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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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fasern influenziren, entstehen für das Sensorium excentrische
Erscheinungen. -- Johannes Müller hat gegen diese Erklärung
nur eingewandt, dass sie nicht ausreiche, indem auch Empfin¬
dungsnerven ohne Ganglien, wie die Markhaut des Sehnerven,
der Irradiationen fähig seien. Sehen in die Sonne erzeugt be¬
kanntlich Kriebeln in der Nase als Irradiation auf den Quintus.
Man kann die Hypothese indessen durch folgende Argumente
als entschieden unzulässig und irrig zurückweisen. Zunächst
lehrt uns die Erfahrung, dass Irradiationen in Fasern auftreten,
welche keineswegs mit der gereizten centripetalen Faser durch
ein Ganglion streichen. Dieffenbach (Operative Chirurgie.
Bd. I. p. 852) erzählt einen Fall, in welchem sich nach einem
Aderlasse am Arme Mitempfindungen im Gebiete des Plexus
brachialis, cervicalis und dann abwärts bis zu dem Plexus lum¬
balis und ischiadicus derselben Seite einstellten. Einen Fall
derselben Art hat Romberg mitgetheilt. (Romberg, Nerven¬
krankheiten. Sensibilitäts-Neurosen. p. 23.)

Will man dem eingewandten Factum Dadurch entgehen,
dass man sich die einzelnen Ganglien durch Anastomosen ver¬
bunden denkt, welche die Erregungen zu den anderen sensiti¬
ven Nerven weiter leiten, so erklärt man sich gegen einen
Fundamentalsatz der Physiologie, der bis heute gilt und durch
die Experimente vieler Physiologen einstimmig als Wahrheit
angenommen ist. Wer nämlich jenen Einwand macht, giebt zu,
dass nach Trennung des Rückenmarkes ohne Verletzung der
hinteren Wurzeln mit ihren Ganglien durch Reizung des hinte¬
ren Körpertheiles der vordere ebenfalls erregt werden könne,
weil sich Irradiationen durch die Ganglienanastomosen weiter
fortpflanzten.

Was aber noch augenscheinlicher vielleicht die Hypothese
widerlegt, ist der Umstand, dass Irradiationen in weit entfern¬
ten Nerven auftreten, die keineswegs mit den gereizten durch
ein Ganglion streichen, während gerade in diesen dasselbe
zugleich, mitdurchsetzenden Empfindungsfasern keine Irradia¬
tionen erscheinen. Wir sehen den Wurmreiz im Darmkanal

fasern influenziren, entstehen für das Sensorium excentrische
Erscheinungen. — Johannes Müller hat gegen diese Erklärung
nur eingewandt, dass sie nicht ausreiche, indem auch Empfin¬
dungsnerven ohne Ganglien, wie die Markhaut des Sehnerven,
der Irradiationen fähig seien. Sehen in die Sonne erzeugt be¬
kanntlich Kriebeln in der Nase als Irradiation auf den Quintus.
Man kann die Hypothese indessen durch folgende Argumente
als entschieden unzulässig und irrig zurückweisen. Zunächst
lehrt uns die Erfahrung, dass Irradiationen in Fasern auftreten,
welche keineswegs mit der gereizten centripetalen Faser durch
ein Ganglion streichen. Dieffenbach (Operative Chirurgie.
Bd. I. p. 852) erzählt einen Fall, in welchem sich nach einem
Aderlasse am Arme Mitempfindungen im Gebiete des Plexus
brachialis, cervicalis und dann abwärts bis zu dem Plexus lum¬
balis und ischiadicus derselben Seite einstellten. Einen Fall
derselben Art hat Romberg mitgetheilt. (Romberg, Nerven¬
krankheiten. Sensibilitäts-Neurosen. p. 23.)

Will man dem eingewandten Factum Dadurch entgehen,
dass man sich die einzelnen Ganglien durch Anastomosen ver¬
bunden denkt, welche die Erregungen zu den anderen sensiti¬
ven Nerven weiter leiten, so erklärt man sich gegen einen
Fundamentalsatz der Physiologie, der bis heute gilt und durch
die Experimente vieler Physiologen einstimmig als Wahrheit
angenommen ist. Wer nämlich jenen Einwand macht, giebt zu,
dass nach Trennung des Rückenmarkes ohne Verletzung der
hinteren Wurzeln mit ihren Ganglien durch Reizung des hinte¬
ren Körpertheiles der vordere ebenfalls erregt werden könne,
weil sich Irradiationen durch die Ganglienanastomosen weiter
fortpflanzten.

Was aber noch augenscheinlicher vielleicht die Hypothese
widerlegt, ist der Umstand, dass Irradiationen in weit entfern¬
ten Nerven auftreten, die keineswegs mit den gereizten durch
ein Ganglion streichen, während gerade in diesen dasselbe
zugleich, mitdurchsetzenden Empfindungsfasern keine Irradia¬
tionen erscheinen. Wir sehen den Wurmreiz im Darmkanal

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[64/0086] fasern influenziren, entstehen für das Sensorium excentrische Erscheinungen. — Johannes Müller hat gegen diese Erklärung nur eingewandt, dass sie nicht ausreiche, indem auch Empfin¬ dungsnerven ohne Ganglien, wie die Markhaut des Sehnerven, der Irradiationen fähig seien. Sehen in die Sonne erzeugt be¬ kanntlich Kriebeln in der Nase als Irradiation auf den Quintus. Man kann die Hypothese indessen durch folgende Argumente als entschieden unzulässig und irrig zurückweisen. Zunächst lehrt uns die Erfahrung, dass Irradiationen in Fasern auftreten, welche keineswegs mit der gereizten centripetalen Faser durch ein Ganglion streichen. Dieffenbach (Operative Chirurgie. Bd. I. p. 852) erzählt einen Fall, in welchem sich nach einem Aderlasse am Arme Mitempfindungen im Gebiete des Plexus brachialis, cervicalis und dann abwärts bis zu dem Plexus lum¬ balis und ischiadicus derselben Seite einstellten. Einen Fall derselben Art hat Romberg mitgetheilt. (Romberg, Nerven¬ krankheiten. Sensibilitäts-Neurosen. p. 23.) Will man dem eingewandten Factum Dadurch entgehen, dass man sich die einzelnen Ganglien durch Anastomosen ver¬ bunden denkt, welche die Erregungen zu den anderen sensiti¬ ven Nerven weiter leiten, so erklärt man sich gegen einen Fundamentalsatz der Physiologie, der bis heute gilt und durch die Experimente vieler Physiologen einstimmig als Wahrheit angenommen ist. Wer nämlich jenen Einwand macht, giebt zu, dass nach Trennung des Rückenmarkes ohne Verletzung der hinteren Wurzeln mit ihren Ganglien durch Reizung des hinte¬ ren Körpertheiles der vordere ebenfalls erregt werden könne, weil sich Irradiationen durch die Ganglienanastomosen weiter fortpflanzten. Was aber noch augenscheinlicher vielleicht die Hypothese widerlegt, ist der Umstand, dass Irradiationen in weit entfern¬ ten Nerven auftreten, die keineswegs mit den gereizten durch ein Ganglion streichen, während gerade in diesen dasselbe zugleich, mitdurchsetzenden Empfindungsfasern keine Irradia¬ tionen erscheinen. Wir sehen den Wurmreiz im Darmkanal

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/86>, abgerufen am 22.11.2024.