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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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ist die Vermischung solcher aus Landkarte, Adreßbuch oder Zeitung ppe_165.002
entlehnter Namen mit bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen ppe_165.003
Lebens, die im Hintergrund auftreten oder gesprächsweise erwähnt ppe_165.004
werden (z. B. Bismarck in "Effi Briest" oder Hofprediger Frommel ppe_165.005
im "Stechlin"). So wird Namengebung zu einem charakteristischen ppe_165.006
Bestandteil des persönlichen Stils.

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Alle realistischen Menschendarsteller verdanken den Farbenreichtum ppe_165.008
ihrer Palette der Benutzung von Wirklichkeitszügen. Selma ppe_165.009
Lagerlöf hat erklärt, daß alle Gestalten der Gösta-Berlings-Saga dem ppe_165.010
Leben entlehnt seien. Balzac, Flaubert, Zola sind dafür bekannte Beispiele. ppe_165.011
Meist ist Vorsorge getroffen, daß modellartige Beziehungen ppe_165.012
nicht mehr erkennbar sind. So traf z. B. Henry Beyle (Stendhal) in ppe_165.013
seinem Testament folgende Verfügung über den hinterlassenen Roman ppe_165.014
"Die Orange von Malta": "Ich bin dem Brauch der Maler, den ich ppe_165.015
spaßhaft finde, gefolgt und habe nach Modellen gearbeitet. Man wird ppe_165.016
alle allzu deutlichen Anspielungen, die als Satire wirken würden, ppe_165.017
ausmerzen müssen."

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Wo das Werk gar nicht mehr erkennen läßt, daß gewisse Wirklichkeitszüge ppe_165.019
einem erst in der Bildung begriffenen Charakter beigemischt ppe_165.020
wurden, bleiben die Ursprünge belanglos für die Analyse, es sei denn, ppe_165.021
daß durch die Wirklichkeitsanlehnung etwas Widerspruchsvolles in ppe_165.022
die Charakteristik gekommen wäre. Selbst wenn Jean Paul sich für ppe_165.023
den noch nicht feststehenden Charakter des Walt in den "Flegeljahren" ppe_165.024
Züge von Herder, Buri, Wieland und Tieck notierte, so kann ppe_165.025
davon höchstens Aufschluß über seine persönlichen Lebensbeziehungen ppe_165.026
zu den Genannten gewonnen werden; für das Verständnis des ppe_165.027
Werkes ist nichts daraus zu erschließen, denn nachdem sich endlich ppe_165.028
der "Fokus" für alle Einzelheiten fand, kann sich als Ergebnis des ppe_165.029
Nachspürens schließlich nichts anderes herausstellen, als daß das ppe_165.030
eigentliche Modell für die Zwillingsbrüder Walt und Vult das in zwei ppe_165.031
Hälften gespaltene Ich des Dichters gewesen ist. Auch bei einem ppe_165.032
Erzähler, der so stark von Vorbildern des Lebens abhängig war, wie ppe_165.033
Th. Fontane, gilt schließlich das eigene Bekenntnis:

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Was wir in Welt und Menschen lesen, ppe_165.035
Ist nur der eigne Widerschein.

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Und wenn es nun bei Goethe so gewesen wäre, daß eines der verschiedenen ppe_165.037
Harfenmädchen, die ihm in Literatur und Leben begegnet ppe_165.038
sind, solchen Eindruck auf ihn machte, daß er die äußere Erscheinung ppe_165.039
Mignons durch sie bestimmen ließ, so wäre das eben nur ein Beitrag ppe_165.040
zur Maske und Garderobe der Gestalt, nicht der Anstoß zu ihrer

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der „Fokus“ für alle Einzelheiten fand, kann sich als Ergebnis des ppe_165.029
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Erzähler, der so stark von Vorbildern des Lebens abhängig war, wie ppe_165.033
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/189>, abgerufen am 24.11.2024.