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Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.

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Wie romantisch dacht' ich mir doch vormals das gemüthliche Le-
ben der Bettler!
Wenn geschäftslos sie, durch Nichtsthun fett, Almosen erzwin-
gen vom Mitleid,
Wenn sie sorglos ziehn in den Städten umher, durch sonnige
Dörfer und Märkte,
Das Erhaschte sogleich aufzehren und nichts in den lumpigen
Taschen behalten,
Stets leicht und vergnügt und sodann ausruhn im blühenden
Schatten der Linde,
Und dabei, gleichsam wie ein ernstes Geschäft abfangen den hüp-
fenden Floh sich!
Aber jetzt däucht mich's ein beschwerliches Loos, um Pfennige
flehen mit Inbrunst.
Doch muß ich daran! ja, fort! fort! fort! Sonst köpfen sie ohne
Verzug mich.
Bin ich weg, dann mögen sie ohne Verzug in effigie mich an
den Galgen
Festnageln, wo Stoff ich liefere dann für eine Tragödie Deutsch-
lands,
Auf daß des Absurden Absurdestes auch selbst fühle, wie sehr es
absurd ist,
Und ein Volk es bewundre, vor welchem zugleich Iphigenie
steht und Pandora!
Jetzt fort, denn man kommt!

(ab.)
Schmuhl (tritt auf).
Schmuhl.
He, Damon! he! Der nimmt ja gewaltigen Reißaus;
Was hat er im Kopf? Doch sey's, wie's sey, mein Schäflein
bring' ich ins Trockne.
Wie romantiſch dacht' ich mir doch vormals das gemuͤthliche Le-
ben der Bettler!
Wenn geſchaͤftslos ſie, durch Nichtsthun fett, Almoſen erzwin-
gen vom Mitleid,
Wenn ſie ſorglos ziehn in den Staͤdten umher, durch ſonnige
Doͤrfer und Maͤrkte,
Das Erhaſchte ſogleich aufzehren und nichts in den lumpigen
Taſchen behalten,
Stets leicht und vergnuͤgt und ſodann ausruhn im bluͤhenden
Schatten der Linde,
Und dabei, gleichſam wie ein ernſtes Geſchaͤft abfangen den huͤp-
fenden Floh ſich!
Aber jetzt daͤucht mich's ein beſchwerliches Loos, um Pfennige
flehen mit Inbrunſt.
Doch muß ich daran! ja, fort! fort! fort! Sonſt koͤpfen ſie ohne
Verzug mich.
Bin ich weg, dann moͤgen ſie ohne Verzug in effigie mich an
den Galgen
Feſtnageln, wo Stoff ich liefere dann fuͤr eine Tragoͤdie Deutſch-
lands,
Auf daß des Abſurden Abſurdeſtes auch ſelbſt fuͤhle, wie ſehr es
abſurd iſt,
Und ein Volk es bewundre, vor welchem zugleich Iphigenie
ſteht und Pandora!
Jetzt fort, denn man kommt!

(ab.)
Schmuhl (tritt auf).
Schmuhl.
He, Damon! he! Der nimmt ja gewaltigen Reißaus;
Was hat er im Kopf? Doch ſey's, wie's ſey, mein Schaͤflein
bring' ich ins Trockne.
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[66/0072] Wie romantiſch dacht' ich mir doch vormals das gemuͤthliche Le- ben der Bettler! Wenn geſchaͤftslos ſie, durch Nichtsthun fett, Almoſen erzwin- gen vom Mitleid, Wenn ſie ſorglos ziehn in den Staͤdten umher, durch ſonnige Doͤrfer und Maͤrkte, Das Erhaſchte ſogleich aufzehren und nichts in den lumpigen Taſchen behalten, Stets leicht und vergnuͤgt und ſodann ausruhn im bluͤhenden Schatten der Linde, Und dabei, gleichſam wie ein ernſtes Geſchaͤft abfangen den huͤp- fenden Floh ſich! Aber jetzt daͤucht mich's ein beſchwerliches Loos, um Pfennige flehen mit Inbrunſt. Doch muß ich daran! ja, fort! fort! fort! Sonſt koͤpfen ſie ohne Verzug mich. Bin ich weg, dann moͤgen ſie ohne Verzug in effigie mich an den Galgen Feſtnageln, wo Stoff ich liefere dann fuͤr eine Tragoͤdie Deutſch- lands, Auf daß des Abſurden Abſurdeſtes auch ſelbſt fuͤhle, wie ſehr es abſurd iſt, Und ein Volk es bewundre, vor welchem zugleich Iphigenie ſteht und Pandora! Jetzt fort, denn man kommt! (ab.) Schmuhl (tritt auf). Schmuhl. He, Damon! he! Der nimmt ja gewaltigen Reißaus; Was hat er im Kopf? Doch ſey's, wie's ſey, mein Schaͤflein bring' ich ins Trockne.

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Zitationshilfe: Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/72>, abgerufen am 22.11.2024.