel, da habe ich gerade eine Stelle,
die wäre für einen tüchtigen jungen Landwirt wie geſchaffen.
Haus, Garten, einige zwanzig Morgen Feld dazu. Ich würde
ihm die Pacht billig laſſen. Dort könnte er ſein Glück machen.
Sagen Sie ihm das von mir!“

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[194/0208] das Waſſer an, und ſchaffte heran, was nur irgend im Hauſe an Leckerbiſſen aufzutreiben war. Sam entledigte ſich inzwiſchen ſeines Nerzpelzes, der nach ſeiner Angabe von den Mädchen breit am Kachelofen aufge¬ hangen wurde, damit er nicht auskühle. Dann ließ er ſich ſelbſt in der Nähe des Ofens nieder. „Ein hübſches warmes Zimmer haben Sie hier, Mama Büttnern!“ ſagte er in ge¬ mütlich ſcherzendem Tone. „Es geht nichts über die Tem¬ peratur in den Bauernſtuben. Ich wollte eigentlich erſt durch¬ fahren, durch Halbenau; dann dachte ich: mußt doch mal ſehen, was Büttners machen.“ Die Bäuerin wußte kaum, wie ſie ihren Dank für ſoviel Ehre in Worte kleiden ſollte. „Jetzt im Winter iſt ruhige Zeit auf dem Lande,“ fuhr er fort. „Keine Arbeit auf dem Felde, was? Im Frühjahre da geht's dann wieder ordentlich los, mit allen Kräften. Sie haben ja jetzt auch Ihren zweiten Sohn hier, wie ich höre.“ „Se meenen Guſtaven?“ „Der bei den Soldaten war bis vor Kurzem; der wird dem Vater nun wohl tüchtig in der Wirtſchaft helfen?“ „Freil'ch! Das mechte aben ſein! Aber, er thutt ſich ſei Madel heiraten. Und hernachen da will er furt von uns. Ar ſpricht, er wullte ſei eegner Herre ſein. 's gefällt 'n ni mih zu Hauſe. Ar gieht, und ar ſieht ſ'ch nach an Dienſte im. Vurden gerade, eh' Se kamen, is er uf'n Huf geganga, wegen aner Kutſcherſtelle. Ar ſpricht, er mechte als Kutſcher giehn bein Grafen, ſpricht 'r.“ „So ſo! Zum Grafen will er. Sagen Sie Ihrem Sohn mal von mir, das ſoll er lieber bleiben laſſen. Herrſchaftlicher Dienſt, das iſt ſchlimmer, als Sklaverei. Er mag lieber zu mir kommen. Ich werde ihm ſchon was verſchaffen. Drüben in Wörmsbach zum Beiſpiel, da habe ich gerade eine Stelle, die wäre für einen tüchtigen jungen Landwirt wie geſchaffen. Haus, Garten, einige zwanzig Morgen Feld dazu. Ich würde ihm die Pacht billig laſſen. Dort könnte er ſein Glück machen. Sagen Sie ihm das von mir!“

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/208>, abgerufen am 22.12.2024.