Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte, nämlich die tintenfarbige Lammfleisch-Suppe zu Kerkü und Ervil, obwohl ich Tag und Nacht in denselben Kleidern bleiben mußte, ja nicht einmal Gelegenheit fand, Wäsche zu wechseln, der fürchterlichen Hitze, des anhaltenden Reitens und anderer Strapazen gar nicht zu gedenken.

Ich stieg vorerst in der Karavanserei ab und ließ mich dann zum englischen Vice-Konsul, Herrn Rassam, führen, der von meiner Ankunft schon durch einen Brief des englischen Residenten zu Bagdad, Herrn Rawlinson, unterrichtet war und bereits ein Zimmerchen für mich bereitet hatte.

Mein erster Gang war nach der Stadt, von deren Merkwürdigkeiten man aber wenig sagen kann. Sie ist mit Festungswerken umgeben und soll an 25,000 Einwohner zählen, darunter kaum ein Dutzend Europäer. Die Bazars sind ausgedehnt, aber nicht im geringsten schön; viele Kaffeebuden und einige Chane liegen dazwischen. Die Eingänge der Häuser fand ich alle schmal, niedrig und mit starken Pforten versehen. Dies rührt aus frühern Zeiten her, wo man vor feindlichen Ueberfällen nie sicher war. Im Innern findet man wunderschöne Hofplätze, hohe und luftige Zimmer mit schönen Fensterwölbungen und Eingängen. Die Thür- und Fensterstöcke, die Treppen und die Wände der ebenerdigen Zimmer sind meist von Marmor. Der Marmor, den man dazu verwendet, ist zwar nicht sehr fein und glänzend, aber doch immer besser anzusehen als Ziegelwände. Der reichhaltige Marmordruch befindet sich unmittelbar vor der Stadt.

Auch hier weilt man in den heißen Tagesstunden in

hatte, nämlich die tintenfarbige Lammfleisch-Suppe zu Kerkü und Ervil, obwohl ich Tag und Nacht in denselben Kleidern bleiben mußte, ja nicht einmal Gelegenheit fand, Wäsche zu wechseln, der fürchterlichen Hitze, des anhaltenden Reitens und anderer Strapazen gar nicht zu gedenken.

Ich stieg vorerst in der Karavanserei ab und ließ mich dann zum englischen Vice-Konsul, Herrn Rassam, führen, der von meiner Ankunft schon durch einen Brief des englischen Residenten zu Bagdad, Herrn Rawlinson, unterrichtet war und bereits ein Zimmerchen für mich bereitet hatte.

Mein erster Gang war nach der Stadt, von deren Merkwürdigkeiten man aber wenig sagen kann. Sie ist mit Festungswerken umgeben und soll an 25,000 Einwohner zählen, darunter kaum ein Dutzend Europäer. Die Bazars sind ausgedehnt, aber nicht im geringsten schön; viele Kaffeebuden und einige Chane liegen dazwischen. Die Eingänge der Häuser fand ich alle schmal, niedrig und mit starken Pforten versehen. Dies rührt aus frühern Zeiten her, wo man vor feindlichen Ueberfällen nie sicher war. Im Innern findet man wunderschöne Hofplätze, hohe und luftige Zimmer mit schönen Fensterwölbungen und Eingängen. Die Thür- und Fensterstöcke, die Treppen und die Wände der ebenerdigen Zimmer sind meist von Marmor. Der Marmor, den man dazu verwendet, ist zwar nicht sehr fein und glänzend, aber doch immer besser anzusehen als Ziegelwände. Der reichhaltige Marmordruch befindet sich unmittelbar vor der Stadt.

Auch hier weilt man in den heißen Tagesstunden in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0172" n="164"/>
hatte, nämlich die tintenfarbige Lammfleisch-Suppe zu <hi rendition="#aq">Kerkü</hi> und <hi rendition="#aq">Ervil</hi>, obwohl ich Tag und Nacht in denselben Kleidern bleiben mußte, ja nicht einmal Gelegenheit fand, Wäsche zu wechseln, der fürchterlichen Hitze, des anhaltenden Reitens und anderer Strapazen gar nicht zu gedenken.</p>
        <p>Ich stieg vorerst in der Karavanserei ab und ließ mich dann zum englischen Vice-Konsul, Herrn Rassam, führen, der von meiner Ankunft schon durch einen Brief des englischen Residenten zu <hi rendition="#aq">Bagdad</hi>, Herrn Rawlinson, unterrichtet war und bereits ein Zimmerchen für mich bereitet hatte.</p>
        <p>Mein erster Gang war nach der Stadt, von deren Merkwürdigkeiten man aber wenig sagen kann. Sie ist mit Festungswerken umgeben und soll an 25,000 Einwohner zählen, darunter kaum ein Dutzend Europäer. Die Bazars sind ausgedehnt, aber nicht im geringsten schön; viele Kaffeebuden und einige Chane liegen dazwischen. Die Eingänge der Häuser fand ich alle schmal, niedrig und mit starken Pforten versehen. Dies rührt aus frühern Zeiten her, wo man vor feindlichen Ueberfällen nie sicher war. Im Innern findet man wunderschöne Hofplätze, hohe und luftige Zimmer mit schönen Fensterwölbungen und Eingängen. Die Thür- und Fensterstöcke, die Treppen und die Wände der ebenerdigen Zimmer sind meist von Marmor. Der Marmor, den man dazu verwendet, ist zwar nicht sehr fein und glänzend, aber doch immer besser anzusehen als Ziegelwände. Der reichhaltige Marmordruch befindet sich unmittelbar vor der Stadt.</p>
        <p>Auch hier weilt man in den heißen Tagesstunden in
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0172] hatte, nämlich die tintenfarbige Lammfleisch-Suppe zu Kerkü und Ervil, obwohl ich Tag und Nacht in denselben Kleidern bleiben mußte, ja nicht einmal Gelegenheit fand, Wäsche zu wechseln, der fürchterlichen Hitze, des anhaltenden Reitens und anderer Strapazen gar nicht zu gedenken. Ich stieg vorerst in der Karavanserei ab und ließ mich dann zum englischen Vice-Konsul, Herrn Rassam, führen, der von meiner Ankunft schon durch einen Brief des englischen Residenten zu Bagdad, Herrn Rawlinson, unterrichtet war und bereits ein Zimmerchen für mich bereitet hatte. Mein erster Gang war nach der Stadt, von deren Merkwürdigkeiten man aber wenig sagen kann. Sie ist mit Festungswerken umgeben und soll an 25,000 Einwohner zählen, darunter kaum ein Dutzend Europäer. Die Bazars sind ausgedehnt, aber nicht im geringsten schön; viele Kaffeebuden und einige Chane liegen dazwischen. Die Eingänge der Häuser fand ich alle schmal, niedrig und mit starken Pforten versehen. Dies rührt aus frühern Zeiten her, wo man vor feindlichen Ueberfällen nie sicher war. Im Innern findet man wunderschöne Hofplätze, hohe und luftige Zimmer mit schönen Fensterwölbungen und Eingängen. Die Thür- und Fensterstöcke, die Treppen und die Wände der ebenerdigen Zimmer sind meist von Marmor. Der Marmor, den man dazu verwendet, ist zwar nicht sehr fein und glänzend, aber doch immer besser anzusehen als Ziegelwände. Der reichhaltige Marmordruch befindet sich unmittelbar vor der Stadt. Auch hier weilt man in den heißen Tagesstunden in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/172
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/172>, abgerufen am 28.11.2024.