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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Mensch oftmals als Werkzeug einer höheren Weltregierung zu betrachten, ppe_402.002
als ein würdig befundenes Gefäß eines göttlichen Einflusses."

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Goethe erzählt auch, daß er in Versuchung gekommen sei, sich wie ppe_402.004
Petrarca eine weiße Lederweste machen zu lassen und mit ihr zu ppe_402.005
Bett zu gehen, um sich alle nächtlichen Einfälle aufzeichnen zu können. ppe_402.006
Es handelt sich um Einfälle, nicht um geformte Dichtungen. ppe_402.007
Bei Lafontaine dagegen werden zwei Fabeln genannt ("La fable ppe_402.008
des plaisirs" und "Les deux pigeons"), die er im Schlafe gedichtet ppe_402.009
haben soll. Noch auffallender ist die Behauptung Voltaires, der einen ppe_402.010
ganzen Gesang seiner "Henriade" im Traum verfaßt und seinem Sekretär ppe_402.011
im Schlaf diktiert haben wollte. Wenn es zutrifft, so würde dadurch ppe_402.012
bewiesen, daß Voltaire kein Träumer war. Wenn wiederum ppe_402.013
von Lessing gesagt wurde, er habe niemals geträumt, so dürfte, die ppe_402.014
Richtigkeit vorausgesetzt, ihm daraufhin nicht etwa jede Phantasie ppe_402.015
überhaupt abgesprochen werden. Es wäre nur festzustellen, daß er ppe_402.016
sich eines gesunden Schlafes erfreute und im übrigen mit stets ppe_402.017
wachem Verstand das Unterbewußtsein in seiner Gewalt hatte.

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Bei manchem, der sich nach Petrarcas Vorbild zum Protokollieren ppe_402.019
erträumter Dichtung trainierte, konnte das Ergebnis vor der wachen ppe_402.020
Kritik des nächsten Morgens nicht bestehen. Varnhagen v. Ense erzählt ppe_402.021
in seinen "Denkwürdigkeiten" von dem Romantiker Sigmund ppe_402.022
v. Seckendorf, der einen wunderbaren Traum nach erfolgtem Erwachen ppe_402.023
weiterzuträumen sich bemühte, schließlich im Traum ein ppe_402.024
Gedicht auf seinen Traum machte und diese Verse im Traum komponierte. ppe_402.025
Als er dann wieder aufwachte, konnte er nicht mehr im Bett ppe_402.026
bleiben, ließ sich ein Licht bringen und schrieb den ganzen Traum ppe_402.027
nebst Gedicht und Komposition auf. Varnhagen teilt auch den Text ppe_402.028
mit und stellt fest, daß sich Seckendorfs Leistungsfähigkeit im Traum ppe_402.029
nicht gesteigert habe. Ein gewisser Reiz der leeren Reimerei liegt ppe_402.030
höchstens im eigentümlichen Klang und in einem Rhythmus, der ppe_402.031
innerem Pulsschlag zu entspringen scheint.

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Auch Mörike, der wie Jean Paul, Grillparzer und Hebbel seine ppe_402.033
Träume aus der Erinnerung aufzeichnete, hat einmal den halbwachen ppe_402.034
Zustand "An einem Wintermorgen vor Sonnenaufgang" zum Gegenstand ppe_402.035
eines Gedichtes gemacht; ebenso ist ihm die Ballade "Schön ppe_402.036
Rothraut", die vom Klang des Namens ausging, am frühen Morgen ppe_402.037
zwischen Schlafen und Wachen eingefallen. Uhlands Gedichte "Die ppe_402.038
Harfe" und "Die Klage" sind aus Träumen hervorgegangen; Hebbel ppe_402.039
hat für "Herodes und Mariamne" einen Traum seiner Frau verwertet; ppe_402.040
Christian Morgenstern wollte, einem wirklichen Traum folgend, ein ppe_402.041
dramatisches Märchen orientalischen Charakters schreiben, das aber

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Mensch oftmals als Werkzeug einer höheren Weltregierung zu betrachten, ppe_402.002
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/426>, abgerufen am 22.11.2024.