Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

das Treiben der alles jagenden Rechnung; und die
Schande, die auf jede Nachläßigkeit unerbittlich
wartete, brachte den Hang zur Ruhe in denjenigen
Schranken, in die er in der bürgerlichen Gesell-
schaft hinein muß; aber dennoch befriedigte er auch
diesen Trieb unserer Natur.

Wer Ruhe verdiente, fand sie sicher, und
konnte sie ungestört und ohne Kränkung genießen.

Die Regelmäßigkeit seiner Verwaltung ent-
fernte die Unruh der häuslichen Verwirrung, und
die schweren Leiden des Unrechts, der Lohn des
Verdiensts, war jedem Arbeiter gewiß; und bey
der immer steigenden Anstelligkeit des Dorfs, war
die Mühe der guten Besorgung der Last nicht mehr
zu vergleichen, unter welcher die Menschen in der
alten Zeit und in der Verwirrung ihrer gedanken-
losen Notharbeit erliegen, und an Leib und Seel
verwildert und verlahmet. Er lenkte den Hang zur
Ruh zum Ziel, sicherte ihn am festesten am Ende
der Laufbahn; und machte seine Bonnaler selber
dahin streben, in ihren alten Tagen des friedlichen
Genusses ihrer ungestörten Erquickung, nach dem
wohl vollbrachten Werk ihres Lebens gewiß zu seyn.

So schuf er auch diesen Hang der Natur,
der im wilden und unverwilderten Leben, die Quelle
der Trägheit und die Erschlappung der menschlichen

X

das Treiben der alles jagenden Rechnung; und die
Schande, die auf jede Nachlaͤßigkeit unerbittlich
wartete, brachte den Hang zur Ruhe in denjenigen
Schranken, in die er in der buͤrgerlichen Geſell-
ſchaft hinein muß; aber dennoch befriedigte er auch
dieſen Trieb unſerer Natur.

Wer Ruhe verdiente, fand ſie ſicher, und
konnte ſie ungeſtoͤrt und ohne Kraͤnkung genießen.

Die Regelmaͤßigkeit ſeiner Verwaltung ent-
fernte die Unruh der haͤuslichen Verwirrung, und
die ſchweren Leiden des Unrechts, der Lohn des
Verdienſts, war jedem Arbeiter gewiß; und bey
der immer ſteigenden Anſtelligkeit des Dorfs, war
die Muͤhe der guten Beſorgung der Laſt nicht mehr
zu vergleichen, unter welcher die Menſchen in der
alten Zeit und in der Verwirrung ihrer gedanken-
loſen Notharbeit erliegen, und an Leib und Seel
verwildert und verlahmet. Er lenkte den Hang zur
Ruh zum Ziel, ſicherte ihn am feſteſten am Ende
der Laufbahn; und machte ſeine Bonnaler ſelber
dahin ſtreben, in ihren alten Tagen des friedlichen
Genuſſes ihrer ungeſtoͤrten Erquickung, nach dem
wohl vollbrachten Werk ihres Lebens gewiß zu ſeyn.

So ſchuf er auch dieſen Hang der Natur,
der im wilden und unverwilderten Leben, die Quelle
der Traͤgheit und die Erſchlappung der menſchlichen

X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0339" n="321"/>
das Treiben der alles jagenden Rechnung; und die<lb/>
Schande, die auf jede Nachla&#x0364;ßigkeit unerbittlich<lb/>
wartete, brachte den Hang zur Ruhe in denjenigen<lb/>
Schranken, in die er in der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft hinein muß; aber dennoch befriedigte er auch<lb/>
die&#x017F;en Trieb un&#x017F;erer Natur.</p><lb/>
        <p>Wer Ruhe verdiente, fand &#x017F;ie &#x017F;icher, und<lb/>
konnte &#x017F;ie unge&#x017F;to&#x0364;rt und ohne Kra&#x0364;nkung genießen.</p><lb/>
        <p>Die Regelma&#x0364;ßigkeit &#x017F;einer Verwaltung ent-<lb/>
fernte die Unruh der ha&#x0364;uslichen Verwirrung, und<lb/>
die &#x017F;chweren Leiden des Unrechts, der Lohn des<lb/>
Verdien&#x017F;ts, war jedem Arbeiter gewiß; und bey<lb/>
der immer &#x017F;teigenden An&#x017F;telligkeit des Dorfs, war<lb/>
die Mu&#x0364;he der guten Be&#x017F;orgung der La&#x017F;t nicht mehr<lb/>
zu vergleichen, unter welcher die Men&#x017F;chen in der<lb/>
alten Zeit und in der Verwirrung ihrer gedanken-<lb/>
lo&#x017F;en Notharbeit erliegen, und an Leib und Seel<lb/>
verwildert und verlahmet. Er lenkte den Hang zur<lb/>
Ruh zum Ziel, &#x017F;icherte ihn am fe&#x017F;te&#x017F;ten am Ende<lb/>
der Laufbahn; und machte &#x017F;eine Bonnaler &#x017F;elber<lb/>
dahin &#x017F;treben, in ihren alten Tagen des friedlichen<lb/>
Genu&#x017F;&#x017F;es ihrer unge&#x017F;to&#x0364;rten Erquickung, nach dem<lb/>
wohl vollbrachten Werk ihres Lebens gewiß zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>So &#x017F;chuf er auch die&#x017F;en Hang der Natur,<lb/>
der im wilden und unverwilderten Leben, die Quelle<lb/>
der Tra&#x0364;gheit und die Er&#x017F;chlappung der men&#x017F;chlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0339] das Treiben der alles jagenden Rechnung; und die Schande, die auf jede Nachlaͤßigkeit unerbittlich wartete, brachte den Hang zur Ruhe in denjenigen Schranken, in die er in der buͤrgerlichen Geſell- ſchaft hinein muß; aber dennoch befriedigte er auch dieſen Trieb unſerer Natur. Wer Ruhe verdiente, fand ſie ſicher, und konnte ſie ungeſtoͤrt und ohne Kraͤnkung genießen. Die Regelmaͤßigkeit ſeiner Verwaltung ent- fernte die Unruh der haͤuslichen Verwirrung, und die ſchweren Leiden des Unrechts, der Lohn des Verdienſts, war jedem Arbeiter gewiß; und bey der immer ſteigenden Anſtelligkeit des Dorfs, war die Muͤhe der guten Beſorgung der Laſt nicht mehr zu vergleichen, unter welcher die Menſchen in der alten Zeit und in der Verwirrung ihrer gedanken- loſen Notharbeit erliegen, und an Leib und Seel verwildert und verlahmet. Er lenkte den Hang zur Ruh zum Ziel, ſicherte ihn am feſteſten am Ende der Laufbahn; und machte ſeine Bonnaler ſelber dahin ſtreben, in ihren alten Tagen des friedlichen Genuſſes ihrer ungeſtoͤrten Erquickung, nach dem wohl vollbrachten Werk ihres Lebens gewiß zu ſeyn. So ſchuf er auch dieſen Hang der Natur, der im wilden und unverwilderten Leben, die Quelle der Traͤgheit und die Erſchlappung der menſchlichen X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/339
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/339>, abgerufen am 27.04.2024.