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Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.

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Und geh' im Haus ich aus und ein,
Schau' nach die Küh und nach die Schwein,
Jn's Ofenloch, in's Kellerloch --
Mir fehlt mein Casperl doch.
Steh' ich so einsam in der Schenk'
Es gibt nichts Andres, was ich denk,
Als er allein, als er allein! --
Mein Gott! wo wird er sein?
Ja! wo wird er sein? Jch weiß freilich nicht
wo. Aber ich bleib' ihm treu und gerad jetzt am
allertreuesten, weil er vielleicht im Unglück ist. Es
muß doch was Erschreckliches sein, wenn einer sein
Portefeuille verloren hat, wie sie's heißen, so eine
Ministertaschen! War ja das schon ein Mords-
spektakel, wie vor 14 Tagen mein Metzger seine
Brieftaschen verloren hat und waren nur zwanzig
Gulden drin! -- Aber jetzt muß ich hinein nach
die Knödel schau'n für die Dienstboten. Mir
schmeckt freilich weder Essen noch Trinken.

(Ab in's Haus.)
Casperl
(in einen Mantel gehüllt, tritt nachdenkend mit großen Schritten ein.)
(Hochtragisch.) So irr' ich denn umher -- eine ge-
fallene Größe! Ha! und sind nicht größere Größen
Und geh’ im Haus ich aus und ein,
Schau’ nach die Küh und nach die Schwein,
Jn’s Ofenloch, in’s Kellerloch —
Mir fehlt mein Casperl doch.
Steh’ ich ſo einſam in der Schenk’
Es gibt nichts Andres, was ich denk,
Als er allein, als er allein! —
Mein Gott! wo wird er ſein?
Ja! wo wird er ſein? Jch weiß freilich nicht
wo. Aber ich bleib’ ihm treu und gerad jetzt am
allertreueſten, weil er vielleicht im Unglück iſt. Es
muß doch was Erſchreckliches ſein, wenn einer ſein
Portefeuille verloren hat, wie ſie’s heißen, ſo eine
Miniſtertaſchen! War ja das ſchon ein Mords-
ſpektakel, wie vor 14 Tagen mein Metzger ſeine
Brieftaſchen verloren hat und waren nur zwanzig
Gulden drin! — Aber jetzt muß ich hinein nach
die Knödel ſchau’n für die Dienſtboten. Mir
ſchmeckt freilich weder Eſſen noch Trinken.

(Ab in’s Haus.)
Casperl
(in einen Mantel gehüllt, tritt nachdenkend mit großen Schritten ein.)
(Hochtragiſch.) So irr’ ich denn umher — eine ge-
fallene Größe! Ha! und ſind nicht größere Größen
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[275/0281] Und geh’ im Haus ich aus und ein, Schau’ nach die Küh und nach die Schwein, Jn’s Ofenloch, in’s Kellerloch — Mir fehlt mein Casperl doch. Steh’ ich ſo einſam in der Schenk’ Es gibt nichts Andres, was ich denk, Als er allein, als er allein! — Mein Gott! wo wird er ſein? Ja! wo wird er ſein? Jch weiß freilich nicht wo. Aber ich bleib’ ihm treu und gerad jetzt am allertreueſten, weil er vielleicht im Unglück iſt. Es muß doch was Erſchreckliches ſein, wenn einer ſein Portefeuille verloren hat, wie ſie’s heißen, ſo eine Miniſtertaſchen! War ja das ſchon ein Mords- ſpektakel, wie vor 14 Tagen mein Metzger ſeine Brieftaſchen verloren hat und waren nur zwanzig Gulden drin! — Aber jetzt muß ich hinein nach die Knödel ſchau’n für die Dienſtboten. Mir ſchmeckt freilich weder Eſſen noch Trinken. (Ab in’s Haus.) Casperl (in einen Mantel gehüllt, tritt nachdenkend mit großen Schritten ein.) (Hochtragiſch.) So irr’ ich denn umher — eine ge- fallene Größe! Ha! und ſind nicht größere Größen

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Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/281>, abgerufen am 03.05.2024.