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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Nach ihnen kamen die Hausväter und Haus-
mütter, und er sagte zu ihnen -- seyd ihr wie ein
guter Baum, der da steht voll reifer Früchten? --
Dann las er: Das ist die Prüfung eines Vaters
und einer Mutter, ob sie in der Liebe wandeln vor
dem Herrn ihrem Gott --! --

Wendest du die Kräfte deines Leibs und dei-
ner Seele an, daß es deinen Kindern in Zeit und
Ewigkeit wohl gehe? -- Weißest du, daß deine
Kinder das Ebenbild Gottes ihres Schöpfers in
ihrem Innersten herumtragen? Und heiligest du
sie zu einem Tempel der Herrlichkeit Gottes die in
ihnen wohnet? -- Oder ist deine Liebe zu ihnen
blos die Liebe des Thiers das seinen Jungen an-
hanget? -- Kennest du die Bedürfnisse der Seele,
und den Segen des Friedens, und die Ruhe des
Herzens? -- Bist du eben so geschäftig ihren See-
len Nahrung zu schaffen, und ihren Geist zu beklei-
den als ihren Leib? -- Weißest du, daß wenn du
ihre Seelen verschmachten, und blos und unbe-
kleidet aufwachsen läßest, sie verwildern, und wie
die Thiere der Felder werden, wie die wilden
Thiere, die man abthun und ausrotten muß von
der Erde, damit das Leben und das Eigenthum
des Menschen vor ihnen sicher sey? -- Weißest du,
daß deine Hausordnung das Meiste dazu beyträgt,
ihre Seelen gut zu bilden, und sie vor allem Bösen
zu bewahren? -- Wachest du in diesem Gesichts-

Nach ihnen kamen die Hausvaͤter und Haus-
muͤtter, und er ſagte zu ihnen — ſeyd ihr wie ein
guter Baum, der da ſteht voll reifer Fruͤchten? —
Dann las er: Das iſt die Pruͤfung eines Vaters
und einer Mutter, ob ſie in der Liebe wandeln vor
dem Herrn ihrem Gott —! —

Wendeſt du die Kraͤfte deines Leibs und dei-
ner Seele an, daß es deinen Kindern in Zeit und
Ewigkeit wohl gehe? — Weißeſt du, daß deine
Kinder das Ebenbild Gottes ihres Schoͤpfers in
ihrem Innerſten herumtragen? Und heiligeſt du
ſie zu einem Tempel der Herrlichkeit Gottes die in
ihnen wohnet? — Oder iſt deine Liebe zu ihnen
blos die Liebe des Thiers das ſeinen Jungen an-
hanget? — Kenneſt du die Beduͤrfniſſe der Seele,
und den Segen des Friedens, und die Ruhe des
Herzens? — Biſt du eben ſo geſchaͤftig ihren See-
len Nahrung zu ſchaffen, und ihren Geiſt zu beklei-
den als ihren Leib? — Weißeſt du, daß wenn du
ihre Seelen verſchmachten, und blos und unbe-
kleidet aufwachſen laͤßeſt, ſie verwildern, und wie
die Thiere der Felder werden, wie die wilden
Thiere, die man abthun und ausrotten muß von
der Erde, damit das Leben und das Eigenthum
des Menſchen vor ihnen ſicher ſey? — Weißeſt du,
daß deine Hausordnung das Meiſte dazu beytraͤgt,
ihre Seelen gut zu bilden, und ſie vor allem Boͤſen
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[358/0376] Nach ihnen kamen die Hausvaͤter und Haus- muͤtter, und er ſagte zu ihnen — ſeyd ihr wie ein guter Baum, der da ſteht voll reifer Fruͤchten? — Dann las er: Das iſt die Pruͤfung eines Vaters und einer Mutter, ob ſie in der Liebe wandeln vor dem Herrn ihrem Gott —! — Wendeſt du die Kraͤfte deines Leibs und dei- ner Seele an, daß es deinen Kindern in Zeit und Ewigkeit wohl gehe? — Weißeſt du, daß deine Kinder das Ebenbild Gottes ihres Schoͤpfers in ihrem Innerſten herumtragen? Und heiligeſt du ſie zu einem Tempel der Herrlichkeit Gottes die in ihnen wohnet? — Oder iſt deine Liebe zu ihnen blos die Liebe des Thiers das ſeinen Jungen an- hanget? — Kenneſt du die Beduͤrfniſſe der Seele, und den Segen des Friedens, und die Ruhe des Herzens? — Biſt du eben ſo geſchaͤftig ihren See- len Nahrung zu ſchaffen, und ihren Geiſt zu beklei- den als ihren Leib? — Weißeſt du, daß wenn du ihre Seelen verſchmachten, und blos und unbe- kleidet aufwachſen laͤßeſt, ſie verwildern, und wie die Thiere der Felder werden, wie die wilden Thiere, die man abthun und ausrotten muß von der Erde, damit das Leben und das Eigenthum des Menſchen vor ihnen ſicher ſey? — Weißeſt du, daß deine Hausordnung das Meiſte dazu beytraͤgt, ihre Seelen gut zu bilden, und ſie vor allem Boͤſen zu bewahren? — Wacheſt du in dieſem Geſichts-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/376>, abgerufen am 03.05.2024.