Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Lage: es beherrscht die ganze Aussicht über das unermeßliche Thal, über die Stadt, die niedere Hügelreihe und das Gebirge. Das Haus selbst ist groß und mit allen möglichen Bequemlichkeiten versehen und eingerichtet, so daß ich nicht dachte, unter dem Dache einfacher Jünger und Nachfolger Christi zu sein, sondern in dem Landhause begüterter Privatleute. Es gab hier vier Frauen und eine ganze Schaar kleiner und größerer Kinder. Ich verlebte unter ihnen einige recht angenehme Stunden und bedauerte von Herzen, daß ich um neun Uhr Abends schon Abschied nehmen mußte. Man stellte mir auch einige Mädchen von Eingebornen vor, die von den Frauen der Missionäre unterrichtet werden. Sie sprachen und schrieben etwas englisch und waren ganz vorzüglich in der Geographie bewandert. Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, einiges über die Missionäre zu bemerken, deren Leben und Wirken ich im Laufe meiner Reise oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Ich traf Missionäre in Persien, in China und Indien, und sah sie überall ganz anders leben, als ich es mir vorgestellt hatte. Nach meiner Meinung stellte ich mir die Missionäre als halbe, wo nicht als ganze Märtyrer vor, und dachte sie mir von dem Eifer und dem Wunsche, die Heiden zu bekehren, so beseelt, daß sie gleich den Jüngern Christi, ihre Bequemlichkeiten und Bedürfnisse ganz vergäßen, daß sie nur mit dem Volke lebten, mit ihm unter einem Dache wohnten, aus einer Schüssel äßen u. s. w. Ach! das waren Bilder und Vorstellungen, die ich aus Büchern geschöpft hatte; in der Wirklichkeit verhielt sich das ganz Lage: es beherrscht die ganze Aussicht über das unermeßliche Thal, über die Stadt, die niedere Hügelreihe und das Gebirge. Das Haus selbst ist groß und mit allen möglichen Bequemlichkeiten versehen und eingerichtet, so daß ich nicht dachte, unter dem Dache einfacher Jünger und Nachfolger Christi zu sein, sondern in dem Landhause begüterter Privatleute. Es gab hier vier Frauen und eine ganze Schaar kleiner und größerer Kinder. Ich verlebte unter ihnen einige recht angenehme Stunden und bedauerte von Herzen, daß ich um neun Uhr Abends schon Abschied nehmen mußte. Man stellte mir auch einige Mädchen von Eingebornen vor, die von den Frauen der Missionäre unterrichtet werden. Sie sprachen und schrieben etwas englisch und waren ganz vorzüglich in der Geographie bewandert. Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, einiges über die Missionäre zu bemerken, deren Leben und Wirken ich im Laufe meiner Reise oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Ich traf Missionäre in Persien, in China und Indien, und sah sie überall ganz anders leben, als ich es mir vorgestellt hatte. Nach meiner Meinung stellte ich mir die Missionäre als halbe, wo nicht als ganze Märtyrer vor, und dachte sie mir von dem Eifer und dem Wunsche, die Heiden zu bekehren, so beseelt, daß sie gleich den Jüngern Christi, ihre Bequemlichkeiten und Bedürfnisse ganz vergäßen, daß sie nur mit dem Volke lebten, mit ihm unter einem Dache wohnten, aus einer Schüssel äßen u. s. w. Ach! das waren Bilder und Vorstellungen, die ich aus Büchern geschöpft hatte; in der Wirklichkeit verhielt sich das ganz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0215" n="207"/> Lage: es beherrscht die ganze Aussicht über das unermeßliche Thal, über die Stadt, die niedere Hügelreihe und das Gebirge. Das Haus selbst ist groß und mit allen möglichen Bequemlichkeiten versehen und eingerichtet, so daß <hi rendition="#aq">ich</hi> nicht dachte, unter dem Dache einfacher Jünger und Nachfolger Christi zu sein, sondern in dem Landhause begüterter Privatleute. Es gab hier vier Frauen und eine ganze Schaar kleiner und größerer Kinder. Ich verlebte unter ihnen einige recht angenehme Stunden und bedauerte von Herzen, daß ich um neun Uhr Abends schon Abschied nehmen mußte.</p> <p>Man stellte mir auch einige Mädchen von Eingebornen vor, die von den Frauen der Missionäre unterrichtet werden. Sie sprachen und schrieben etwas englisch und waren ganz vorzüglich in der Geographie bewandert. Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, einiges über die Missionäre zu bemerken, deren Leben und Wirken ich im Laufe meiner Reise oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Ich traf Missionäre in Persien, in China und Indien, und sah sie überall ganz anders leben, als ich es mir vorgestellt hatte.</p> <p>Nach meiner Meinung stellte ich mir die Missionäre als halbe, wo nicht als ganze Märtyrer vor, und dachte sie mir von dem Eifer und dem Wunsche, die Heiden zu bekehren, so beseelt, daß sie gleich den Jüngern Christi, ihre Bequemlichkeiten und Bedürfnisse ganz vergäßen, daß sie nur mit dem Volke lebten, mit ihm unter einem Dache wohnten, aus einer Schüssel äßen u. s. w. Ach! das waren Bilder und Vorstellungen, die ich aus Büchern geschöpft hatte; in der Wirklichkeit verhielt sich das ganz </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0215]
Lage: es beherrscht die ganze Aussicht über das unermeßliche Thal, über die Stadt, die niedere Hügelreihe und das Gebirge. Das Haus selbst ist groß und mit allen möglichen Bequemlichkeiten versehen und eingerichtet, so daß ich nicht dachte, unter dem Dache einfacher Jünger und Nachfolger Christi zu sein, sondern in dem Landhause begüterter Privatleute. Es gab hier vier Frauen und eine ganze Schaar kleiner und größerer Kinder. Ich verlebte unter ihnen einige recht angenehme Stunden und bedauerte von Herzen, daß ich um neun Uhr Abends schon Abschied nehmen mußte.
Man stellte mir auch einige Mädchen von Eingebornen vor, die von den Frauen der Missionäre unterrichtet werden. Sie sprachen und schrieben etwas englisch und waren ganz vorzüglich in der Geographie bewandert. Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, einiges über die Missionäre zu bemerken, deren Leben und Wirken ich im Laufe meiner Reise oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Ich traf Missionäre in Persien, in China und Indien, und sah sie überall ganz anders leben, als ich es mir vorgestellt hatte.
Nach meiner Meinung stellte ich mir die Missionäre als halbe, wo nicht als ganze Märtyrer vor, und dachte sie mir von dem Eifer und dem Wunsche, die Heiden zu bekehren, so beseelt, daß sie gleich den Jüngern Christi, ihre Bequemlichkeiten und Bedürfnisse ganz vergäßen, daß sie nur mit dem Volke lebten, mit ihm unter einem Dache wohnten, aus einer Schüssel äßen u. s. w. Ach! das waren Bilder und Vorstellungen, die ich aus Büchern geschöpft hatte; in der Wirklichkeit verhielt sich das ganz
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