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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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ins Gesicht sehend: Nein! er habe nirgend studiert
und habe keine Bibliothek!

Sie blieb ihm, wie natürlich, mit den Augen
nichts schuldig und fuhr fort -- Ob er schon eine
Erziehung unter den Händen gehabt?

Darüber antwortete er Ja und das eine von
zwölf Kindern. --

Sie. Was er aus ihnen gemacht?

Er. Nach einigen Staunen -- brauchbare
Kinder, über die bis izt Gottlob noch Niemand
einige Klage hat. --

Sie. Wo diese Kinder seyen?

Er. Daheim bey ihrem Vater. --

Sie. So -- Wer ist denn ihr Vater?

Er. Der Amtmann von Cleberg.

Sie. Sie wolle wohl glauben, daß er im
Stande sey, für einen Bauernamtmann eine ganze
Heerde Kinder zu erziehen -- aber ihr Vetter sey
ein Narr, und wisse nicht, was eine Erziehung
für seinen Stand brauche -- und er hätte auch
diesen Dienst nicht suchen sollen. --

Er. Er habe den Dienst (das Wort Dienst
langsam aussprechend) -- nie gesucht.

Sie. Man werde ihm für diesen Dienst (das
Wort Dienst hart und eben so langsam ihn ver-
spottend aussprechend) nachgelaufen seyn? --

A 4

ins Geſicht ſehend: Nein! er habe nirgend ſtudiert
und habe keine Bibliothek!

Sie blieb ihm, wie natuͤrlich, mit den Augen
nichts ſchuldig und fuhr fort — Ob er ſchon eine
Erziehung unter den Haͤnden gehabt?

Daruͤber antwortete er Ja und das eine von
zwoͤlf Kindern. —

Sie. Was er aus ihnen gemacht?

Er. Nach einigen Staunen — brauchbare
Kinder, uͤber die bis izt Gottlob noch Niemand
einige Klage hat. —

Sie. Wo dieſe Kinder ſeyen?

Er. Daheim bey ihrem Vater. —

Sie. So — Wer iſt denn ihr Vater?

Er. Der Amtmann von Cleberg.

Sie. Sie wolle wohl glauben, daß er im
Stande ſey, fuͤr einen Bauernamtmann eine ganze
Heerde Kinder zu erziehen — aber ihr Vetter ſey
ein Narr, und wiſſe nicht, was eine Erziehung
fuͤr ſeinen Stand brauche — und er haͤtte auch
dieſen Dienſt nicht ſuchen ſollen. —

Er. Er habe den Dienſt (das Wort Dienſt
langſam ausſprechend) — nie geſucht.

Sie. Man werde ihm fuͤr dieſen Dienſt (das
Wort Dienſt hart und eben ſo langſam ihn ver-
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[7/0025] ins Geſicht ſehend: Nein! er habe nirgend ſtudiert und habe keine Bibliothek! Sie blieb ihm, wie natuͤrlich, mit den Augen nichts ſchuldig und fuhr fort — Ob er ſchon eine Erziehung unter den Haͤnden gehabt? Daruͤber antwortete er Ja und das eine von zwoͤlf Kindern. — Sie. Was er aus ihnen gemacht? Er. Nach einigen Staunen — brauchbare Kinder, uͤber die bis izt Gottlob noch Niemand einige Klage hat. — Sie. Wo dieſe Kinder ſeyen? Er. Daheim bey ihrem Vater. — Sie. So — Wer iſt denn ihr Vater? Er. Der Amtmann von Cleberg. Sie. Sie wolle wohl glauben, daß er im Stande ſey, fuͤr einen Bauernamtmann eine ganze Heerde Kinder zu erziehen — aber ihr Vetter ſey ein Narr, und wiſſe nicht, was eine Erziehung fuͤr ſeinen Stand brauche — und er haͤtte auch dieſen Dienſt nicht ſuchen ſollen. — Er. Er habe den Dienſt (das Wort Dienſt langſam ausſprechend) — nie geſucht. Sie. Man werde ihm fuͤr dieſen Dienſt (das Wort Dienſt hart und eben ſo langſam ihn ver- ſpottend ausſprechend) nachgelaufen ſeyn? — A 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/25>, abgerufen am 19.04.2024.