Dieses Geschlecht wird nicht anders und nicht besser, als wo es durch eine mit seiner Natur über- einstimmende Bildung und Führung, mit Weis- heit, zu seiner bürgerlichen Bestimmung empor gehoben, und zu dem gemacht wird, was es in der Welt wirklich seyn soll.
So redete der Lieutenant über den Fundamen- talirrthum der neuern Gesezgebungen. Es machte den Herren beyderseits bange: denn obwohl diese Vorstellungsart dem Pfarrer eine wichtige Frage in seinem Katechismus erklärte, und auch dem Jun- ker Stück für Stück nichts dagegen in den Sinn kam, so sahen sie doch, daß dieselbe nicht weniger weit lange, als die ganze im philosophischen Jahr- hundert wirklich in Ausübung stehende Gesezgebung auf den Kopf zu stellen -- und wenn sie Holländer gewesen wären, so hätten sie die Sache ad refe- rendum genommen, oder als ein unlauteres Ge- schäft ihre Aufheiterung Gott und der Zeit über- lassen; aber sie waren deutsche Männer, und gien- gen ohne Furcht und Seitensprünge ihren geraden Weg fort, mit dem Bleymaß in der Hand, den Grund und Boden des Gewässers zu sondieren, wel- ches zu befahren sie nun einmal sich verpflichtet hielten.
Dieſes Geſchlecht wird nicht anders und nicht beſſer, als wo es durch eine mit ſeiner Natur uͤber- einſtimmende Bildung und Fuͤhrung, mit Weis- heit, zu ſeiner buͤrgerlichen Beſtimmung empor gehoben, und zu dem gemacht wird, was es in der Welt wirklich ſeyn ſoll.
So redete der Lieutenant uͤber den Fundamen- talirrthum der neuern Geſezgebungen. Es machte den Herren beyderſeits bange: denn obwohl dieſe Vorſtellungsart dem Pfarrer eine wichtige Frage in ſeinem Katechiſmus erklaͤrte, und auch dem Jun- ker Stuͤck fuͤr Stuͤck nichts dagegen in den Sinn kam, ſo ſahen ſie doch, daß dieſelbe nicht weniger weit lange, als die ganze im philoſophiſchen Jahr- hundert wirklich in Ausuͤbung ſtehende Geſezgebung auf den Kopf zu ſtellen — und wenn ſie Hollaͤnder geweſen waͤren, ſo haͤtten ſie die Sache ad refe- rendum genommen, oder als ein unlauteres Ge- ſchaͤft ihre Aufheiterung Gott und der Zeit uͤber- laſſen; aber ſie waren deutſche Maͤnner, und gien- gen ohne Furcht und Seitenſpruͤnge ihren geraden Weg fort, mit dem Bleymaß in der Hand, den Grund und Boden des Gewaͤſſers zu ſondieren, wel- ches zu befahren ſie nun einmal ſich verpflichtet hielten.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0192"n="174"/><p>Dieſes Geſchlecht wird nicht anders und nicht<lb/>
beſſer, als wo es durch eine mit ſeiner Natur uͤber-<lb/>
einſtimmende Bildung und Fuͤhrung, mit Weis-<lb/>
heit, zu ſeiner buͤrgerlichen Beſtimmung empor<lb/>
gehoben, und zu dem gemacht wird, was es in<lb/>
der Welt wirklich ſeyn ſoll.</p><lb/><p>So redete der Lieutenant uͤber den Fundamen-<lb/>
talirrthum der neuern Geſezgebungen. Es machte<lb/>
den Herren beyderſeits bange: denn obwohl dieſe<lb/>
Vorſtellungsart dem Pfarrer eine wichtige Frage<lb/>
in ſeinem Katechiſmus erklaͤrte, und auch dem Jun-<lb/>
ker Stuͤck fuͤr Stuͤck nichts dagegen in den Sinn<lb/>
kam, ſo ſahen ſie doch, daß dieſelbe nicht weniger<lb/>
weit lange, als die ganze im philoſophiſchen Jahr-<lb/>
hundert wirklich in Ausuͤbung ſtehende Geſezgebung<lb/>
auf den Kopf zu ſtellen — und wenn ſie Hollaͤnder<lb/>
geweſen waͤren, ſo haͤtten ſie die Sache ad refe-<lb/>
rendum genommen, oder als ein unlauteres Ge-<lb/>ſchaͤft ihre Aufheiterung Gott und der Zeit uͤber-<lb/>
laſſen; aber ſie waren deutſche Maͤnner, und gien-<lb/>
gen ohne Furcht und Seitenſpruͤnge ihren geraden<lb/>
Weg fort, mit dem Bleymaß in der Hand, den<lb/>
Grund und Boden des Gewaͤſſers zu ſondieren, wel-<lb/>
ches zu befahren ſie nun einmal ſich verpflichtet<lb/>
hielten.</p></div><lb/></body></text></TEI>
[174/0192]
Dieſes Geſchlecht wird nicht anders und nicht
beſſer, als wo es durch eine mit ſeiner Natur uͤber-
einſtimmende Bildung und Fuͤhrung, mit Weis-
heit, zu ſeiner buͤrgerlichen Beſtimmung empor
gehoben, und zu dem gemacht wird, was es in
der Welt wirklich ſeyn ſoll.
So redete der Lieutenant uͤber den Fundamen-
talirrthum der neuern Geſezgebungen. Es machte
den Herren beyderſeits bange: denn obwohl dieſe
Vorſtellungsart dem Pfarrer eine wichtige Frage
in ſeinem Katechiſmus erklaͤrte, und auch dem Jun-
ker Stuͤck fuͤr Stuͤck nichts dagegen in den Sinn
kam, ſo ſahen ſie doch, daß dieſelbe nicht weniger
weit lange, als die ganze im philoſophiſchen Jahr-
hundert wirklich in Ausuͤbung ſtehende Geſezgebung
auf den Kopf zu ſtellen — und wenn ſie Hollaͤnder
geweſen waͤren, ſo haͤtten ſie die Sache ad refe-
rendum genommen, oder als ein unlauteres Ge-
ſchaͤft ihre Aufheiterung Gott und der Zeit uͤber-
laſſen; aber ſie waren deutſche Maͤnner, und gien-
gen ohne Furcht und Seitenſpruͤnge ihren geraden
Weg fort, mit dem Bleymaß in der Hand, den
Grund und Boden des Gewaͤſſers zu ſondieren, wel-
ches zu befahren ſie nun einmal ſich verpflichtet
hielten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/192>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.