Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Grethi.
Nun, sind Sie nicht zufrieden mit meiner Be-
dienung?
Casperl.
Du bist eine Halbgöttin. Alles wie hergezaubert.
Grethi.
Was ist denn eine Halbgöttin, Gnäherr?
Casperl.
Es begreift sich, daß du nicht auf der Stufe
von Bildung stehen kannst, dieses zu wissen.
(Vornehm
belehrend.)
Halbgöttin ist so viel, wie eine halbe
Göttin, die keine ganze Göttin ist, wie z. B. eine
halbe Portion Niernbratl nicht eine ganze ist; oder
denke dir nur eine halbe brat'ne Gans. Nun weißt
du also, was eine Halbgöttin ist.
Grethi.
So? also wär' ich eine halbe brat'ne Gans?
Das ist weiter nit höflich von Jhnen.
Casperl.
Du verstehst mich nicht. Jedenfalls habe ich
dir ein vornehmes Compliment machen wollen, wie
es in der Stadt der Brauch ist.
(ißt und trinkt in einem
fort.)
Aber sage mir, liebe Grethl, kannst du nicht
singen? Jch liebe die Musik beim Göttermahle.
16*
Grethi.
Nun, ſind Sie nicht zufrieden mit meiner Be-
dienung?
Casperl.
Du biſt eine Halbgöttin. Alles wie hergezaubert.
Grethi.
Was iſt denn eine Halbgöttin, Gnäherr?
Casperl.
Es begreift ſich, daß du nicht auf der Stufe
von Bildung ſtehen kannſt, dieſes zu wiſſen.
(Vornehm
belehrend.)
Halbgöttin iſt ſo viel, wie eine halbe
Göttin, die keine ganze Göttin iſt, wie z. B. eine
halbe Portion Niernbratl nicht eine ganze iſt; oder
denke dir nur eine halbe brat’ne Gans. Nun weißt
du alſo, was eine Halbgöttin iſt.
Grethi.
So? alſo wär’ ich eine halbe brat’ne Gans?
Das iſt weiter nit höflich von Jhnen.
Casperl.
Du verſtehſt mich nicht. Jedenfalls habe ich
dir ein vornehmes Compliment machen wollen, wie
es in der Stadt der Brauch iſt.
(ißt und trinkt in einem
fort.)
Aber ſage mir, liebe Grethl, kannſt du nicht
ſingen? Jch liebe die Muſik beim Göttermahle.
16*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0249" n="243"/>
          <sp who="#GRETHI">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Grethi.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Nun, &#x017F;ind Sie nicht zufrieden mit meiner Be-<lb/>
dienung?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAS">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Casperl.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Du bi&#x017F;t eine Halbgöttin. Alles wie hergezaubert.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRETHI">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Grethi.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Was i&#x017F;t denn eine Halbgöttin, Gnäherr?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAS">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Casperl.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Es begreift &#x017F;ich, daß du nicht auf der Stufe<lb/>
von Bildung &#x017F;tehen kann&#x017F;t, die&#x017F;es zu wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
            <stage>(Vornehm<lb/>
belehrend.)</stage>
            <p>Halbgöttin i&#x017F;t &#x017F;o viel, wie eine halbe<lb/>
Göttin, die keine ganze Göttin i&#x017F;t, wie z. B. eine<lb/><hi rendition="#g">halbe</hi> Portion Niernbratl nicht eine ganze i&#x017F;t; oder<lb/>
denke dir nur eine halbe brat&#x2019;ne Gans. Nun weißt<lb/>
du al&#x017F;o, was eine Halbgöttin i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GRETHI">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Grethi.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>So? al&#x017F;o wär&#x2019; ich eine halbe brat&#x2019;ne Gans?<lb/>
Das i&#x017F;t weiter nit höflich von Jhnen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAS">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Casperl.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Du ver&#x017F;teh&#x017F;t mich nicht. Jedenfalls habe ich<lb/>
dir ein vornehmes Compliment machen wollen, wie<lb/>
es in der Stadt der Brauch i&#x017F;t.</p>
            <stage>(ißt und trinkt in einem<lb/>
fort.)</stage>
            <p>Aber &#x017F;age mir, liebe Grethl, kann&#x017F;t du nicht<lb/>
&#x017F;ingen? Jch liebe die Mu&#x017F;ik beim Göttermahle.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">16*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0249] Grethi. Nun, ſind Sie nicht zufrieden mit meiner Be- dienung? Casperl. Du biſt eine Halbgöttin. Alles wie hergezaubert. Grethi. Was iſt denn eine Halbgöttin, Gnäherr? Casperl. Es begreift ſich, daß du nicht auf der Stufe von Bildung ſtehen kannſt, dieſes zu wiſſen. (Vornehm belehrend.) Halbgöttin iſt ſo viel, wie eine halbe Göttin, die keine ganze Göttin iſt, wie z. B. eine halbe Portion Niernbratl nicht eine ganze iſt; oder denke dir nur eine halbe brat’ne Gans. Nun weißt du alſo, was eine Halbgöttin iſt. Grethi. So? alſo wär’ ich eine halbe brat’ne Gans? Das iſt weiter nit höflich von Jhnen. Casperl. Du verſtehſt mich nicht. Jedenfalls habe ich dir ein vornehmes Compliment machen wollen, wie es in der Stadt der Brauch iſt. (ißt und trinkt in einem fort.) Aber ſage mir, liebe Grethl, kannſt du nicht ſingen? Jch liebe die Muſik beim Göttermahle. 16*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/249
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/249>, abgerufen am 04.05.2024.