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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Wärmemenge.
gesetzt, dass andere Ursachen der Temperaturänderung, wie Com-
pression, ausgeschlossen sind. Zugleich setzt man dabei die von
dem Körper abgegebene Wärmemenge gleich der von dem Normal-
körper aufgenommenen Wärmemenge bez. umgekehrt. (Weiteres
vgl. unten § 51). Aus dem oben beschriebenen Experiment folgt
dann, dass ein Eisenstück bei Abkühlung um ein bestimmtes
Temperaturintervall eine grössere (etwa die vierfache) Wärme-
menge abgibt als ein Bleistück von gleichem Gewicht, und um-
gekehrt, dass das Eisen zu einer bestimmten Temperatur-Er-
höhung der Zufuhr einer entsprechend grösseren Wärmemenge
bedarf als das Blei.

§ 45. Als Wärmeeinheit galt früher allgemein diejenige
Wärmemenge, welche einem Gramm Wasser zuzuführen ist, um
es von 0° auf 1° zu erwärmen (Nullpunktscalorie). Dieselbe
ist nahezu gleich derjenigen, welche 1 gr Wasser von be-
liebiger Temperatur um 1° erwärmt. Seitdem aber die calori-
metrischen Messungen sich soweit verfeinert haben, dass man
den Einfluss der Anfangstemperatur des Wassers berücksichtigen
muss, wird häufig auch die Calorie als diejenige Wärmemenge
definirt, welche 1 gr Wasser von mittlerer Zimmertemperatur
(15° bis 20°) um 1° erwärmt. Dieselbe ist etwa 1,006 mal kleiner
als die Nullpunktscalorie. Endlich spricht man auch von der
"mittleren Calorie" als dem hundertsten Theil derjenigen Wärme-
menge, welche 1 gr Wasser von 0° auf 100° erwärmt, und
welche ungefähr ebensogross ist wie die Nullpunktscalorie. Jeder
dieser sogenannten "kleinen" Calorieen entspricht eine "grosse"
Calorie, welche sich auf 1 Kilogramm Wasser bezieht, also den
1000 fachen Werth hat.

§ 46. Das Verhältniss der von 1 gr eines Stoffes aufge-
nommenen Wärmemenge Q zu der durch sie bewirkten Tem-
peraturerhöhung th' -- th = D th heisst die mittlere spezifische
Wärme oder die auf 1 gr bezogene mittlere Wärmecapacität
des Stoffes zwischen den Temperaturen th und th':
[Formel 1] Danach ist die mittlere spezifische Wärme des Wassers zwischen
0° und 1° gleich einer Nullpunktscalorie. Geht man zu unend-
lich kleinen Temperaturintervallen über, so erhält man die spe-
zifische Wärme des Stoffes bei der Temperatur th:

Wärmemenge.
gesetzt, dass andere Ursachen der Temperaturänderung, wie Com-
pression, ausgeschlossen sind. Zugleich setzt man dabei die von
dem Körper abgegebene Wärmemenge gleich der von dem Normal-
körper aufgenommenen Wärmemenge bez. umgekehrt. (Weiteres
vgl. unten § 51). Aus dem oben beschriebenen Experiment folgt
dann, dass ein Eisenstück bei Abkühlung um ein bestimmtes
Temperaturintervall eine grössere (etwa die vierfache) Wärme-
menge abgibt als ein Bleistück von gleichem Gewicht, und um-
gekehrt, dass das Eisen zu einer bestimmten Temperatur-Er-
höhung der Zufuhr einer entsprechend grösseren Wärmemenge
bedarf als das Blei.

§ 45. Als Wärmeeinheit galt früher allgemein diejenige
Wärmemenge, welche einem Gramm Wasser zuzuführen ist, um
es von 0° auf 1° zu erwärmen (Nullpunktscalorie). Dieselbe
ist nahezu gleich derjenigen, welche 1 gr Wasser von be-
liebiger Temperatur um 1° erwärmt. Seitdem aber die calori-
metrischen Messungen sich soweit verfeinert haben, dass man
den Einfluss der Anfangstemperatur des Wassers berücksichtigen
muss, wird häufig auch die Calorie als diejenige Wärmemenge
definirt, welche 1 gr Wasser von mittlerer Zimmertemperatur
(15° bis 20°) um 1° erwärmt. Dieselbe ist etwa 1,006 mal kleiner
als die Nullpunktscalorie. Endlich spricht man auch von der
„mittleren Calorie“ als dem hundertsten Theil derjenigen Wärme-
menge, welche 1 gr Wasser von 0° auf 100° erwärmt, und
welche ungefähr ebensogross ist wie die Nullpunktscalorie. Jeder
dieser sogenannten „kleinen“ Calorieen entspricht eine „grosse“
Calorie, welche sich auf 1 Kilogramm Wasser bezieht, also den
1000 fachen Werth hat.

§ 46. Das Verhältniss der von 1 gr eines Stoffes aufge-
nommenen Wärmemenge Q zu der durch sie bewirkten Tem-
peraturerhöhung ϑ'ϑ = Δ ϑ heisst die mittlere spezifische
Wärme oder die auf 1 gr bezogene mittlere Wärmecapacität
des Stoffes zwischen den Temperaturen ϑ und ϑ':
[Formel 1] Danach ist die mittlere spezifische Wärme des Wassers zwischen
0° und 1° gleich einer Nullpunktscalorie. Geht man zu unend-
lich kleinen Temperaturintervallen über, so erhält man die spe-
zifische Wärme des Stoffes bei der Temperatur ϑ:

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[29/0045] Wärmemenge. gesetzt, dass andere Ursachen der Temperaturänderung, wie Com- pression, ausgeschlossen sind. Zugleich setzt man dabei die von dem Körper abgegebene Wärmemenge gleich der von dem Normal- körper aufgenommenen Wärmemenge bez. umgekehrt. (Weiteres vgl. unten § 51). Aus dem oben beschriebenen Experiment folgt dann, dass ein Eisenstück bei Abkühlung um ein bestimmtes Temperaturintervall eine grössere (etwa die vierfache) Wärme- menge abgibt als ein Bleistück von gleichem Gewicht, und um- gekehrt, dass das Eisen zu einer bestimmten Temperatur-Er- höhung der Zufuhr einer entsprechend grösseren Wärmemenge bedarf als das Blei. § 45. Als Wärmeeinheit galt früher allgemein diejenige Wärmemenge, welche einem Gramm Wasser zuzuführen ist, um es von 0° auf 1° zu erwärmen (Nullpunktscalorie). Dieselbe ist nahezu gleich derjenigen, welche 1 gr Wasser von be- liebiger Temperatur um 1° erwärmt. Seitdem aber die calori- metrischen Messungen sich soweit verfeinert haben, dass man den Einfluss der Anfangstemperatur des Wassers berücksichtigen muss, wird häufig auch die Calorie als diejenige Wärmemenge definirt, welche 1 gr Wasser von mittlerer Zimmertemperatur (15° bis 20°) um 1° erwärmt. Dieselbe ist etwa 1,006 mal kleiner als die Nullpunktscalorie. Endlich spricht man auch von der „mittleren Calorie“ als dem hundertsten Theil derjenigen Wärme- menge, welche 1 gr Wasser von 0° auf 100° erwärmt, und welche ungefähr ebensogross ist wie die Nullpunktscalorie. Jeder dieser sogenannten „kleinen“ Calorieen entspricht eine „grosse“ Calorie, welche sich auf 1 Kilogramm Wasser bezieht, also den 1000 fachen Werth hat. § 46. Das Verhältniss der von 1 gr eines Stoffes aufge- nommenen Wärmemenge Q zu der durch sie bewirkten Tem- peraturerhöhung ϑ' — ϑ = Δ ϑ heisst die mittlere spezifische Wärme oder die auf 1 gr bezogene mittlere Wärmecapacität des Stoffes zwischen den Temperaturen ϑ und ϑ': [FORMEL] Danach ist die mittlere spezifische Wärme des Wassers zwischen 0° und 1° gleich einer Nullpunktscalorie. Geht man zu unend- lich kleinen Temperaturintervallen über, so erhält man die spe- zifische Wärme des Stoffes bei der Temperatur ϑ:

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/45>, abgerufen am 27.04.2024.