ppe_575.001 durchsetzen, sondern nur dadurch, daß eine Gemeinschaft ppe_575.002 ihn aufnimmt. Max Kirschstein hat in seinem Buch über "Klopstocks ppe_575.003 Deutsche Gelehrtenrepublik" (Berlin 1928) an dem Beispiel des Begriffes ppe_575.004 "Darstellung" gezeigt, wie die von Klopstock geschaffene Bedeutung ppe_575.005 zum Schlagwort einer neuen Kunstauffassung wird. In diesem ppe_575.006 Sinne wird jede Sprachgeschichte, die die Bedeutungsentwicklung ppe_575.007 in den Vordergrund stellt, Generationsgeschichte sein müssen.
ppe_575.008 h) Erstarren der älteren Generation. Die als Einheit ppe_575.009 kenntliche Altersgruppe behält nicht immer die Geschlossenheit ihres ppe_575.010 ersten Auftretens. Große Einzelne werden kraft ihrer individuellen ppe_575.011 Entelechie über den Generationsstand hinausgetragen; Mitläufer ppe_575.012 fallen in ihre angeborene Art zurück oder lassen sich von einer neuen ppe_575.013 Welle aufnehmen; der Durchschnitt aber bleibt in seiner Generationslage ppe_575.014 verharren und leistet neuem Ansturm Gegenwehr. Ja, er fordert ppe_575.015 diesen Ansturm geradezu heraus, indem er sich der neuen Jugend verschließt ppe_575.016 und ihr die Straße verlegt; die Generationseinheit wird zur ppe_575.017 Festung. Selbst Goethe, nachdem er in Weimar und Italien sich von ppe_575.018 den Altersgenossen des Sturmes und Dranges gelöst hatte, wollte den ppe_575.019 nach ihm Kommenden kaum mehr das Recht zugestehen, sich gleichfalls ppe_575.020 auszutoben. Der Rückblick auf seine erste Bekanntschaft mit ppe_575.021 Schiller bekennt, wie sehr ihn bei der Heimkehr aus Italien Erscheinungen ppe_575.022 in der Art von Heinses "Ardinghello" und Schillers "Räubern" ppe_575.023 abgestoßen hätten, weil sie in ethischen und theatralischen ppe_575.024 Paradoxen eine Gärung erneuerten, die er für seinen Teil eben überwunden ppe_575.025 hatte. Mit mildem Generationsverstehen fügt er dann allerdings ppe_575.026 hinzu: "Der Mensch kann sich nicht versagen, nach seiner Art ppe_575.027 wirken zu wollen, er versucht es erst unbewußt, ungebildet, dann auf ppe_575.028 jeder Stufe der Bildung immer bewußter; daher denn soviel Treffliches ppe_575.029 und Albernes sich über die Welt verbreitet, und Verwirrung ppe_575.030 aus Verwirrung sich entwickelt." Dieses Verstehen finden nachmals ppe_575.031 bei ihm die Brüder Schlegel und Zacharias Werner, während es Kleist ppe_575.032 gegenüber versagt. Schiller wiederum hat durch seine schroffe Zurückweisung ppe_575.033 Friedrich Schlegels die Jenaer Romantiker erst genötigt, im ppe_575.034 "Athenäum" als eigene Gruppe hervorzutreten. Deutlicher kann das ppe_575.035 sich abschließende Selbstbewußtsein des Reifealters nicht charakterisiert ppe_575.036 werden, als in den Versen, die die Überschrift "Sonntagskinder" ppe_575.037 tragen:
ppe_575.038
Jahrelang bildet der Meister und kann sich nimmer genugtun; ppe_575.039 Dem genialen Geschlecht wird es im Traume beschert. ppe_575.040 Was sie gestern gelernt, das wollen sie heute schon lehren -- -- ppe_575.041 Ach, was haben die Herrn doch für ein kurzes Gedärm.
ppe_575.001 durchsetzen, sondern nur dadurch, daß eine Gemeinschaft ppe_575.002 ihn aufnimmt. Max Kirschstein hat in seinem Buch über „Klopstocks ppe_575.003 Deutsche Gelehrtenrepublik“ (Berlin 1928) an dem Beispiel des Begriffes ppe_575.004 „Darstellung“ gezeigt, wie die von Klopstock geschaffene Bedeutung ppe_575.005 zum Schlagwort einer neuen Kunstauffassung wird. In diesem ppe_575.006 Sinne wird jede Sprachgeschichte, die die Bedeutungsentwicklung ppe_575.007 in den Vordergrund stellt, Generationsgeschichte sein müssen.
ppe_575.008 h) Erstarren der älteren Generation. Die als Einheit ppe_575.009 kenntliche Altersgruppe behält nicht immer die Geschlossenheit ihres ppe_575.010 ersten Auftretens. Große Einzelne werden kraft ihrer individuellen ppe_575.011 Entelechie über den Generationsstand hinausgetragen; Mitläufer ppe_575.012 fallen in ihre angeborene Art zurück oder lassen sich von einer neuen ppe_575.013 Welle aufnehmen; der Durchschnitt aber bleibt in seiner Generationslage ppe_575.014 verharren und leistet neuem Ansturm Gegenwehr. Ja, er fordert ppe_575.015 diesen Ansturm geradezu heraus, indem er sich der neuen Jugend verschließt ppe_575.016 und ihr die Straße verlegt; die Generationseinheit wird zur ppe_575.017 Festung. Selbst Goethe, nachdem er in Weimar und Italien sich von ppe_575.018 den Altersgenossen des Sturmes und Dranges gelöst hatte, wollte den ppe_575.019 nach ihm Kommenden kaum mehr das Recht zugestehen, sich gleichfalls ppe_575.020 auszutoben. Der Rückblick auf seine erste Bekanntschaft mit ppe_575.021 Schiller bekennt, wie sehr ihn bei der Heimkehr aus Italien Erscheinungen ppe_575.022 in der Art von Heinses „Ardinghello“ und Schillers „Räubern“ ppe_575.023 abgestoßen hätten, weil sie in ethischen und theatralischen ppe_575.024 Paradoxen eine Gärung erneuerten, die er für seinen Teil eben überwunden ppe_575.025 hatte. Mit mildem Generationsverstehen fügt er dann allerdings ppe_575.026 hinzu: „Der Mensch kann sich nicht versagen, nach seiner Art ppe_575.027 wirken zu wollen, er versucht es erst unbewußt, ungebildet, dann auf ppe_575.028 jeder Stufe der Bildung immer bewußter; daher denn soviel Treffliches ppe_575.029 und Albernes sich über die Welt verbreitet, und Verwirrung ppe_575.030 aus Verwirrung sich entwickelt.“ Dieses Verstehen finden nachmals ppe_575.031 bei ihm die Brüder Schlegel und Zacharias Werner, während es Kleist ppe_575.032 gegenüber versagt. Schiller wiederum hat durch seine schroffe Zurückweisung ppe_575.033 Friedrich Schlegels die Jenaer Romantiker erst genötigt, im ppe_575.034 „Athenäum“ als eigene Gruppe hervorzutreten. Deutlicher kann das ppe_575.035 sich abschließende Selbstbewußtsein des Reifealters nicht charakterisiert ppe_575.036 werden, als in den Versen, die die Überschrift „Sonntagskinder“ ppe_575.037 tragen:
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/599>, abgerufen am 23.11.2024.
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