Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Grundthatsachen und Definitionen.
jenige Molekulargewicht versteht, welches ein chemisch homogenes
Gas haben würde, wenn es in derselben Masse dieselbe Mole-
külzahl wie die Mischung enthielte. Bezeichnen wir das schein-
bare Molekulargewicht mit m, so ist die Molekülzahl
[Formel 1] folglich
[Formel 2] Daraus berechnet sich z. B. das scheinbare Molekulargewicht
der Luft folgendermassen. Da m1 = O2 = 32, m2 = N2 = 28,
M1 : M2 = 0,3 nach § 20, so ist
[Formel 3] etwas grösser als das Molekulargewicht des Stickstoffs.

§ 42. Ergibt somit die Zustandsgleichung für jedes ideale
Gas, sei es chemisch homogen oder nicht, nach (16) unmittelbar
die Gesammtzahl der darin enthaltenen Moleküle, so liefert sie,
wie schon § 19 hervorgehoben wurde, kein Mittel, um zu ent-
scheiden, ob die Moleküle gleichartig sind oder nicht. Bei der
Untersuchung dieser Frage ist man auf andere Methoden an-
gewiesen, von denen aber keine in allen Fällen praktisch
brauchbar ist. Häufig führt die Beobachtung der Diffusion,
namentlich durch eine poröse oder noch besser semipermeable
Wand zum Ziele, indem die einzelnen Gase einer Mischung sich
durch ihre ungleiche Diffusionsgeschwindigkeit, die bei semi-
permeablen Wänden bis auf Null herabsinken kann, von ein-
ander trennen und so die chemische Inhomogenität der Substanz
verrathen. Oft gibt auch die Entstehungsgeschichte des Gases
unmittelbaren Aufschluss über seine chemische Beschaffenheit.
Eine principielle Definition für ein chemisch homogenes Gas
liefert erst der Ausdruck der Entropie, § 237.

§ 43. Wenn ein Gas oder ein Dampf den für ideale Gase
gültigen Gesetzen nicht folgt, mit anderen Worten: wenn es
eine von der Temperatur oder dem Druck abhängige spezifische
Dichte besitzt, so kann man dennoch die Avogadro'sche De-
finition § 39 des Molekulargewichts zur Anwendung bringen;

Grundthatsachen und Definitionen.
jenige Molekulargewicht versteht, welches ein chemisch homogenes
Gas haben würde, wenn es in derselben Masse dieselbe Mole-
külzahl wie die Mischung enthielte. Bezeichnen wir das schein-
bare Molekulargewicht mit m, so ist die Molekülzahl
[Formel 1] folglich
[Formel 2] Daraus berechnet sich z. B. das scheinbare Molekulargewicht
der Luft folgendermassen. Da m1 = O2 = 32, m2 = N2 = 28,
M1 : M2 = 0,3 nach § 20, so ist
[Formel 3] etwas grösser als das Molekulargewicht des Stickstoffs.

§ 42. Ergibt somit die Zustandsgleichung für jedes ideale
Gas, sei es chemisch homogen oder nicht, nach (16) unmittelbar
die Gesammtzahl der darin enthaltenen Moleküle, so liefert sie,
wie schon § 19 hervorgehoben wurde, kein Mittel, um zu ent-
scheiden, ob die Moleküle gleichartig sind oder nicht. Bei der
Untersuchung dieser Frage ist man auf andere Methoden an-
gewiesen, von denen aber keine in allen Fällen praktisch
brauchbar ist. Häufig führt die Beobachtung der Diffusion,
namentlich durch eine poröse oder noch besser semipermeable
Wand zum Ziele, indem die einzelnen Gase einer Mischung sich
durch ihre ungleiche Diffusionsgeschwindigkeit, die bei semi-
permeablen Wänden bis auf Null herabsinken kann, von ein-
ander trennen und so die chemische Inhomogenität der Substanz
verrathen. Oft gibt auch die Entstehungsgeschichte des Gases
unmittelbaren Aufschluss über seine chemische Beschaffenheit.
Eine principielle Definition für ein chemisch homogenes Gas
liefert erst der Ausdruck der Entropie, § 237.

§ 43. Wenn ein Gas oder ein Dampf den für ideale Gase
gültigen Gesetzen nicht folgt, mit anderen Worten: wenn es
eine von der Temperatur oder dem Druck abhängige spezifische
Dichte besitzt, so kann man dennoch die Avogadro’sche De-
finition § 39 des Molekulargewichts zur Anwendung bringen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0042" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Grundthatsachen und Definitionen</hi>.</fw><lb/>
jenige Molekulargewicht versteht, welches ein chemisch homogenes<lb/>
Gas haben würde, wenn es in derselben Masse dieselbe Mole-<lb/>
külzahl wie die Mischung enthielte. Bezeichnen wir das schein-<lb/>
bare Molekulargewicht mit <hi rendition="#i">m</hi>, so ist die Molekülzahl<lb/><hi rendition="#c"><formula/></hi> folglich<lb/><hi rendition="#c"><formula/></hi> Daraus berechnet sich z. B. das scheinbare Molekulargewicht<lb/>
der Luft folgendermassen. Da <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = O<hi rendition="#sub">2</hi> = 32, <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">N</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = 28,<lb/><hi rendition="#i">M</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">: M</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = 0,3 nach § 20, so ist<lb/><hi rendition="#c"><formula/></hi> etwas grösser als das Molekulargewicht des Stickstoffs.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#b">§ 42.</hi> Ergibt somit die Zustandsgleichung für jedes ideale<lb/>
Gas, sei es chemisch homogen oder nicht, nach (16) unmittelbar<lb/>
die Gesammtzahl der darin enthaltenen Moleküle, so liefert sie,<lb/>
wie schon § 19 hervorgehoben wurde, kein Mittel, um zu ent-<lb/>
scheiden, ob die Moleküle gleichartig sind oder nicht. Bei der<lb/>
Untersuchung dieser Frage ist man auf andere Methoden an-<lb/>
gewiesen, von denen aber keine in allen Fällen praktisch<lb/>
brauchbar ist. Häufig führt die Beobachtung der Diffusion,<lb/>
namentlich durch eine poröse oder noch besser semipermeable<lb/>
Wand zum Ziele, indem die einzelnen Gase einer Mischung sich<lb/>
durch ihre ungleiche Diffusionsgeschwindigkeit, die bei semi-<lb/>
permeablen Wänden bis auf Null herabsinken kann, von ein-<lb/>
ander trennen und so die chemische Inhomogenität der Substanz<lb/>
verrathen. Oft gibt auch die Entstehungsgeschichte des Gases<lb/>
unmittelbaren Aufschluss über seine chemische Beschaffenheit.<lb/>
Eine principielle Definition für ein chemisch homogenes Gas<lb/>
liefert erst der Ausdruck der Entropie, § 237.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#b">§ 43.</hi> Wenn ein Gas oder ein Dampf den für ideale Gase<lb/>
gültigen Gesetzen nicht folgt, mit anderen Worten: wenn es<lb/>
eine von der Temperatur oder dem Druck abhängige spezifische<lb/>
Dichte besitzt, so kann man dennoch die <hi rendition="#k">Avogadro</hi>&#x2019;sche De-<lb/>
finition § 39 des Molekulargewichts zur Anwendung bringen;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0042] Grundthatsachen und Definitionen. jenige Molekulargewicht versteht, welches ein chemisch homogenes Gas haben würde, wenn es in derselben Masse dieselbe Mole- külzahl wie die Mischung enthielte. Bezeichnen wir das schein- bare Molekulargewicht mit m, so ist die Molekülzahl [FORMEL] folglich [FORMEL] Daraus berechnet sich z. B. das scheinbare Molekulargewicht der Luft folgendermassen. Da m1 = O2 = 32, m2 = N2 = 28, M1 : M2 = 0,3 nach § 20, so ist [FORMEL] etwas grösser als das Molekulargewicht des Stickstoffs. § 42. Ergibt somit die Zustandsgleichung für jedes ideale Gas, sei es chemisch homogen oder nicht, nach (16) unmittelbar die Gesammtzahl der darin enthaltenen Moleküle, so liefert sie, wie schon § 19 hervorgehoben wurde, kein Mittel, um zu ent- scheiden, ob die Moleküle gleichartig sind oder nicht. Bei der Untersuchung dieser Frage ist man auf andere Methoden an- gewiesen, von denen aber keine in allen Fällen praktisch brauchbar ist. Häufig führt die Beobachtung der Diffusion, namentlich durch eine poröse oder noch besser semipermeable Wand zum Ziele, indem die einzelnen Gase einer Mischung sich durch ihre ungleiche Diffusionsgeschwindigkeit, die bei semi- permeablen Wänden bis auf Null herabsinken kann, von ein- ander trennen und so die chemische Inhomogenität der Substanz verrathen. Oft gibt auch die Entstehungsgeschichte des Gases unmittelbaren Aufschluss über seine chemische Beschaffenheit. Eine principielle Definition für ein chemisch homogenes Gas liefert erst der Ausdruck der Entropie, § 237. § 43. Wenn ein Gas oder ein Dampf den für ideale Gase gültigen Gesetzen nicht folgt, mit anderen Worten: wenn es eine von der Temperatur oder dem Druck abhängige spezifische Dichte besitzt, so kann man dennoch die Avogadro’sche De- finition § 39 des Molekulargewichts zur Anwendung bringen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/42
Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/42>, abgerufen am 27.04.2024.