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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Sylvia. Gewiß? --

Arner. Ich könnte noch mehr sagen. --

Sylvia. Was könnten sie wohl mehr sagen?

Arner. Ich könnte sagen, -- Alles. --

Sylvia. Ich denke wohl, sie könnten sagen
-- alles -- Aber wenn man es dann auch glaubte.

Arner. Sie haben recht, es ist besser, ich
bleibe beym Vieles.

Sylvia. Ich wüßte etwas, das noch besser
wäre. --

Arner. Was das?

Sylvia. Wenn sie sagen würden, gar nichts --

Arner. Wenn sie allein da wären, ich wür-
de ihnen sicher sagen, gar nichts. --

So wörtleten sie miteinander, bis Arner end-
lich Bylifskys Brief herabholte, und zwey davon
dem Generalen ganz zu lesen gab; den dritten las'
er ihm vor bis auf die Stell im Anfang, in der
Bylifsky die Gleichheit Helidors mit Füeßlis Teufel
in Lavaters Physiognomik bemerkte, das dorfte er
ihm nicht vorlesen, weil Sylvia ihn kannte. --
Sie gieng, so bald der Onkle die Brille aufsetzte
und anfieng laut zu lesen, vom Tisch weg, aber der
General sagte, indem er einen Augenblick still hielt,
es ist izt gleich viel, es scheint du habest recht,
und sie habe unrecht. -- Er las dann mit seiner
Brille an den Ohren fort, das Herz klopfte ihm

Sylvia. Gewiß? —

Arner. Ich koͤnnte noch mehr ſagen. —

Sylvia. Was koͤnnten ſie wohl mehr ſagen?

Arner. Ich koͤnnte ſagen, — Alles. —

Sylvia. Ich denke wohl, ſie koͤnnten ſagen
— alles — Aber wenn man es dann auch glaubte.

Arner. Sie haben recht, es iſt beſſer, ich
bleibe beym Vieles.

Sylvia. Ich wuͤßte etwas, das noch beſſer
waͤre. —

Arner. Was das?

Sylvia. Wenn ſie ſagen wuͤrden, gar nichts —

Arner. Wenn ſie allein da waͤren, ich wuͤr-
de ihnen ſicher ſagen, gar nichts. —

So woͤrtleten ſie miteinander, bis Arner end-
lich Bylifskys Brief herabholte, und zwey davon
dem Generalen ganz zu leſen gab; den dritten laſ'
er ihm vor bis auf die Stell im Anfang, in der
Bylifsky die Gleichheit Helidors mit Fuͤeßlis Teufel
in Lavaters Phyſiognomik bemerkte, das dorfte er
ihm nicht vorleſen, weil Sylvia ihn kannte. —
Sie gieng, ſo bald der Onkle die Brille aufſetzte
und anfieng laut zu leſen, vom Tiſch weg, aber der
General ſagte, indem er einen Augenblick ſtill hielt,
es iſt izt gleich viel, es ſcheint du habeſt recht,
und ſie habe unrecht. — Er laſ dann mit ſeiner
Brille an den Ohren fort, das Herz klopfte ihm

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[18/0036] Sylvia. Gewiß? — Arner. Ich koͤnnte noch mehr ſagen. — Sylvia. Was koͤnnten ſie wohl mehr ſagen? Arner. Ich koͤnnte ſagen, — Alles. — Sylvia. Ich denke wohl, ſie koͤnnten ſagen — alles — Aber wenn man es dann auch glaubte. Arner. Sie haben recht, es iſt beſſer, ich bleibe beym Vieles. Sylvia. Ich wuͤßte etwas, das noch beſſer waͤre. — Arner. Was das? Sylvia. Wenn ſie ſagen wuͤrden, gar nichts — Arner. Wenn ſie allein da waͤren, ich wuͤr- de ihnen ſicher ſagen, gar nichts. — So woͤrtleten ſie miteinander, bis Arner end- lich Bylifskys Brief herabholte, und zwey davon dem Generalen ganz zu leſen gab; den dritten laſ' er ihm vor bis auf die Stell im Anfang, in der Bylifsky die Gleichheit Helidors mit Fuͤeßlis Teufel in Lavaters Phyſiognomik bemerkte, das dorfte er ihm nicht vorleſen, weil Sylvia ihn kannte. — Sie gieng, ſo bald der Onkle die Brille aufſetzte und anfieng laut zu leſen, vom Tiſch weg, aber der General ſagte, indem er einen Augenblick ſtill hielt, es iſt izt gleich viel, es ſcheint du habeſt recht, und ſie habe unrecht. — Er laſ dann mit ſeiner Brille an den Ohren fort, das Herz klopfte ihm

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/36>, abgerufen am 29.03.2024.