Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.vom gesunden Witze, etc. CLVII. Der beste Geschmack im Ehestan- de ist, wenn gleiche Gemüther, und gesunde auch noch in der Blüte seyende Leiber sich mit einander vereinigen. Wo aber Lüsternheit und Eifersucht einreisset, kann ein Ehegatte leicht ei- nen verwöhnten Geschmack bekommen, und sich nach fremder Speise umsehen. Es ist ein Geschmack des Eigensinnes, mit seinem Weibe um die Herrschaft streiten; denn wahre Liebe weiß von keiner Herrschaft, sondern gemein- schaftlicher Gefälligkeit, alles zu thun und zu lassen, was es dem andern an den Augen anse- hen kann. Die Brumm-Bäre, Kalmäuser und Bücher-Würmer, die ihre schönen jungen Weiber Braach liegen lassen, haben einen wunderlichen Geschmack. Es hat alles seine Zeit; und wer immer über den Büchern knau- stern will, sollte lieber gar nicht heyrathen. Da- her that jene rasche Frau nicht unrecht, daß sie, mit Aufhebung ihres Appetits-Röckgens, zu ihrem Mann sagte: Mann, hier ist das Cor- pus Iuris, da solltest du fleißiger in lesen, als in deinen alten Stänkern! CLVIII. Ein redlicher Bürger des gemeinen Wesens findet keinen Geschmack an Aufwie- gelung, Ohrenbläserey, Verunglimpfung der Obrigkeit, noch weniger an solchen Lastern, da- durch die öffentliche Ruhe und Sicherheit des gemeinen Wesens gestöret wird; am allerwe- nigsten aber an Aufruhr, Rebellion und Landes- Verrätherey. Die bürgerliche Honnettetät er- strecket
vom geſunden Witze, ꝛc. CLVII. Der beſte Geſchmack im Eheſtan- de iſt, wenn gleiche Gemuͤther, und geſunde auch noch in der Bluͤte ſeyende Leiber ſich mit einander vereinigen. Wo aber Luͤſternheit und Eiferſucht einreiſſet, kann ein Ehegatte leicht ei- nen verwoͤhnten Geſchmack bekommen, und ſich nach fremder Speiſe umſehen. Es iſt ein Geſchmack des Eigenſinnes, mit ſeinem Weibe um die Herrſchaft ſtreiten; denn wahre Liebe weiß von keiner Herrſchaft, ſondern gemein- ſchaftlicher Gefaͤlligkeit, alles zu thun und zu laſſen, was es dem andern an den Augen anſe- hen kann. Die Brumm-Baͤre, Kalmaͤuſer und Buͤcher-Wuͤrmer, die ihre ſchoͤnen jungen Weiber Braach liegen laſſen, haben einen wunderlichen Geſchmack. Es hat alles ſeine Zeit; und wer immer uͤber den Buͤchern knau- ſtern will, ſollte lieber gar nicht heyrathen. Da- her that jene raſche Frau nicht unrecht, daß ſie, mit Aufhebung ihres Appetits-Roͤckgens, zu ihrem Mann ſagte: Mann, hier iſt das Cor- pus Iuris, da ſollteſt du fleißiger in leſen, als in deinen alten Staͤnkern! CLVIII. Ein redlicher Buͤrger des gemeinen Weſens findet keinen Geſchmack an Aufwie- gelung, Ohrenblaͤſerey, Verunglimpfung der Obrigkeit, noch weniger an ſolchen Laſtern, da- durch die oͤffentliche Ruhe und Sicherheit des gemeinen Weſens geſtoͤret wird; am allerwe- nigſten aber an Aufruhr, Rebellion und Landes- Verraͤtherey. Die buͤrgerliche Honnettetaͤt er- ſtrecket
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vom geſunden Witze, ꝛc.
CLVII. Der beſte Geſchmack im Eheſtan-
de iſt, wenn gleiche Gemuͤther, und geſunde
auch noch in der Bluͤte ſeyende Leiber ſich mit
einander vereinigen. Wo aber Luͤſternheit und
Eiferſucht einreiſſet, kann ein Ehegatte leicht ei-
nen verwoͤhnten Geſchmack bekommen, und
ſich nach fremder Speiſe umſehen. Es iſt ein
Geſchmack des Eigenſinnes, mit ſeinem Weibe
um die Herrſchaft ſtreiten; denn wahre Liebe
weiß von keiner Herrſchaft, ſondern gemein-
ſchaftlicher Gefaͤlligkeit, alles zu thun und zu
laſſen, was es dem andern an den Augen anſe-
hen kann. Die Brumm-Baͤre, Kalmaͤuſer
und Buͤcher-Wuͤrmer, die ihre ſchoͤnen jungen
Weiber Braach liegen laſſen, haben einen
wunderlichen Geſchmack. Es hat alles ſeine
Zeit; und wer immer uͤber den Buͤchern knau-
ſtern will, ſollte lieber gar nicht heyrathen. Da-
her that jene raſche Frau nicht unrecht, daß ſie,
mit Aufhebung ihres Appetits-Roͤckgens, zu
ihrem Mann ſagte: Mann, hier iſt das Cor-
pus Iuris, da ſollteſt du fleißiger in leſen, als
in deinen alten Staͤnkern!
CLVIII. Ein redlicher Buͤrger des gemeinen
Weſens findet keinen Geſchmack an Aufwie-
gelung, Ohrenblaͤſerey, Verunglimpfung der
Obrigkeit, noch weniger an ſolchen Laſtern, da-
durch die oͤffentliche Ruhe und Sicherheit des
gemeinen Weſens geſtoͤret wird; am allerwe-
nigſten aber an Aufruhr, Rebellion und Landes-
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ſtrecket
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Zitationshilfe: | Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/245>, abgerufen am 26.07.2024. |