ppe_323.001 da diese ja keine Substanz hervorbringen kann. Selbst die sinnloseste ppe_323.002 materialistische Formel "Der Mensch ist, was er ißt" kann das nicht ppe_323.003 gemeint haben; noch weniger war es der Sinn der oft einseitig mißverstandenen ppe_323.004 deterministischen Milieutheorie. Wenigstens hat Taine die ppe_323.005 rassische Erbanlage ausdrücklich vorangestellt vor der Umwelt, weil ppe_323.006 sie durch diese erst geformt werden soll.
ppe_323.007 Auf der anderen Seite kann die äußerste Folgerichtigkeit von Erb- ppe_323.008 und Rassenlehre trotz der bestimmenden Entwicklungsmächte des ppe_323.009 Blutes, zu denen Daimon und Eros zu rechnen sind, die notwendige ppe_323.010 Mitwirkung der Umwelt nicht ausschließen. Und wenn es nur soweit ppe_323.011 ginge, daß die Rasse sich die ihr entsprechende Umwelt schafft oder ppe_323.012 sucht, wie nach neueren biologischen Lehren (v. Uexküll) die Umwelt ppe_323.013 nicht etwas das einzelne Lebewesen Bestimmendes, sondern eine durch ppe_323.014 seine Sinne bestimmte Merk- und Wirkwelt darstellt, seine Eigenwelt, ppe_323.015 wie man zwecks Vermeidung von Mißverständnissen zu sagen vorschlug.
ppe_323.016
ppe_323.017 Neben die Kraft des Blutes stellt sich die des Bodens und wenn nicht ppe_323.018 außerdem die Einwirkung geistiger Kräfte anerkannt werden müßte, ppe_323.019 wo blieben dann alle Bemühungen der Seelsorge, der Erziehung, der ppe_323.020 Heilkunst ebenso wie alle Fortschritte der Kultur und Technik, wenn ppe_323.021 sie auch noch so fragwürdig sind? Wo bliebe schließlich der Sinn der ppe_323.022 Dichtung, wenn sie nicht nur als selbstbefreiender Ausdruck, sondern ppe_323.023 als mitreißender Wirkungswille und als Sendung, für die eine Umwelt ppe_323.024 vorauszusetzen ist, betrachtet wird?
ppe_323.025 Am wenigsten kann der Dichter in seinen Daseinsbedingungen von ppe_323.026 der ihn umgebenden Welt losgelöst werden, verdankt er ihr doch allen ppe_323.027 Erlebnisstoff, den er formt und an dem er sich bildet. Wie im dichterischen ppe_323.028 Erlebnis Inneres und Äußeres, Schöpferisches und Leidendes ppe_323.029 einander entgegenstreben, miteinander ringen und sich durchdringen, ppe_323.030 so ist es auch im Werdegang der dichterischen Persönlichkeit. Zweierlei ppe_323.031 Verhalten, das zur Entwicklung und Wandlung führt, ist dabei zu ppe_323.032 unterscheiden: die Aktivität eines mehr oder weniger bewußten Hineinwachsens ppe_323.033 in die Umwelt mit allen ihren zugehörigen Bereichen; ppe_323.034 anderseits die Passivität der Hingabe an von außen wirkende Einflüsse. ppe_323.035 Im Grunde geht beides zusammen, und das Mehr oder Weniger hängt ppe_323.036 von dem Verhalten der Umweltfaktoren ab. Aktive Anpassung stellt ppe_323.037 sich gegenüber einer passiven Ruhelage ein; passive Unterwerfung ppe_323.038 gegenüber aktiv eindringenden und fordernden Mächten. Unveränderlich ppe_323.039 sind, soweit sie als Ganzes dem Einzelnen gegenüberstehen, die ppe_323.040 in sich beruhenden Verhältnisse des Raumes, wie Haus, Heimat, Landschaft, ppe_323.041 Sprache, Volkstum, zu denen der Werdende anschmiegend und
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ppe_323.007 Auf der anderen Seite kann die äußerste Folgerichtigkeit von Erb- ppe_323.008 und Rassenlehre trotz der bestimmenden Entwicklungsmächte des ppe_323.009 Blutes, zu denen Daimon und Eros zu rechnen sind, die notwendige ppe_323.010 Mitwirkung der Umwelt nicht ausschließen. Und wenn es nur soweit ppe_323.011 ginge, daß die Rasse sich die ihr entsprechende Umwelt schafft oder ppe_323.012 sucht, wie nach neueren biologischen Lehren (v. Uexküll) die Umwelt ppe_323.013 nicht etwas das einzelne Lebewesen Bestimmendes, sondern eine durch ppe_323.014 seine Sinne bestimmte Merk- und Wirkwelt darstellt, seine Eigenwelt, ppe_323.015 wie man zwecks Vermeidung von Mißverständnissen zu sagen vorschlug.
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ppe_323.025 Am wenigsten kann der Dichter in seinen Daseinsbedingungen von ppe_323.026 der ihn umgebenden Welt losgelöst werden, verdankt er ihr doch allen ppe_323.027 Erlebnisstoff, den er formt und an dem er sich bildet. Wie im dichterischen ppe_323.028 Erlebnis Inneres und Äußeres, Schöpferisches und Leidendes ppe_323.029 einander entgegenstreben, miteinander ringen und sich durchdringen, ppe_323.030 so ist es auch im Werdegang der dichterischen Persönlichkeit. Zweierlei ppe_323.031 Verhalten, das zur Entwicklung und Wandlung führt, ist dabei zu ppe_323.032 unterscheiden: die Aktivität eines mehr oder weniger bewußten Hineinwachsens ppe_323.033 in die Umwelt mit allen ihren zugehörigen Bereichen; ppe_323.034 anderseits die Passivität der Hingabe an von außen wirkende Einflüsse. ppe_323.035 Im Grunde geht beides zusammen, und das Mehr oder Weniger hängt ppe_323.036 von dem Verhalten der Umweltfaktoren ab. Aktive Anpassung stellt ppe_323.037 sich gegenüber einer passiven Ruhelage ein; passive Unterwerfung ppe_323.038 gegenüber aktiv eindringenden und fordernden Mächten. Unveränderlich ppe_323.039 sind, soweit sie als Ganzes dem Einzelnen gegenüberstehen, die ppe_323.040 in sich beruhenden Verhältnisse des Raumes, wie Haus, Heimat, Landschaft, ppe_323.041 Sprache, Volkstum, zu denen der Werdende anschmiegend und
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/347>, abgerufen am 25.11.2024.
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