Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859. Lautenklang. Es fließt mir heute wirklich aus der Feder Und leicht schreib ich fünffüß'ge Jamben hin, Doch leider ist mein Tintenfäßchen leer! He, Christoph, hast du's denn nicht aufgefüllt? Christoph. Das versteht sich -- gefüllt, schwarz bis an den Rand! Aber ich möchte euch rathen, wenn ihr mit Tinte schreiben wollt, dieß zu Haus zu thun. Die Tintenklexer gehören in die Stube, und wollen die Dichter fingen, so sollen sie es wie die Vöglein machen. Aber -- freilich das will Alles geschrieben sein, damit der Nachwelt auch nicht eine Silbe ver- loren gehe! Kommt, laßt uns heimgehen! 's ist bald Essenszeit. Lautenklang. Gemeinen Sinnes bleibst du stets doch, Christoph! Es wäre Zeit, daß du nach Höh'rem trachtest; Hast du denn gar Nichts noch von mir gelernt? Christoph. O sehr ja! die Sache verhält sich also: Wir Beide suchten Stoff. Nun, das wißt Jhr aber -- denn Jhr habt's ja oft selbst gesagt -- daß der Mensch aus Leib und Geist besteht. Jhr sucht Stoff Lautenklang. Es fließt mir heute wirklich aus der Feder Und leicht ſchreib ich fünffüß’ge Jamben hin, Doch leider iſt mein Tintenfäßchen leer! He, Chriſtoph, haſt du’s denn nicht aufgefüllt? Chriſtoph. Das verſteht ſich — gefüllt, ſchwarz bis an den Rand! Aber ich möchte euch rathen, wenn ihr mit Tinte ſchreiben wollt, dieß zu Haus zu thun. Die Tintenklexer gehören in die Stube, und wollen die Dichter fingen, ſo ſollen ſie es wie die Vöglein machen. Aber — freilich das will Alles geſchrieben ſein, damit der Nachwelt auch nicht eine Silbe ver- loren gehe! Kommt, laßt uns heimgehen! ’s iſt bald Eſſenszeit. Lautenklang. Gemeinen Sinnes bleibſt du ſtets doch, Chriſtoph! Es wäre Zeit, daß du nach Höh’rem trachteſt; Haſt du denn gar Nichts noch von mir gelernt? Chriſtoph. O ſehr ja! die Sache verhält ſich alſo: Wir Beide ſuchten Stoff. Nun, das wißt Jhr aber — denn Jhr habt’s ja oft ſelbſt geſagt — daß der Menſch aus Leib und Geiſt beſteht. Jhr ſucht Stoff <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0243" n="237"/> <sp who="#LAU"> <speaker> <hi rendition="#c">Lautenklang.</hi> </speaker><lb/> <p>Es fließt mir heute wirklich aus der Feder<lb/> Und leicht ſchreib ich fünffüß’ge Jamben hin,<lb/> Doch leider iſt mein Tintenfäßchen leer!<lb/> He, Chriſtoph, haſt du’s denn nicht aufgefüllt?</p> </sp><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker> <hi rendition="#c">Chriſtoph.</hi> </speaker><lb/> <p>Das verſteht ſich — gefüllt, ſchwarz bis an<lb/> den Rand! Aber ich möchte euch rathen, wenn ihr<lb/> mit Tinte ſchreiben wollt, dieß zu Haus zu thun.<lb/> Die Tintenklexer gehören in die Stube, und wollen<lb/> die Dichter fingen, ſo ſollen ſie es wie die Vöglein<lb/> machen. Aber — freilich das will Alles geſchrieben<lb/> ſein, damit der Nachwelt auch nicht eine Silbe ver-<lb/> loren gehe! Kommt, laßt uns heimgehen! ’s iſt bald<lb/> Eſſenszeit.</p> </sp><lb/> <sp who="#LAU"> <speaker> <hi rendition="#c">Lautenklang.</hi> </speaker><lb/> <p>Gemeinen Sinnes bleibſt du ſtets doch, Chriſtoph!<lb/> Es wäre Zeit, daß du nach Höh’rem trachteſt;<lb/> Haſt du denn gar Nichts noch von mir gelernt?</p> </sp><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker> <hi rendition="#c">Chriſtoph.</hi> </speaker><lb/> <p>O ſehr ja! die Sache verhält ſich alſo: Wir<lb/> Beide ſuchten Stoff. Nun, das wißt Jhr aber —<lb/> denn Jhr habt’s ja oft ſelbſt geſagt — daß der<lb/> Menſch aus Leib und Geiſt beſteht. Jhr ſucht Stoff<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [237/0243]
Lautenklang.
Es fließt mir heute wirklich aus der Feder
Und leicht ſchreib ich fünffüß’ge Jamben hin,
Doch leider iſt mein Tintenfäßchen leer!
He, Chriſtoph, haſt du’s denn nicht aufgefüllt?
Chriſtoph.
Das verſteht ſich — gefüllt, ſchwarz bis an
den Rand! Aber ich möchte euch rathen, wenn ihr
mit Tinte ſchreiben wollt, dieß zu Haus zu thun.
Die Tintenklexer gehören in die Stube, und wollen
die Dichter fingen, ſo ſollen ſie es wie die Vöglein
machen. Aber — freilich das will Alles geſchrieben
ſein, damit der Nachwelt auch nicht eine Silbe ver-
loren gehe! Kommt, laßt uns heimgehen! ’s iſt bald
Eſſenszeit.
Lautenklang.
Gemeinen Sinnes bleibſt du ſtets doch, Chriſtoph!
Es wäre Zeit, daß du nach Höh’rem trachteſt;
Haſt du denn gar Nichts noch von mir gelernt?
Chriſtoph.
O ſehr ja! die Sache verhält ſich alſo: Wir
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Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/243>, abgerufen am 16.02.2025. |