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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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2. Ererbtes

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Rasse, Stamm und Sippe sind die drei Grade körperlicher und geistiger ppe_283.003
Erbgemeinschaft, deren Bereich sich über den unendlichen Weg ppe_283.004
vom dunkeln Ursprung der Menschheit bis zur Geburt des Einzelnen ppe_283.005
erstreckt. Wenn auch die Rasse das Weiteste, räumlich und zeitlich ppe_283.006
Umfassendste ist, so gehen die beiden anderen Begriffe doch nicht in ppe_283.007
ihrer Summe auf. Aus einer urzeitlichen Rasse können vielerlei Völker ppe_283.008
und Stämme hervorgegangen sein, ebenso wie in einem Volk verschiedene ppe_283.009
Rassen vermischt sind. In einem Stamm können unzählige ppe_283.010
Familien verzweigt sein, ebenso wie in einer Familie der Blutstrom ppe_283.011
verschiedener Stämme zusammenfließt. Das Volk ist nicht Teilbegriff ppe_283.012
einer Rasse, wenn auch bestimmte Rassenmerkmale in seinem Typus ppe_283.013
vorwiegen mögen. Ebenso wenig läßt sich der Stamm, der nach alten ppe_283.014
Mythen auf einen Urvater heroischer oder göttlicher Abkunft zurückgeht, ppe_283.015
in lauter Familien auflösen, wenn auch die Familie das Sinnbild ppe_283.016
und das Fortpflanzungsmittel des Stammes darstellt. Im Laufe der ppe_283.017
Jahrtausende sind neue Rassen, im Laufe der Jahrhunderte neue Völker ppe_283.018
und Stämme entstanden, und neue Familien bilden sich fortwährend ppe_283.019
in rasse- und stammerhaltender oder rassezerstörender Funktion. ppe_283.020
Wenn Weltgeschichte und Weltverkehr für Kreuzung von Rassen, ppe_283.021
für Ineinanderaufgehen von Völkern und Stämmen, für Wanderung ppe_283.022
und Wechsel von Landschaft und Heimat, für Blutverbindung fremder ppe_283.023
Familien oder für Seßhaftigkeit, Inzucht und Häufung des Erbgutes ppe_283.024
gesorgt haben, so ließ das Würfelspiel des Schicksals aus dem Urbestand ppe_283.025
immer neue Mischungen hervorgehen, als deren letzter Wurf ppe_283.026
jedesmal ein Einzelner anzusehen ist. In seiner Eigenart müssen wir ppe_283.027
die ererbten Züge suchen, weil er in Lebenskräften und Geisteshaltung ppe_283.028
durch sie bedingt ist.

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Dieses Erbgut kann in der äußeren Erscheinung des Dichters sich ppe_283.030
offenbaren. Das Rassische ist in Schädelform, Augen-, Haar- und ppe_283.031
Hautfarbe, Körperbau, Haltung, Gang und Ausdrucksbewegungen ppe_283.032
erkennbar, während Volkszugehörigkeit und Sprache ebenso wie Geburtsort ppe_283.033
und Familienname schon oft zu rassischen Fehldiagnosen ppe_283.034
geführt haben. -- Für die Merkmale des Stammes, dessen rassische ppe_283.035
Züge nicht einheitlich zu sein brauchen, kommt als formgebend und ppe_283.036
stilbildend die Sprache hinzu. Die Tätigkeit der Gesichtsmuskeln ist ppe_283.037
es, die nach Fritz Lange in die ererbte Grundform neue Züge als Eindrücke ppe_283.038
von Erlebnissen und Erfahrungen, Umwelt und Beruf einzeichnet. ppe_283.039
Wenn vor allem die gewohnheitsmäßige Artikulation der ppe_283.040
Sprache gestaltenden Einfluß auf das Antlitz und seine Muskulatur

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durch sie bedingt ist.

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Dieses Erbgut kann in der äußeren Erscheinung des Dichters sich ppe_283.030
offenbaren. Das Rassische ist in Schädelform, Augen-, Haar- und ppe_283.031
Hautfarbe, Körperbau, Haltung, Gang und Ausdrucksbewegungen ppe_283.032
erkennbar, während Volkszugehörigkeit und Sprache ebenso wie Geburtsort ppe_283.033
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/307>, abgerufen am 23.11.2024.