Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.von der wilden, finstern Waldung, abgeschnitten von jeder Hilfe, allein in einem nur leicht geschlossenen Zimmer die Nächte zuzubringen. Da man mir aber überall versicherte, gar nie von einem Einbruche gehört zu haben, verabschiedete ich bald die überflüssige Furcht und schlief vollkommen ruhig. In Europa kenne ich nur wenig Länder, wo ich wagen möchte, bloß in Begleitung eines gedungenen Führers durch dichte Wälder zu reisen und in so schauerlich einsamen Häuschen die Nächte zuzubringen. Am 7. Oktober machten wir ebenfallls nur eine kleine Tagreise von 5 Leguas nach dem Städtchen Canto Gallo. Die Gegend blieb sich gleich, enge Thäler ohne Aussichten, und Gebirge, bedeckt mit unübersehbaren Waldungen. Erinnerten nicht hin und wieder kleine Fazenden oder gelegte Waldbrände an die Hand des Menschen, so könnte man vermeinen, in einem noch unentdeckten Theile Brasiliens umherzustreifen. Eine abenteureliche Abwechslung in dieses Einerlei brachte ein kurzes Abkommen vom Wege. Wir mußten, um die rechte Straße wieder zu erreichen, mitten durch den Wald über ungebahnte Fährten dringen, -- eine Aufgabe, von der sich ein Europäer kaum einen Begriff machen kann. Wir stiegen von den Thieren, der Führer hieb rechts und links die tief hängenden Baumzweige ab und durchschnitt das dichte Gewebe der Schlingpflanzen. Bald mußten wir über abgebrochene Stämme klettern, zwischen anderen uns durchzwängen, bald versanken wir bis an die Kniee in das Geflechte der zahllosen Schlingpflanzen. Ich begann fast an der Möglichkeit des Durchdringens zu von der wilden, finstern Waldung, abgeschnitten von jeder Hilfe, allein in einem nur leicht geschlossenen Zimmer die Nächte zuzubringen. Da man mir aber überall versicherte, gar nie von einem Einbruche gehört zu haben, verabschiedete ich bald die überflüssige Furcht und schlief vollkommen ruhig. In Europa kenne ich nur wenig Länder, wo ich wagen möchte, bloß in Begleitung eines gedungenen Führers durch dichte Wälder zu reisen und in so schauerlich einsamen Häuschen die Nächte zuzubringen. Am 7. Oktober machten wir ebenfallls nur eine kleine Tagreise von 5 Leguas nach dem Städtchen Canto Gallo. Die Gegend blieb sich gleich, enge Thäler ohne Aussichten, und Gebirge, bedeckt mit unübersehbaren Waldungen. Erinnerten nicht hin und wieder kleine Fazenden oder gelegte Waldbrände an die Hand des Menschen, so könnte man vermeinen, in einem noch unentdeckten Theile Brasiliens umherzustreifen. Eine abenteureliche Abwechslung in dieses Einerlei brachte ein kurzes Abkommen vom Wege. Wir mußten, um die rechte Straße wieder zu erreichen, mitten durch den Wald über ungebahnte Fährten dringen, — eine Aufgabe, von der sich ein Europäer kaum einen Begriff machen kann. Wir stiegen von den Thieren, der Führer hieb rechts und links die tief hängenden Baumzweige ab und durchschnitt das dichte Gewebe der Schlingpflanzen. Bald mußten wir über abgebrochene Stämme klettern, zwischen anderen uns durchzwängen, bald versanken wir bis an die Kniee in das Geflechte der zahllosen Schlingpflanzen. Ich begann fast an der Möglichkeit des Durchdringens zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0093" n="86"/> von der wilden, finstern Waldung, abgeschnitten von jeder Hilfe, <hi rendition="#g">allein</hi> in einem nur leicht geschlossenen Zimmer die Nächte zuzubringen. Da man mir aber überall versicherte, gar nie von einem Einbruche gehört zu haben, verabschiedete ich bald die überflüssige Furcht und schlief vollkommen ruhig.</p> <p> In Europa kenne ich nur wenig Länder, wo ich wagen möchte, bloß in Begleitung eines gedungenen Führers durch dichte Wälder zu reisen und in so schauerlich einsamen Häuschen die Nächte zuzubringen.</p> <p> Am 7. Oktober machten wir ebenfallls nur eine kleine Tagreise von 5 Leguas nach dem Städtchen Canto Gallo. Die Gegend blieb sich gleich, enge Thäler ohne Aussichten, und Gebirge, bedeckt mit unübersehbaren Waldungen. Erinnerten nicht hin und wieder kleine Fazenden oder gelegte Waldbrände an die Hand des Menschen, so könnte man vermeinen, in einem noch unentdeckten Theile Brasiliens umherzustreifen.</p> <p> Eine abenteureliche Abwechslung in dieses Einerlei brachte ein kurzes Abkommen vom Wege. Wir mußten, um die rechte Straße wieder zu erreichen, mitten durch den Wald über ungebahnte Fährten dringen, — eine Aufgabe, von der sich ein Europäer kaum einen Begriff machen kann. Wir stiegen von den Thieren, der Führer hieb rechts und links die tief hängenden Baumzweige ab und durchschnitt das dichte Gewebe der Schlingpflanzen. Bald mußten wir über abgebrochene Stämme klettern, zwischen anderen uns durchzwängen, bald versanken wir bis an die Kniee in das Geflechte der zahllosen Schlingpflanzen. Ich begann fast an der Möglichkeit des Durchdringens zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [86/0093]
von der wilden, finstern Waldung, abgeschnitten von jeder Hilfe, allein in einem nur leicht geschlossenen Zimmer die Nächte zuzubringen. Da man mir aber überall versicherte, gar nie von einem Einbruche gehört zu haben, verabschiedete ich bald die überflüssige Furcht und schlief vollkommen ruhig.
In Europa kenne ich nur wenig Länder, wo ich wagen möchte, bloß in Begleitung eines gedungenen Führers durch dichte Wälder zu reisen und in so schauerlich einsamen Häuschen die Nächte zuzubringen.
Am 7. Oktober machten wir ebenfallls nur eine kleine Tagreise von 5 Leguas nach dem Städtchen Canto Gallo. Die Gegend blieb sich gleich, enge Thäler ohne Aussichten, und Gebirge, bedeckt mit unübersehbaren Waldungen. Erinnerten nicht hin und wieder kleine Fazenden oder gelegte Waldbrände an die Hand des Menschen, so könnte man vermeinen, in einem noch unentdeckten Theile Brasiliens umherzustreifen.
Eine abenteureliche Abwechslung in dieses Einerlei brachte ein kurzes Abkommen vom Wege. Wir mußten, um die rechte Straße wieder zu erreichen, mitten durch den Wald über ungebahnte Fährten dringen, — eine Aufgabe, von der sich ein Europäer kaum einen Begriff machen kann. Wir stiegen von den Thieren, der Führer hieb rechts und links die tief hängenden Baumzweige ab und durchschnitt das dichte Gewebe der Schlingpflanzen. Bald mußten wir über abgebrochene Stämme klettern, zwischen anderen uns durchzwängen, bald versanken wir bis an die Kniee in das Geflechte der zahllosen Schlingpflanzen. Ich begann fast an der Möglichkeit des Durchdringens zu
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/93>, abgerufen am 03.07.2024. |