Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_283.001 Durch Klugheit abgewehrt. Allein von neuem flammt ppo_283.002
Jetzt der Empörung Glut; mit schändlichen Gerüchten, ppo_283.003 Von Richards Tugend ausgesprengt, ppo_283.004 Sucht man den letzten Rest von Treue zu vernichten, ppo_283.005 Womit das irre Volk an seinem König hängt, ppo_283.006 Und schon entreißt es sich, von Neurungssucht gedrängt, ppo_283.007 Den Banden zugeschworner Pflichten. ppo_283.008 Umsonst hofft Blondel, seinem Freund ppo_283.009 Die drohende Gefahr durch Boten zu berichten; ppo_283.010 Kein Bote kommt zurück, und Richard selbst erscheint ppo_283.011 Noch immer nicht, obgleich die Zeit bereits verflossen, ppo_283.012 Nach welcher man die frohe Wiederkehr ppo_283.013 Jn das verwaiste Reich beschlossen. ppo_283.014 Nun sieht der treue Freund kein Rettungsmittel mehr, ppo_283.015 Als selber über Land und Meer ppo_283.016 Nach Asien zu ziehn. "Nur Richard kann der Retter ppo_283.017 Des schon verlornen Volkes seyn, ppo_283.018 Nur seine Gegenwart das aufgethürmte Wetter, ppo_283.019 Das seinem Reich' und ihm Verderben droht, zerstreun!" ppo_283.020 So denkt der edle Mann; fest steht in seinem Herzen ppo_283.021 Der eiserne Entschluß, den keine Furcht entmannt; ppo_283.022 Ja, eh' der Morgen noch des Tages goldne Kerzen ppo_283.023 An Titans Fackel angebrannt, ppo_283.024 Tritt er, in Talifers Gewand, ppo_283.025 Trotz Frühjahrsluft und rauhen Stürmen, ppo_283.026 Der Freundschaft große Wallfahrt an; ppo_283.027 Und als der neue Tag den trüben Lauf begann, ppo_283.028 Schwand schon die stolze Stadt mit ihren hundert ppo_283.029 Thürmen ppo_283.030 Vor seinem oft gewandten, nassen Blick ppo_283.031 Jn undurchdringlich Grau der Morgenluft zurück. ppo_283.001 Durch Klugheit abgewehrt. Allein von neuem flammt ppo_283.002
Jetzt der Empörung Glut; mit schändlichen Gerüchten, ppo_283.003 Von Richards Tugend ausgesprengt, ppo_283.004 Sucht man den letzten Rest von Treue zu vernichten, ppo_283.005 Womit das irre Volk an seinem König hängt, ppo_283.006 Und schon entreißt es sich, von Neurungssucht gedrängt, ppo_283.007 Den Banden zugeschworner Pflichten. ppo_283.008 Umsonst hofft Blondel, seinem Freund ppo_283.009 Die drohende Gefahr durch Boten zu berichten; ppo_283.010 Kein Bote kommt zurück, und Richard selbst erscheint ppo_283.011 Noch immer nicht, obgleich die Zeit bereits verflossen, ppo_283.012 Nach welcher man die frohe Wiederkehr ppo_283.013 Jn das verwaiste Reich beschlossen. ppo_283.014 Nun sieht der treue Freund kein Rettungsmittel mehr, ppo_283.015 Als selber über Land und Meer ppo_283.016 Nach Asien zu ziehn. „Nur Richard kann der Retter ppo_283.017 Des schon verlornen Volkes seyn, ppo_283.018 Nur seine Gegenwart das aufgethürmte Wetter, ppo_283.019 Das seinem Reich' und ihm Verderben droht, zerstreun!“ ppo_283.020 So denkt der edle Mann; fest steht in seinem Herzen ppo_283.021 Der eiserne Entschluß, den keine Furcht entmannt; ppo_283.022 Ja, eh' der Morgen noch des Tages goldne Kerzen ppo_283.023 An Titans Fackel angebrannt, ppo_283.024 Tritt er, in Talifers Gewand, ppo_283.025 Trotz Frühjahrsluft und rauhen Stürmen, ppo_283.026 Der Freundschaft große Wallfahrt an; ppo_283.027 Und als der neue Tag den trüben Lauf begann, ppo_283.028 Schwand schon die stolze Stadt mit ihren hundert ppo_283.029 Thürmen ppo_283.030 Vor seinem oft gewandten, nassen Blick ppo_283.031 Jn undurchdringlich Grau der Morgenluft zurück. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0295" n="283"/> <lb n="ppo_283.001"/> <lg> <l>Durch Klugheit abgewehrt. Allein von neuem flammt</l> <lb n="ppo_283.002"/> <l>Jetzt der Empörung Glut; mit schändlichen Gerüchten,</l> <lb n="ppo_283.003"/> <l>Von Richards Tugend ausgesprengt,</l> <lb n="ppo_283.004"/> <l>Sucht man den letzten Rest von Treue zu vernichten,</l> <lb n="ppo_283.005"/> <l>Womit das irre Volk an seinem König hängt,</l> <lb n="ppo_283.006"/> <l>Und schon entreißt es sich, von Neurungssucht gedrängt,</l> <lb n="ppo_283.007"/> <l>Den Banden zugeschworner Pflichten.</l> <lb n="ppo_283.008"/> <l>Umsonst hofft Blondel, seinem Freund</l> <lb n="ppo_283.009"/> <l>Die drohende Gefahr durch Boten zu berichten;</l> <lb n="ppo_283.010"/> <l>Kein Bote kommt zurück, und Richard selbst erscheint</l> <lb n="ppo_283.011"/> <l>Noch immer nicht, obgleich die Zeit bereits verflossen,</l> <lb n="ppo_283.012"/> <l>Nach welcher man die frohe Wiederkehr</l> <lb n="ppo_283.013"/> <l>Jn das verwaiste Reich beschlossen.</l> <lb n="ppo_283.014"/> <l> Nun sieht der treue Freund kein Rettungsmittel mehr,</l> <lb n="ppo_283.015"/> <l>Als selber über Land und Meer</l> <lb n="ppo_283.016"/> <l>Nach Asien zu ziehn. „Nur Richard kann der Retter</l> <lb n="ppo_283.017"/> <l>Des schon verlornen Volkes seyn,</l> <lb n="ppo_283.018"/> <l>Nur seine Gegenwart das aufgethürmte Wetter,</l> <lb n="ppo_283.019"/> <l>Das seinem Reich' und ihm Verderben droht, zerstreun!“</l> <lb n="ppo_283.020"/> <l>So denkt der edle Mann; fest steht in seinem Herzen</l> <lb n="ppo_283.021"/> <l>Der eiserne Entschluß, den keine Furcht entmannt;</l> <lb n="ppo_283.022"/> <l>Ja, eh' der Morgen noch des Tages goldne Kerzen</l> <lb n="ppo_283.023"/> <l>An Titans Fackel angebrannt,</l> <lb n="ppo_283.024"/> <l>Tritt er, in Talifers Gewand,</l> <lb n="ppo_283.025"/> <l>Trotz Frühjahrsluft und rauhen Stürmen,</l> <lb n="ppo_283.026"/> <l>Der Freundschaft große Wallfahrt an;</l> <lb n="ppo_283.027"/> <l>Und als der neue Tag den trüben Lauf begann,</l> <lb n="ppo_283.028"/> <l>Schwand schon die stolze Stadt mit ihren hundert</l> <lb n="ppo_283.029"/> <l> <hi rendition="#right">Thürmen</hi> </l> <lb n="ppo_283.030"/> <l>Vor seinem oft gewandten, nassen Blick</l> <lb n="ppo_283.031"/> <l>Jn undurchdringlich Grau der Morgenluft zurück.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [283/0295]
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/295>, abgerufen am 16.07.2024. |