ppe_071.001 Leitung das große Unternehmen eines Handschriftenarchivs ins ppe_071.002 Leben gerufen worden, das die Beschreibungen sämtlicher deutschen ppe_071.003 Handschriften bis 1520 und die der poetischen Handschriften auch ppe_071.004 darüber hinaus systematisch zusammenträgt und die Überlieferung in ppe_071.005 einem vollständigen Überblick ausbreitet. Wenn die Ergebnisse dieser ppe_071.006 großen Inventarisation einmal veröffentlicht werden, so ist für die ppe_071.007 Geschmacksgeschichte zu ersehen, daß es nicht durchaus die größten ppe_071.008 Werke der deutschen Dichtung gewesen sind, die die weiteste Verbreitung ppe_071.009 gefunden haben. Dann schlägt auch eine neue Stunde für die ppe_071.010 Literaturwissenschaft; erst dann kann eine deutsche Literaturgeschichte ppe_071.011 des Mittelalters geschrieben werden, die auf der gesamten Überlieferung ppe_071.012 beruht, ohne daß sie mit der Vollständigkeit eines Nachschlagewerkes ppe_071.013 die Darstellung zu belasten brauchte.
ppe_071.014 Die Handschriften der Neuzeit haben eine andere Bedeutung für ppe_071.015 die Forschung; sie bilden nicht mehr, wie vor der Erfindung des Buchdrucks, ppe_071.016 die eigentliche Form der Veröffentlichung; vielmehr stellen ppe_071.017 sie das dar, was ihr vorausging: ungedruckt gebliebene Vorarbeiten ppe_071.018 und unausgeführte Entwürfe, die in die Werkstatt der Dichter Einblick ppe_071.019 gewähren und in frühe Stadien des Werdens zurückführen. Vor ppe_071.020 fast einem halben Jahrhundert hat der Philosoph Wilhelm Dilthey, ppe_071.021 der seine große Schleiermacher-Monographie aus dem handschriftlichen ppe_071.022 Material aufbaute, zur Gründung von Literaturarchiven in ppe_071.023 Deutschland aufgefordert, um Dichter- und Gelehrtennachlässe zu ppe_071.024 bergen und vor Verstreuung zu bewahren. Dieser Aufruf hat die ppe_071.025 Gründung der Berliner Literaturarchiv-Gesellschaft zur Folge gehabt, ppe_071.026 die aber bei ihren geringen Mitteln auf Schenkungen angewiesen war ppe_071.027 und keine zentrale Bedeutung gewinnen konnte. Dagegen haben ppe_071.028 die großen Dichtergedächtnisstätten wie das Goethe- und Schiller- ppe_071.029 Archiv, das Nietzsche-Archiv, das Rilke-Archiv in Weimar, das Schwäbische ppe_071.030 Schiller-Museum in Marbach, das Freie Deutsche Hochstift in ppe_071.031 Frankfurt am Main, die Grillparzer-Sammlung der Stadt Wien, die ppe_071.032 Gottfried-Keller-Stiftung in Zürich ebenso wie ähnliche Anstalten in ppe_071.033 anderen Ländern die Nachlässe, die ihnen großenteils durch Vermächtnis ppe_071.034 zuteil geworden sind, pietätvoll bewahrt und vermehrt. Die ppe_071.035 großen Nationalbibliotheken der Landeshauptstädte wie Berlin, Wien, ppe_071.036 München, Paris, London, Washington und altberühmte Universitätsbibliotheken ppe_071.037 wie Oxford, Cambridge, Upsala, Heidelberg haben die ppe_071.038 mittelalterlichen Bestände ihrer Handschriftenabteilungen durch Erwerb ppe_071.039 neuzeitlicher Manuskripte großzügig ergänzt. Daneben gibt es ppe_071.040 große Privatsammlungen, die wie der einzigartige Goethe-Tempel Kippenbergs ppe_071.041 in Leipzig ihren Erwerb durch Katalog und Jahrbücher der
ppe_071.001 Leitung das große Unternehmen eines Handschriftenarchivs ins ppe_071.002 Leben gerufen worden, das die Beschreibungen sämtlicher deutschen ppe_071.003 Handschriften bis 1520 und die der poetischen Handschriften auch ppe_071.004 darüber hinaus systematisch zusammenträgt und die Überlieferung in ppe_071.005 einem vollständigen Überblick ausbreitet. Wenn die Ergebnisse dieser ppe_071.006 großen Inventarisation einmal veröffentlicht werden, so ist für die ppe_071.007 Geschmacksgeschichte zu ersehen, daß es nicht durchaus die größten ppe_071.008 Werke der deutschen Dichtung gewesen sind, die die weiteste Verbreitung ppe_071.009 gefunden haben. Dann schlägt auch eine neue Stunde für die ppe_071.010 Literaturwissenschaft; erst dann kann eine deutsche Literaturgeschichte ppe_071.011 des Mittelalters geschrieben werden, die auf der gesamten Überlieferung ppe_071.012 beruht, ohne daß sie mit der Vollständigkeit eines Nachschlagewerkes ppe_071.013 die Darstellung zu belasten brauchte.
ppe_071.014 Die Handschriften der Neuzeit haben eine andere Bedeutung für ppe_071.015 die Forschung; sie bilden nicht mehr, wie vor der Erfindung des Buchdrucks, ppe_071.016 die eigentliche Form der Veröffentlichung; vielmehr stellen ppe_071.017 sie das dar, was ihr vorausging: ungedruckt gebliebene Vorarbeiten ppe_071.018 und unausgeführte Entwürfe, die in die Werkstatt der Dichter Einblick ppe_071.019 gewähren und in frühe Stadien des Werdens zurückführen. Vor ppe_071.020 fast einem halben Jahrhundert hat der Philosoph Wilhelm Dilthey, ppe_071.021 der seine große Schleiermacher-Monographie aus dem handschriftlichen ppe_071.022 Material aufbaute, zur Gründung von Literaturarchiven in ppe_071.023 Deutschland aufgefordert, um Dichter- und Gelehrtennachlässe zu ppe_071.024 bergen und vor Verstreuung zu bewahren. Dieser Aufruf hat die ppe_071.025 Gründung der Berliner Literaturarchiv-Gesellschaft zur Folge gehabt, ppe_071.026 die aber bei ihren geringen Mitteln auf Schenkungen angewiesen war ppe_071.027 und keine zentrale Bedeutung gewinnen konnte. Dagegen haben ppe_071.028 die großen Dichtergedächtnisstätten wie das Goethe- und Schiller- ppe_071.029 Archiv, das Nietzsche-Archiv, das Rilke-Archiv in Weimar, das Schwäbische ppe_071.030 Schiller-Museum in Marbach, das Freie Deutsche Hochstift in ppe_071.031 Frankfurt am Main, die Grillparzer-Sammlung der Stadt Wien, die ppe_071.032 Gottfried-Keller-Stiftung in Zürich ebenso wie ähnliche Anstalten in ppe_071.033 anderen Ländern die Nachlässe, die ihnen großenteils durch Vermächtnis ppe_071.034 zuteil geworden sind, pietätvoll bewahrt und vermehrt. Die ppe_071.035 großen Nationalbibliotheken der Landeshauptstädte wie Berlin, Wien, ppe_071.036 München, Paris, London, Washington und altberühmte Universitätsbibliotheken ppe_071.037 wie Oxford, Cambridge, Upsala, Heidelberg haben die ppe_071.038 mittelalterlichen Bestände ihrer Handschriftenabteilungen durch Erwerb ppe_071.039 neuzeitlicher Manuskripte großzügig ergänzt. Daneben gibt es ppe_071.040 große Privatsammlungen, die wie der einzigartige Goethe-Tempel Kippenbergs ppe_071.041 in Leipzig ihren Erwerb durch Katalog und Jahrbücher der
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Handschriften bis 1520 und die der poetischen Handschriften auch ppe_071.004
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/95>, abgerufen am 24.11.2024.
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