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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Auch das Erbrecht, das bei dem Wettkampf um die
Nährstellen den einen Theil der Bewerber von vorn herein
günstiger stellt oder ihn überhaupt jeden Kampfes über-
hebt, steht noch in voller Glorie. Dass dieser Theil nicht
rein mit dem besten zusammenfällt, ist bekannt. Hierdurch,
sowie durch starke nonselectorische Schädlichkeiten im
Gebiet des wirthschaftlichen Lebens ist die Armuth, um die
auch sonst heute das grösste Gewirr von Fragen schwärmt,
oft betrachtet worden als ein Schicksal, das die Menschen
ohne Rücksicht auf ihre Eigenschaften überfällt, so be-
sonders oft von den Socialisten. Andere wieder haben
allzu stark betont, dass die Armen stets nur wegen ihrer
Inferiorität arm sind, und dass man sie zu identifiziren habe
mit den Unterlegenen des Kampfes um's Dasein.

Armuth.

In Wirklichkeit ist allerdings die Armuth eine Ausjäte-
Erscheinung, die Schwächsten fallen ihr am ehesten zum
Opfer. Allein dies ist doch nicht immer der Fall, eine
beträchtliche Quote der Armuth, wie z. B. ein Theil des
Krisenelends ist sicher nonselectorischen Charakters. Jeden-
falls besitzen wir in dem oekonomischen Kampf um's Dasein
eine ausserordentlich wirksame Art der natürlichen Auslese.
Dies behält dadurch nicht minder seine Bedeutung, wenn
wir zugeben, dass die Armuth in Folge unserer wirthschaft-
lichen Einrichtungen*) in beinahe demselben Grade be-
bestehen würde, wenn alle Individuen gleich hoch begabt
wären. Es trifft nur eben nicht zu, dass "alle Menschen,
gleich geboren, sind ein adliges Geschlecht," sondern so
sehr es in vielen Fällen unmöglich ist, zwischen ursprüng-
licher Anlage und späteren Wirkungen der Umgebung zu
unterscheiden, so wird doch kein Naturwissenschaftler, am

*) Vgl. Marx, Karl. Das Capital. I. Bd. III. Aufl. Hamburg 1883.

Auch das Erbrecht, das bei dem Wettkampf um die
Nährstellen den einen Theil der Bewerber von vorn herein
günstiger stellt oder ihn überhaupt jeden Kampfes über-
hebt, steht noch in voller Glorie. Dass dieser Theil nicht
rein mit dem besten zusammenfällt, ist bekannt. Hierdurch,
sowie durch starke nonselectorische Schädlichkeiten im
Gebiet des wirthschaftlichen Lebens ist die Armuth, um die
auch sonst heute das grösste Gewirr von Fragen schwärmt,
oft betrachtet worden als ein Schicksal, das die Menschen
ohne Rücksicht auf ihre Eigenschaften überfällt, so be-
sonders oft von den Socialisten. Andere wieder haben
allzu stark betont, dass die Armen stets nur wegen ihrer
Inferiorität arm sind, und dass man sie zu identifiziren habe
mit den Unterlegenen des Kampfes um’s Dasein.

Armuth.

In Wirklichkeit ist allerdings die Armuth eine Ausjäte-
Erscheinung, die Schwächsten fallen ihr am ehesten zum
Opfer. Allein dies ist doch nicht immer der Fall, eine
beträchtliche Quote der Armuth, wie z. B. ein Theil des
Krisenelends ist sicher nonselectorischen Charakters. Jeden-
falls besitzen wir in dem oekonomischen Kampf um’s Dasein
eine ausserordentlich wirksame Art der natürlichen Auslese.
Dies behält dadurch nicht minder seine Bedeutung, wenn
wir zugeben, dass die Armuth in Folge unserer wirthschaft-
lichen Einrichtungen*) in beinahe demselben Grade be-
bestehen würde, wenn alle Individuen gleich hoch begabt
wären. Es trifft nur eben nicht zu, dass „alle Menschen,
gleich geboren, sind ein adliges Geschlecht,“ sondern so
sehr es in vielen Fällen unmöglich ist, zwischen ursprüng-
licher Anlage und späteren Wirkungen der Umgebung zu
unterscheiden, so wird doch kein Naturwissenschaftler, am

*) Vgl. Marx, Karl. Das Capital. I. Bd. III. Aufl. Hamburg 1883.
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[151/0171] Auch das Erbrecht, das bei dem Wettkampf um die Nährstellen den einen Theil der Bewerber von vorn herein günstiger stellt oder ihn überhaupt jeden Kampfes über- hebt, steht noch in voller Glorie. Dass dieser Theil nicht rein mit dem besten zusammenfällt, ist bekannt. Hierdurch, sowie durch starke nonselectorische Schädlichkeiten im Gebiet des wirthschaftlichen Lebens ist die Armuth, um die auch sonst heute das grösste Gewirr von Fragen schwärmt, oft betrachtet worden als ein Schicksal, das die Menschen ohne Rücksicht auf ihre Eigenschaften überfällt, so be- sonders oft von den Socialisten. Andere wieder haben allzu stark betont, dass die Armen stets nur wegen ihrer Inferiorität arm sind, und dass man sie zu identifiziren habe mit den Unterlegenen des Kampfes um’s Dasein. Armuth. In Wirklichkeit ist allerdings die Armuth eine Ausjäte- Erscheinung, die Schwächsten fallen ihr am ehesten zum Opfer. Allein dies ist doch nicht immer der Fall, eine beträchtliche Quote der Armuth, wie z. B. ein Theil des Krisenelends ist sicher nonselectorischen Charakters. Jeden- falls besitzen wir in dem oekonomischen Kampf um’s Dasein eine ausserordentlich wirksame Art der natürlichen Auslese. Dies behält dadurch nicht minder seine Bedeutung, wenn wir zugeben, dass die Armuth in Folge unserer wirthschaft- lichen Einrichtungen *) in beinahe demselben Grade be- bestehen würde, wenn alle Individuen gleich hoch begabt wären. Es trifft nur eben nicht zu, dass „alle Menschen, gleich geboren, sind ein adliges Geschlecht,“ sondern so sehr es in vielen Fällen unmöglich ist, zwischen ursprüng- licher Anlage und späteren Wirkungen der Umgebung zu unterscheiden, so wird doch kein Naturwissenschaftler, am *) Vgl. Marx, Karl. Das Capital. I. Bd. III. Aufl. Hamburg 1883.

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/171>, abgerufen am 22.11.2024.