Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871. Siglind (auffahrend.) Nein! sie schläft nicht! Vermöchte sie's für immer! Dann wäre aller Gram mit ihr begraben. Eckart. Der Gram? O sage lieber doch Verblendung. Siglind. Dir freilich scheint Verblendung Weibes Leid. Wie sollte auch in Männerbrust ein Herz Sich regen zarter Art und feinen Sinnes? Dem Mann genügt's, sieht er sein eigen Leben Erneut in Söhnen, die ihn rings umgeben. Was kümmert's ihn, daß seinem treuen Weibe Die Tochter fehlt, in der sie sich erkennt? Eckart. Wie? also sollt' ich mich der sieben Söhne, Die Gott durch dich mir hat geschickt, nicht freu'n? Jch sollte schmählich jammern, daß nicht auch Ein Mägdlein mir geboren ward? Ei was! Gott wollt' es so, drum laß' dein ewig Klagen, Das mir die Lust vergällt am eig'nen Leben. Siglind. Jch lasse gern die Lust dir an den Söhnen; Wie lange währet die? sie stürmen fort! Leer wird das Haus. Jetzt sind sie wohl noch Kinder; Siglind (auffahrend.) Nein! ſie ſchläft nicht! Vermöchte ſie’s für immer! Dann wäre aller Gram mit ihr begraben. Eckart. Der Gram? O ſage lieber doch Verblendung. Siglind. Dir freilich ſcheint Verblendung Weibes Leid. Wie ſollte auch in Männerbruſt ein Herz Sich regen zarter Art und feinen Sinnes? Dem Mann genügt’s, ſieht er ſein eigen Leben Erneut in Söhnen, die ihn rings umgeben. Was kümmert’s ihn, daß ſeinem treuen Weibe Die Tochter fehlt, in der ſie ſich erkennt? Eckart. Wie? alſo ſollt’ ich mich der ſieben Söhne, Die Gott durch dich mir hat geſchickt, nicht freu’n? Jch ſollte ſchmählich jammern, daß nicht auch Ein Mägdlein mir geboren ward? Ei was! Gott wollt’ es ſo, drum laß’ dein ewig Klagen, Das mir die Luſt vergällt am eig’nen Leben. Siglind. Jch laſſe gern die Luſt dir an den Söhnen; Wie lange währet die? ſie ſtürmen fort! Leer wird das Haus. Jetzt ſind ſie wohl noch Kinder; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="98"/> <sp who="#SIG"> <speaker> <hi rendition="#b">Siglind</hi> </speaker> <stage>(auffahrend.)</stage><lb/> <p>Nein! ſie ſchläft nicht! Vermöchte ſie’s für immer!<lb/> Dann wäre aller Gram mit ihr begraben.</p> </sp><lb/> <sp who="#ECK"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Eckart.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Der Gram? O ſage lieber doch Verblendung.</p> </sp><lb/> <sp who="#SIG"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Siglind.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Dir freilich ſcheint Verblendung Weibes Leid.<lb/> Wie ſollte auch in Männerbruſt ein Herz<lb/> Sich regen zarter Art und feinen Sinnes?<lb/> Dem Mann genügt’s, ſieht er ſein eigen Leben<lb/> Erneut in Söhnen, die ihn rings umgeben.<lb/> Was kümmert’s ihn, daß ſeinem treuen Weibe<lb/> Die Tochter fehlt, in der ſie ſich erkennt?</p> </sp><lb/> <sp who="#ECK"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Eckart.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Wie? alſo ſollt’ ich mich der ſieben Söhne,<lb/> Die Gott durch dich mir hat geſchickt, nicht freu’n?<lb/> Jch ſollte ſchmählich jammern, daß nicht auch<lb/> Ein Mägdlein mir geboren ward? Ei was!<lb/> Gott <hi rendition="#g">wollt’</hi> es ſo, drum laß’ dein ewig Klagen,<lb/> Das mir die Luſt vergällt am eig’nen Leben.</p> </sp><lb/> <sp who="#SIG"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Siglind.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch laſſe gern die Luſt dir an den Söhnen;<lb/> Wie lange währet die? ſie ſtürmen fort!<lb/> Leer wird das Haus. Jetzt ſind ſie wohl noch Kinder;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Siglind (auffahrend.)
Nein! ſie ſchläft nicht! Vermöchte ſie’s für immer!
Dann wäre aller Gram mit ihr begraben.
Eckart.
Der Gram? O ſage lieber doch Verblendung.
Siglind.
Dir freilich ſcheint Verblendung Weibes Leid.
Wie ſollte auch in Männerbruſt ein Herz
Sich regen zarter Art und feinen Sinnes?
Dem Mann genügt’s, ſieht er ſein eigen Leben
Erneut in Söhnen, die ihn rings umgeben.
Was kümmert’s ihn, daß ſeinem treuen Weibe
Die Tochter fehlt, in der ſie ſich erkennt?
Eckart.
Wie? alſo ſollt’ ich mich der ſieben Söhne,
Die Gott durch dich mir hat geſchickt, nicht freu’n?
Jch ſollte ſchmählich jammern, daß nicht auch
Ein Mägdlein mir geboren ward? Ei was!
Gott wollt’ es ſo, drum laß’ dein ewig Klagen,
Das mir die Luſt vergällt am eig’nen Leben.
Siglind.
Jch laſſe gern die Luſt dir an den Söhnen;
Wie lange währet die? ſie ſtürmen fort!
Leer wird das Haus. Jetzt ſind ſie wohl noch Kinder;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/104 |
Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/104>, abgerufen am 16.02.2025. |