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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Grundthatsachen und Definitionen.
[Formel 1] ,
welche im Allgemeinen mit der Temperatur veränderlich ist,
jedoch für die meisten Stoffe sehr langsam. Daher ist es ge-
wöhnlich gestattet, für die spezifische Wärme bei irgend einer
Temperatur die mittlere spezifische Wärme in einem benach-
barten mässig grossen Temperaturintervall zu setzen.

§ 47. Bei festen Körpern und Flüssigkeiten ist die Wärme-
capacität nahezu unabhängig davon, ob die Erwärmung bei con-
stantem oder veränderlichem äusseren Druck vollzogen wird,
weshalb man bei der Definition der Wärmecapacität in der
Regel keine besondere Bedingung hinsichtlich des Druckes hin-
zufügt. Bei Gasen aber wird der Werth der Wärmecapacität
wesentlich davon beeinflusst, unter welchen äusseren Umständen
die Erwärmung erfolgt; daher muss hier die Definition der
Wärmecapacität vervollständigt werden durch die Angabe dieser
äusseren Umstände. Als Wärmecapacität eines Gases schlecht-
hin gilt die Wärmecapacität bei constantem Atmosphärendruck,
welche der experimentellen Bestimmung am bequemsten zu-
gänglich ist.

§ 48. Die Reduktion der Wärmecapacitäten verschiedener
Stoffe auf die Masseneinheit ist ganz willkührlich und aus dem
Umstand entsprungen, dass sich verschiedene Mengen eines
Stoffes am bequemsten durch Wägen vergleichen lassen. Man
könnte z. B. ebensogut die Wärmecapacitäten auf die Volumen-
einheit beziehen. Am rationellsten ist aber die Vergleichung
solcher Gewichtsmengen verschiedener Stoffe, welche im Ver-
hältniss der Molekulargewichte bez. Atomgewichte stehen, weil
sich hier auf den ersten Blick gewisse Regelmässigkeiten er-
geben. Die so zu vergleichenden Grössen erhält man durch Mul-
tiplication der auf 1 gr bezogenen Wärmecapacität (der spezi-
fischen Wärme) mit dem Molekulargewicht bez. Atomgewicht,
und bezeichnet dann dies Produkt kurz als Molekularwärme
bez. Atomwärme.

§ 49. Die Atomwärmen der chemischen Elemente erweisen
sich als nahezu constant = 6,4 (Dulong und Petit) und zwar
besonders für Elemente mit hohem Atomgewicht. Strenge Gültig-
keit kann dies Gesetz schon deshalb nicht beanspruchen, weil
die Wärmecapacität sowohl von der molekularen Constitution

Grundthatsachen und Definitionen.
[Formel 1] ,
welche im Allgemeinen mit der Temperatur veränderlich ist,
jedoch für die meisten Stoffe sehr langsam. Daher ist es ge-
wöhnlich gestattet, für die spezifische Wärme bei irgend einer
Temperatur die mittlere spezifische Wärme in einem benach-
barten mässig grossen Temperaturintervall zu setzen.

§ 47. Bei festen Körpern und Flüssigkeiten ist die Wärme-
capacität nahezu unabhängig davon, ob die Erwärmung bei con-
stantem oder veränderlichem äusseren Druck vollzogen wird,
weshalb man bei der Definition der Wärmecapacität in der
Regel keine besondere Bedingung hinsichtlich des Druckes hin-
zufügt. Bei Gasen aber wird der Werth der Wärmecapacität
wesentlich davon beeinflusst, unter welchen äusseren Umständen
die Erwärmung erfolgt; daher muss hier die Definition der
Wärmecapacität vervollständigt werden durch die Angabe dieser
äusseren Umstände. Als Wärmecapacität eines Gases schlecht-
hin gilt die Wärmecapacität bei constantem Atmosphärendruck,
welche der experimentellen Bestimmung am bequemsten zu-
gänglich ist.

§ 48. Die Reduktion der Wärmecapacitäten verschiedener
Stoffe auf die Masseneinheit ist ganz willkührlich und aus dem
Umstand entsprungen, dass sich verschiedene Mengen eines
Stoffes am bequemsten durch Wägen vergleichen lassen. Man
könnte z. B. ebensogut die Wärmecapacitäten auf die Volumen-
einheit beziehen. Am rationellsten ist aber die Vergleichung
solcher Gewichtsmengen verschiedener Stoffe, welche im Ver-
hältniss der Molekulargewichte bez. Atomgewichte stehen, weil
sich hier auf den ersten Blick gewisse Regelmässigkeiten er-
geben. Die so zu vergleichenden Grössen erhält man durch Mul-
tiplication der auf 1 gr bezogenen Wärmecapacität (der spezi-
fischen Wärme) mit dem Molekulargewicht bez. Atomgewicht,
und bezeichnet dann dies Produkt kurz als Molekularwärme
bez. Atomwärme.

§ 49. Die Atomwärmen der chemischen Elemente erweisen
sich als nahezu constant = 6,4 (Dulong und Petit) und zwar
besonders für Elemente mit hohem Atomgewicht. Strenge Gültig-
keit kann dies Gesetz schon deshalb nicht beanspruchen, weil
die Wärmecapacität sowohl von der molekularen Constitution

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[30/0046] Grundthatsachen und Definitionen. [FORMEL], welche im Allgemeinen mit der Temperatur veränderlich ist, jedoch für die meisten Stoffe sehr langsam. Daher ist es ge- wöhnlich gestattet, für die spezifische Wärme bei irgend einer Temperatur die mittlere spezifische Wärme in einem benach- barten mässig grossen Temperaturintervall zu setzen. § 47. Bei festen Körpern und Flüssigkeiten ist die Wärme- capacität nahezu unabhängig davon, ob die Erwärmung bei con- stantem oder veränderlichem äusseren Druck vollzogen wird, weshalb man bei der Definition der Wärmecapacität in der Regel keine besondere Bedingung hinsichtlich des Druckes hin- zufügt. Bei Gasen aber wird der Werth der Wärmecapacität wesentlich davon beeinflusst, unter welchen äusseren Umständen die Erwärmung erfolgt; daher muss hier die Definition der Wärmecapacität vervollständigt werden durch die Angabe dieser äusseren Umstände. Als Wärmecapacität eines Gases schlecht- hin gilt die Wärmecapacität bei constantem Atmosphärendruck, welche der experimentellen Bestimmung am bequemsten zu- gänglich ist. § 48. Die Reduktion der Wärmecapacitäten verschiedener Stoffe auf die Masseneinheit ist ganz willkührlich und aus dem Umstand entsprungen, dass sich verschiedene Mengen eines Stoffes am bequemsten durch Wägen vergleichen lassen. Man könnte z. B. ebensogut die Wärmecapacitäten auf die Volumen- einheit beziehen. Am rationellsten ist aber die Vergleichung solcher Gewichtsmengen verschiedener Stoffe, welche im Ver- hältniss der Molekulargewichte bez. Atomgewichte stehen, weil sich hier auf den ersten Blick gewisse Regelmässigkeiten er- geben. Die so zu vergleichenden Grössen erhält man durch Mul- tiplication der auf 1 gr bezogenen Wärmecapacität (der spezi- fischen Wärme) mit dem Molekulargewicht bez. Atomgewicht, und bezeichnet dann dies Produkt kurz als Molekularwärme bez. Atomwärme. § 49. Die Atomwärmen der chemischen Elemente erweisen sich als nahezu constant = 6,4 (Dulong und Petit) und zwar besonders für Elemente mit hohem Atomgewicht. Strenge Gültig- keit kann dies Gesetz schon deshalb nicht beanspruchen, weil die Wärmecapacität sowohl von der molekularen Constitution

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/46>, abgerufen am 27.04.2024.