wegenheit ihres Leichtsinns, von den Verwicklungen ihrer Unordnung, von der Noth ihrer Liederlichkeit, von den Verlegenheiten ihrer Unanstelligkeit, von dem Unsinn ihrer Gierigkeit, von der Gewaltsam- keit ihrer Ansprüchen, und von der Grausamkeit ihrer Rache, geheilet, und zu einem bedächtlichen, vorsichtigen, thätigen, vesten, im Zutrauen so wohl als im Mistrauen sicher gebenden, und die Mittel zur Befriedigung seiner ersten Wünsche in sich selber, und im Gebrauch seiner durch bürgerliche Bildung erworbenen Fertigkeiten und Kräften füh- lenden Menschen zu machen.
Denn wo dieses nicht ist, und die Gesellschaft mit ihren Gliedern handelt wie ein Bauer, der aus seinem Weinberg nimmt, was Gott und die Reb giebt, ohne ihn im Frühjahr zu hacken, und den Sommer über zu schneiden und zu binden -- wo sie vielmehr umgekehrt in dem Grad, als ein Bür- ger in der Stufenfolge höher stehet als der andere, ihm es leichter macht, ihren Banden zu entschlüp- fen, und der Natur nach zu leben, da muß die bürgerliche Gesellschaft -- sie kann nicht anderst -- eine Gerechtigkeit und eine Sicherheit erhalten, wie sie der Gesezgeber in diesem Land verdient, die aber auch aussieht, wie eines jeden liederlichen Haushalters seine Hausordnung -- und wie zum Exempel, da -- wo soll ich sagen -- ich will in der Tiefe bleiben, wo sich die hi[her] zie-
wegenheit ihres Leichtſinns, von den Verwicklungen ihrer Unordnung, von der Noth ihrer Liederlichkeit, von den Verlegenheiten ihrer Unanſtelligkeit, von dem Unſinn ihrer Gierigkeit, von der Gewaltſam- keit ihrer Anſpruͤchen, und von der Grauſamkeit ihrer Rache, geheilet, und zu einem bedaͤchtlichen, vorſichtigen, thaͤtigen, veſten, im Zutrauen ſo wohl als im Mistrauen ſicher gebenden, und die Mittel zur Befriedigung ſeiner erſten Wuͤnſche in ſich ſelber, und im Gebrauch ſeiner durch buͤrgerliche Bildung erworbenen Fertigkeiten und Kraͤften fuͤh- lenden Menſchen zu machen.
Denn wo dieſes nicht iſt, und die Geſellſchaft mit ihren Gliedern handelt wie ein Bauer, der aus ſeinem Weinberg nimmt, was Gott und die Reb giebt, ohne ihn im Fruͤhjahr zu hacken, und den Sommer uͤber zu ſchneiden und zu binden — wo ſie vielmehr umgekehrt in dem Grad, als ein Buͤr- ger in der Stufenfolge hoͤher ſtehet als der andere, ihm es leichter macht, ihren Banden zu entſchluͤp- fen, und der Natur nach zu leben, da muß die buͤrgerliche Geſellſchaft — ſie kann nicht anderſt — eine Gerechtigkeit und eine Sicherheit erhalten, wie ſie der Geſezgeber in dieſem Land verdient, die aber auch ausſieht, wie eines jeden liederlichen Haushalters ſeine Hausordnung — und wie zum Exempel, da — wo ſoll ich ſagen — ich will in der Tiefe bleiben, wo ſich die hi[her] zie-
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wegenheit ihres Leichtſinns, von den Verwicklungen
ihrer Unordnung, von der Noth ihrer Liederlichkeit,
von den Verlegenheiten ihrer Unanſtelligkeit, von
dem Unſinn ihrer Gierigkeit, von der Gewaltſam-
keit ihrer Anſpruͤchen, und von der Grauſamkeit
ihrer Rache, geheilet, und zu einem bedaͤchtlichen,
vorſichtigen, thaͤtigen, veſten, im Zutrauen ſo wohl
als im Mistrauen ſicher gebenden, und die Mittel
zur Befriedigung ſeiner erſten Wuͤnſche in ſich
ſelber, und im Gebrauch ſeiner durch buͤrgerliche
Bildung erworbenen Fertigkeiten und Kraͤften fuͤh-
lenden Menſchen zu machen.
Denn wo dieſes nicht iſt, und die Geſellſchaft
mit ihren Gliedern handelt wie ein Bauer, der aus
ſeinem Weinberg nimmt, was Gott und die Reb
giebt, ohne ihn im Fruͤhjahr zu hacken, und den
Sommer uͤber zu ſchneiden und zu binden — wo
ſie vielmehr umgekehrt in dem Grad, als ein Buͤr-
ger in der Stufenfolge hoͤher ſtehet als der andere,
ihm es leichter macht, ihren Banden zu entſchluͤp-
fen, und der Natur nach zu leben, da muß die
buͤrgerliche Geſellſchaft — ſie kann nicht anderſt —
eine Gerechtigkeit und eine Sicherheit erhalten,
wie ſie der Geſezgeber in dieſem Land verdient, die
aber auch ausſieht, wie eines jeden liederlichen
Haushalters ſeine Hausordnung — und wie
zum Exempel, da — wo ſoll ich ſagen — ich
will in der Tiefe bleiben, wo ſich die hiher zie-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/188>, abgerufen am 21.11.2024.
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